Kapitel 6: Ergebnisse

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"Ich habe es wirklich probiert, aber mehr habe ich nicht runtergekommen", erkläre ich Schwester Linda entschuldigend, als sie wiederkommt und mir Blut abnimmt.
"Ist in Ordnung, niemand zwingt dich hier zum Essen, schon gar nicht, wenn dir dann schlecht wird", beruhigt sie mich. "Wie geht's dir denn gerade?"
"Solange ich hier nur liege, ist eigentlich alles in Ordnung.... ich müsste allerdings mal zur Toilette..", sage ich verlegen.
"Brauchst du irgendwie Hilfe?", fragt sie mich.
"Ich glaube nicht, ich hab nur ein bisschen Angst, wieder umzukippen", gebe ich zu.
"Okay, dann helfe ich dir beim Aufstehen und begleite dich bis zur Tür", erwidert Schwester Linda.
Ich setze mich langsam auf und bleibe einen Moment auf der Bettkante sitzen. Dann stehe ich mithilfe der Krankenschwester langsam auf. "Alles gut bei dir?", fragt sie und schaut mich prüfend an.
Mir ist zwar wieder ein bisschen schlecht, aber nicht so schlimm wie gestern, daher behalte ich es für mich und nicke. "Ja danke, ich glaube, ich schaffe es allein."
"Okay, ich bin da, sag Bescheid, wenn etwas ist", sagt sie.
Echt ein blödes Gefühl zu wissen, dass jemand wartet, während ich auf die Toilette gehe, aber ich glaube, im Krankenhaus lernt man, einen Großteil seiner Scham abzulegen.

Als ich gerade fertig damit bin, meine Hände zu waschen, wird die Übelkeit auf einmal schlimmer. Mein Gott, hört das denn nie auf? Wie peinlich wäre denn das, wenn die Krankenschwester jetzt hört, wie ich mich hier drinnen übergebe. Dann denkt sie erst recht, dass ich eine Essstörung habe. Ich schalte den Wasserhahn wieder an, um die Geräusche zu übertönen, doch anscheinend erfolglos.
"Rebecca, ist alles okay?", ruft Schwester Linda und klopft an die Tür. Lügen ist zwecklos, also stelle ich das Wasser ab und öffne die Tür.
"Ich weiß, wonach es aussieht, aber ich schwöre es, ich habe keine Essstörung!", ist das Erste, was ich zu ihr sage.
Sie geht gar nicht darauf ein, sondern führt mich einfach zum Bett zurück.
"Geht's wieder, oder meinst du, es kommt noch was?", fragt sie stattdessen.
"Nein, wie denn auch, ist ja nichts mehr da", gebe ich zurück.
"Okay, ich lasse dir trotzdem mal eine Schale hier, nur für den Fall. Ich kümmere mich mal um deine Blutproben", erklärt sie mir und verschwindet mit meinem Blut.

Ich beschließe, Larissa zu schreiben, sie ist wohl gerade die Einzige, die mich versteht.

R: hi

L: Hey, wie geht's dir?

R: nicht so gut, ich werde hier noch verrückt

L: warum? Was ist los?

R: die glauben alle, ich sei essgestört

L: du und essgestört? Wie kommen die denn darauf?

R: naja, weil es eben echt danach aussieht

L: oh nein.. ich würde so gerne bei dir sein, aber natürlich musste meine Mutter mir wieder Hausarrest geben

R: ist ja mies.. Aber immerhin hast du kein Handy-Verbot, dann können wir wenigstens schreiben

Wir schreiben eine ganze Zeit lang hin und her, bis Dr. Tabea Rohde mit einem Zettel in der Hand mein Zimmer betritt.
Ich habe das Gefühl, dass ich unbedingt klarstellen muss, dass ich kein Problem mit Essen habe.
"Frau Dr. Rohde, bitte, Sie müssen mir glauben, wenn ich sage, dass ich nicht magersüchtig bin", beteuere ich verzweifelt, bevor sie überhaupt irgendetwas sagen kann.
"Rebecca, ich glaube dir. Linda hat mir erzählt, was vorhin auf der Toilette war. Niemand will dich hier in irgendeine Schublade stecken, okay?"
Ich nicke erleichtert.
"Also ich bin hier, weil ich deine Blutergebnisse habe", fährt sie fort, "und es sieht alles soweit normal aus. Also nichts deutet auf eine Mangelernährung oder auf einen Infekt hin. Im Grunde bist du also völlig gesund."
Das sind doch gute Nachrichten, weshalb ich gar nicht begreife, warum die Ärztin mich so komisch anschaut.
"Ist doch super, oder? Dann rufe ich meinen Vater, an dass er mich abholen soll, sobald er Feierabend hat", sage ich erleichtert und greife zu meinem Handy.
"Einen Moment kurz, Rebecca", unterbricht mich die Ärztin, sodass ich innehalte und sie verwundert anschaue. "Ein Wert in deinem Blut war allerdings auffällig, und zwar haben wir in deinem Blut eine erhöhte Konzentration des hCG Hormons feststellen können."
"....Okay und was bedeutet das jetzt?", frage ich.

"Das bedeutet, du bist schwanger, Rebecca."

Klinik am Südring - RebeccaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt