» 005

79 10 3
                                    

Kinderpuppenaugen

Manchmal frage ich mich, ob du dich noch an mich erinnerst.
Ob mein Bild vor deinen blauen Augen flimmert.

An mein altes Ich,
das kindliche Gesicht.

Vor der Zeit,
vor der einsamen Zweisamkeit.

Weißt du noch meine zwei Zöpfe, die du mir flochtest,
weil du mich mochtest?

Ich hab dich wirklich geliebt,
eine Liebe wie es keine zweite gibt.

Eine kindliche Liebe,
die kein Zorn vertriebe.

Du hast auf mich aufgepasst, auf mich geachtet,
damit kein Gewicht auf meinen Schultern lastet.

Ich wusste du hast mich genauso lieb, wie ich dich,
doch damit täuschte ich mich.

Ich wollte immer jemanden, der mich bedingungslos liebt,
mit dem ich alles Böse von der Welt vertrieb.

Mama und Papa stritten oft,
das hab ich nie gemocht.

Doch wir haben gelacht,
immer Spaß gehabt.

Weißt du noch den Damm am Fluss gegenüber?
Dort stelltest du dich das erste mal raus als Betrüger.

Doch ich habe es nicht verstanden,
wie konnten deine Hände auf meinen Schenkeln landen?

Es war keine böse Geste, es tat nicht weh,
also schmolz der Gedanke wie im Sommer der Schnee.

Das Wasser steckte an unserem Damm,
als dein erster Kuss kam.

Es war keine böse Geste, es war nur unangenehm,
aber vielleicht war es aus Versehen?

Ich versuschte es zu vergessen,
es nicht groß zu messen.

Außerdem war es eine Geste von Liebe die ich verlangte,
doch es war eine Art die ich noch nicht kannte.

Eigentlich war ich auch noch viel zu klein um sie zu kennen,
ich war ein Kind, sollte spielen, Tanzen, singen und rennen.

Da denkt man nicht an Hände und Küsse,
man denkt an einen Damm und rauschende Flüsse.

Von da an kam es öfters vor,
ich sollte es für mich behalten, ich schwor.

Wollte dich nicht enttäuschen, du solltest bleiben,
mit mir das Böse von der Welt vertreiben.

Dabei warst du die Sünde, das Böse in Person,
sag wieso wieso hast du mich nicht verschont?

Mir wurde es unangenehm dich zu sehen,
neben dir zu stehen.

Du sagtest dreckige Sachen,
die wolltest du mit mir machen.

Doch ich wollte das nicht,
schaltete wieder an das Licht.

Du warst fast nackt und ich bekam angst,
weil du alles mit mir machen kannst.

Du hast mich zerbrochen,
weinen lassen und es genossen.

Aber keine Angst. Ich habe dich nicht verraten,
niemand weiß von deinen Taten.

Man sollte meinen ich hätte es vergessen,
geredet oder in mich hineingefressen.

Doch ich wurde süchtig nach dem Schmerz, dem Hass,
den du mir verpasst.

Noch heute liegst du auf mir,
noch immer bin ich bei dir.

Wie leicht es für dich war den Kinderpuppenaugen,
das Leben zu rauben.

Ich bin schwach. Ich bin noch immer das Kind,
das nie gegen dich gewinnt.

EntliebtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt