Charly
Neues Schuljahr, neue komische Schüler, neue falsche Europhie der Eltern, weil sie ihre Kinder endlich wieder aus dem Haus bekamen – von mir aus hätten die Ferien noch ewig weitergehen können, die Tage mit Chris, Tristan, Georg und den anderen zu verbringen und einfach nur das zu tun, was wir am liebsten taten. „Charlotte, die Schule wartet nicht auf dich.“ Emotionslos sah meine Mutter mich vom Beifahrersitz an, augenverdrehend nahm ich meine Tasche, murmelte ein leises „Bye“ vor mich hin und verließ so schnell wie möglich das Auto. Die Massen schoben mich unsanft voran, und leise seufzte ich, in diesen Momenten vermisste ich mein Bett echt wirklich, denn es war so warm und so schön bequem. Mürrisch bahnte ich mir meinen Weg durch die Massen, schubste auch mal einen Schüler zur Seite, wenn dieser nicht schnell genug nach draußen ging. Schnell lief ich zu meinem Spint an der Cafeteria, warf meine neuen Schulbücher unsanft hinein und knallte die Tür schwungvoll hinter mir zu. Dann begab ich mich zur bereits überfüllten Aula und sicherte mir einen Platz in der letzten Reihe, denn dort konnte man am besten Schlafen, ohne gleich zum Nachsitzen geschickt zu werden, oder zumindest vor sich hinzudösen, vorne liefen immer Lehrer an einem vorbei und kontrollierten auch, dass man ja heimlich keine Musik hörte oder unter den Schulbüchern am Handy war – so creepy war dieser überteuerte Schule, man traute uns nicht einmal so weit, dass wir während der Arbeiten nur mit Lehrer auf Toilette gehen, damit man nicht spickte.
„Herzlich Willkommen zurück, liebe Schülerinnen und Schüler.“ Schon allein bei der Ansprache fielen mir meine Augen zu und ich musste mich wirklich bemühen, um nicht sofort zu schnarchen. „Es freut mich, dass ihr alle so unbeschadet aus den Ferien wiedergekommen seid, und ich hoffe, dass ihr eure Zeit sinnvoll genutzt habt, zum Beispiel die Hausarbeiten zu erledigen oder verpassten Stoff nachzulernen, denn jetzt geht es wieder los.“ Wieso kann ich nicht die Schule schmeißen, wie Chris und die anderen? Dann ist das Leben doch eindeutig viel einfacher. „Im Kollegium gibt es einige Veränderungen, aber was euch genau betrifft, wird eure Klassenleitung euch noch mitteilen. Die Stufe 12 bleibt bitte noch hier, es gibt einige Änderungen was die Klassenverteilung sowie die Klassenlehrer betrifft, die anderen möchten sich auf ihren schnellsten Weg in ihre Klassen begeben, und zwar auf den schnellsten Weg, sonst werde ich die betreffenden Schüler persönlich zum Nachsitzen schicken.“ Was für eine Drohung, werd ich doch so oder so müssen. Langsam leerte sich die Aula und ich musste gähnen, denn ich wusste nicht, was besser war, noch hier bleiben oder auf dem schnellsten Weg zur Klasse gehen zu müssen. Da alle anderen aus meiner Stufe nach vorne gingen, stand ich schnell auf und gesellte mich zu den Bad Boys. „Okay, jeder der jetzt aufgerufen wird, geht auf die Bühne, wenn die Klasse vollständig ist, wird die Klassenleitung mit euch in euren neuen Klassenraum gehen.“ Leise seufzte ich, ich war in der vorletzten Klasse, weshalb das hier noch einige Zeit dauern würde.
Endlich wurde ich aufgerufen, und unter Gejohle der Bad Boy – Gruppe ging ich auf die Bühne und stellte mich zu den nervigen Mädels aus meiner Klasse. „Ach, ich dachte du wärst sitzen geblieben.“ Antonia war so zickig, seitdem ihre Eltern für meine arbeiteten, aber mir war das so ziemlich egal, sollte sie doch denken, machen und sagen, was sie wollte, ich ignorierte sie sowieso. Nach mir wurde Taylor van Chlé aufgerufen, und er war einer der beliebtesten Jungen der Stufe, ich machte mir jedoch auch daraus nichts, ich wollte hier ja auch eigentlich gar nicht hin. „Ey Charly, sitzen wir nebeneinander?“ Och nö, nicht schon wieder, will er das nicht jedes Jahr und ich block jedes Jahr komplett ab?! „Vergiss es, und für dich heiße ich immer noch Charlotte, wann merkst du dir das endlich?!“ Es nervte mich, wie er jedes Jahr dachte, er hätte dieses Jahr eine Chance. „Euer Klassenlehrer wartet bereits in eurem neuen Klassenraum, OS011, im neuen Oberstufengebäude, bitte beeilt euch, wer nicht in zehn Minuten da ist, darf morgen Nachsitzen.“ Als erste lief ich von der Bühne, ignorierte die weiteren Annährungsversuche von Taylor und ging noch kurz an meinem Spind vorbei, warf die Spraydosen hinein und nahm den Stapel Bücher in die Hand – am ersten Schultag wollte ich vielleicht dann doch nicht sofort einen schlechten Eindruck hinterlassen, es reichte, wenn ich morgen mit keinen gemachten Hausaufgaben ankommen würde. Dann schloss ich mich meiner laut vor sich hin lachenden Klasse augenverdrehend hinterher und versuchte, zumindest zu lächeln.
Erneut sicherte ich mir einen Platz in der letzten Reihe, dieses Mal am Fenster, da man mit der Fensterbank eine gute Möglichkeit zum Spicken hatte, ich wusste ganz genau, wovon ich sprach. Doch es war kein Lehrer da, mein Handy holte ich allerdings nicht heraus, denn es war mir zu wichtig, um es gleich am ersten Schultag abgeben zu müssen. „Guten Morgen, Klasse.“ Ein Mann betrat die Klasse und warf seine Tasche schwungvoll auf das Pult. Wieso können wir nicht wieder so ne Schnarchnase als Lehrer haben? Das war doch so schön einfach und er hat mich aus irgendwelchen Gründen gemocht. Niemand dachte daran, aufzustehen, weshalb er uns deutete, dies zu tun, alle bis auf mich taten es auch, aber ich sah nicht ein, wieso sollte ich mich für einen Lehrer, der mein großer Bruder sein könnte, aufstehen?! „Du da in der letzten Reihe, das gilt auch für dich.“ Extra langsam stand ich auf und verschränkte die Arme vor der Brust, beim „Guten Morgen“ – Sprechchor machte ich dann absichtlich nicht mit. „Ihr könnt euch wieder setzen.“ Und wofür bin ich dann bitte aufgestanden?! Das macht doch keinen Sinn! Geräuschvoll ließ ich mich auf meinen Platz fallen und sah gelangweilt aus dem Fenster, ich wollte einfach nur hier weg. „Bevor ihr euch vorstellt, möchte ich ein paar Worte über mich verlieren. Ich bin Greg Horan und werde euch in Englisch, Sozialwissenschaften und einen Teil in Sport unterrichten, ich bin glücklich verheiratet und habe einen kleinen Sohn, Fragen?“
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No Control [Book 1/1D FF]
Teen Fiction„Freundschaften sind für immer“, heißt es. „Freunde sind auch wenn sie Streit haben füreinander da.“ Aber manche Freundschaften sind einfach zum Scheitern verurteilt, wenn sich die Wege trennen, und beide lenken sich ab, bis sie den andern zumindest...