Kapitel 1 - "Sprache verlernt?"

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Überall diese Liebesbücher, Cheyenne konnte es nicht mehr ertragen. Seit einer gefühlten Ewigkeit war sie jetzt schon hier und suchte ein interessantes Buch, in dem nicht nur die große Liebe eine Rolle spielte. Zwar wusste sie nicht genau was sie suchte, aber es musste etwas sein was sie fesselte, was sie lernte zu lieben und nicht mehr aus der Hand legen wollte. Nur Bücher brachten sie zum Aufblühen, nur das wussten die Wenigsten. Woher auch? Niemand kannte sie besser, als sie selbst. Davon absehen hatte sie keine Freunde – wirklich niemand – aber das war nicht schlimm. Sie war schon immer eine Einzelgängerin gewesen, wieso sollte sie daran etwas ändern? Sie wollte nicht sagen, dass die Leute sich vor ihr fürchten, aber ihr kam es doch öfters so vor. Jeder ging der Schwarzhaarigen aus dem Weg, so als wäre sie die schlimmste Person auf der Welt. „Vielleicht bin ich das ja auch“, dachte sie sich mit einen kleinen furchteinflößend Grinsen auf den Lippen, was ihre Mitmenschen in den Moment dazu brachte, wieder ihren Blick von ihr zu nehmen.  Es interessierte sie herzlich wenig, warum man sie angeschaut hatte, aber sie konnte sich es vorstellen, denn sie schob zum hundertsten Mal ein Buch mit Gewalt in die entstandene Lücke. Wieder ging es nur um ein siebzehnjähriges Mädchen das sich unwiderruflich verliebt hatte, aber nicht mit den Jungen ihrer Träume zusammen sein durfte, warum auch immer. Cheyenne seufzte einen Moment, es war einfach hoffnungslos und sie würde nichts finden.

Also fuhr sie sich kurz aufgewühlt durch die Haare, richtete ihre Umhängetasche und schaute zum letzten Mal auf die Bücherreihen vor ihr. Dann ging sie an all den Menschen vorbei, die ihr Platz machten, es waren sicherlich Leute aus der Schule. Denn Fremde Menschen würden ihr nicht so schnell aus den Weg gehen, aber diejenigen die sie kannten schon und es machte ihr wiedermal nichts aus. Im Gegenteil auf ihren Lippen lag ein wunderbares Grinsen und sie ging die Treppe hinunter die in das Erdgeschoss führte. Ohne sich zu verabschieden, verließ sie das Buchgeschäft und ging aus der Tür, in die ungewisse Dunkelheit.

Cheyenne hatte gar nicht bemerkt wie die Zeit vergangen war, denn als sie das Geschäft betreten hatte, hatte die Sonne noch die Straßen erhellt, jetzt war es der Mond der den Abend etwas Helligkeit spendete. Nur wenn ihr etwas nichts ausmachte, dann die Dunkelheit. Sie liebte sie, gerade dann wenn Vollmond war und die Sterne am Himmel standen, doch heute war es eher düster und etwas bewölkt. Nach einem kurzen Blick zum Himmel, machte Chey sich auf nach Hause zu gehen.

Sie musste wohl oder übel noch ihre Hausaufgaben machen, bei den sie hoffte das diese nicht lange dauern würden, aber so viel sie wusste, hatte sie nur Mathe auf und das fiel ihr ziemlich leicht, so wie fast alles in der Schule. Sie war noch lange kein Streber, aber sie musste nur aufpassen und den Sinn davon verstehen, um es mit ihren eigenen Worten wiedergeben zu können und das auch ohne lernen. Das war wirklich praktisch, so hatte sie mehr Zeit in ihrer Freizeit und hatte ebenfalls immer gute Noten.

Jetzt jedoch weckte ein Pärchen das knutschend an der Wand stand ihre Aufmerksamkeit. Konnten die ihre Spiele nicht woanders fortführen? „Ihr scheint es ja nötig zu haben“, rief sie den Beiden zu und es war ihr egal ob sie sie kannte oder nicht, trotzdem nahm sie sich kein Blatt vor dem Mund. So war sie halt und wer damit nicht klar kam, musste es auch nicht, denn es war ihr egal. Ihr Blick war noch nicht mal auf sie gerichtet, als sie ihren Senf dazu gab, vielleicht hatte es eine abwertende Art an sich, aber es war ja auch nicht wirklich niveauvoll sich knutschend auf der Straße sich zu befummeln. Also wieso nicht?

Auf einmal spürte sie ihr Handy in ihrer Jackentasche vibrieren und es konnte eigentlich nur einer ihrer Brüder sein, denn sonst kannte sie nicht viele die ihr schrieben. Und natürlich hatte sie Recht, es war ihr kleiner Bruder Jason. Sie waren ein Jahr auseinander, aber verstanden sich ganz gut. Er nervte zwar immer mal, wollte ihre Hilfe und ärgerte sie, trotzdem war er immer froh sie zu haben, auch wenn das bedeutete das man ihn mal dumm ansah, wenn es hieß sie wäre seine Schwester. Denn im Gegensatz zu ihr war er ganz anders…

Wer tippte ihr denn auf die Schulter? Sie war sichtlich überrascht und etwas erschrocken, ließ sich aber nichts anmerken. Sie sah in der Dunkelheit ein Schatten hinter sich und als sie sich umdrehte, erkannte nicht sofort wer es war. Es konnte nur jemand sein, der sie nicht kannte, denn sonst wollte nie jemand mit ihr sprechen.

Skeptisch blickte sie in das Gesicht ihres Gegenübers und stellte fest, dass es Sebastian war, der mit ihr in einer Klasse ging. Sie seufzte, was wollte dieser Wichtigtuer? Nach ihrer Feststellung verschränkte sie ihre Arme und blickte den Held der Schule an. Sein Blick war ebenfalls auf Cheyenne gerichtet und wirkte etwas amüsiert, jedoch setzte er nicht sofort zum Sprechen an. Um nicht weiter ihre Zeit zu verschwenden, fragte sie genervt: „Was willst du Sebastian?“

Sie starrte in die grünen Augen ihres Gegenübers, die in der Dunkelheit ziemlich dunkel wirkten und wartete ab, was er von ihr wollte. Als er immer noch nicht mit dem Sprechen anfing, verdrehte sie ihre Augen und drehte sich um. Hatte er das Sprechen verlernt? Doch in ihrer Bewegung hielt sie inne, als sie eine starke Hand an ihrem Handgelenk spürte. Sie blickte Sebastian verständnislos an und entriss ihm ihren Arm. „Ich wiederhole es noch einmal Buckley. Was willst du?“ Sie funkelte ihn böse an. Doch er hatte ein Grinsen auf den Lippen, welches sie überhaupt nicht berührte.

Aber Gott sei Dank hatte er endlich wieder seine Sprache gefunden!

„Hey Cheyenne“, sagte er in seinen üblichen netten Ton, den er für jedes Mädchen übrig hatte und sie erwiderte seine Begrüßung mit einen überfreundlichen Lächeln. Er fuhr fort: „Das war grad nicht sehr nett.“ Er machte eine Pause, hatte aber immer noch sein Grinsen auf den Lippen. Ach er war es gewesen, der erst einmal ein Weib, welches wahrscheinlich seine Freundin war, abgeknutscht hatte. Wollte er ihr jetzt etwa ins Gewissen reden, ihr eine Standpauke halten und von ihr eine Entschuldigung hören? Ja das konnte er aber vergessen, denn sie würde sich nie für etwas entschuldigen, was sie nicht übel nahm.

Jedoch bevor sie etwas erwidern konnte, fuhr er schon wieder fort, wobei er sich nebenbei die Hände in die Hosentasche steckte. „Aber das wollte ich eigentlich nicht mit dir klären… Es geht um mein Kumpel Liam… Naja der wollte das ich dich etwas fragte…“, es schien ihn wirklich unangenehm zu sein, doch sie hatte null Mitleid und schwor sich bald abzuhauen, wenn er noch länger brauchte. Er setzte wieder an: „… Er schickt mich vor um zu fragen, ob du vielleicht zu der nächsten Party am Samstag kommen würdest?“ Cheyennes Gesicht blieb vollkommen emotionslos und sie wandte sich ab, wobei sie schon weiterlief und nur noch meinte: „Du kannst ihm sagen das er kein Arsch in der Hose hat und das ich mich lieber erhänge, als mit ihm auf eine Party zu gehen.“

Für sie war das geklärt, aber Sebastian hatte wohl noch nicht das gehört, was er hören wollte. Nur leider hatte sie das Gefühl das er auch nicht das bekommen würde, was er wollte. Denn bevor sie weitergehen konnte, stand er vor ihr und hatte sich vor ihr aufgebaut. Er war mindestens ein Kopf größer wie sie und er blickte sie wieder durchdringend mit seinen grünen Augen an. Sein Lächeln war bittend und sie hielt den Blick stand, seine Nähe war ihr auch vollkommen egal.

„Bitte Cheyenne, er würde sich freuen und wenn ich ihm das sage, wird er wohl nicht mehr zu seiner eigenen Party kommen wollen“, doch anstatt ernst zu klingen, war er amüsiert. Ihr ging nur durch den Kopf, dass dieser Liam der wahrscheinlich in ihrer Parallelklasse ging, ein großes Weichei war. „Ist das mein Problem?“, fragte sie schnippisch, legte ihren Kopf schief und legte eine Hand auf seinen Oberkörper. Es schien ihn nichts auszumachen, denn er hielt den Blick ohne zu zögern stand und ließ sich sogar wegdrücken.

„Sebastian?“, fragte eine zierliche Stimme hinter ihr und Chey erkannte das es Harper, seine Freundin, war. „Deine Freundin wartet“, flüsterte sie ihm nebenbei zu und zeichnete kurz ein Muster auf seiner Brust, als sie sich ohne nach seiner Reaktion zu erkunden, davon ging und in der Dunkelheit verschwand.

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