Vor einiger Zeit lebte ein junger Mann, der das schönste Mädchen, was er sich je vorstellen konnte, von ganzem Herzen liebte. Ihr Haar spiegelte die Farben des Nachthimmels wieder, ihre Haut war so weiß wie Schnee und ihre Lippen so rot und heiß wie Feuer, als würden sie selbst entflammen. Jeden Winter wenn der erste Schnee fiel, würde sie kommen und auf ihren Geliebten unter dem alten Baum auf einem verschneiten Hügel warten. Und jeden Winter würde ihr Geliebter zu dem einsamen Baum kommen, um sie zu sehen. Zusammen schien ihnen Zeit endlos und ihre Liebe, die die Luft mit Freude und Wärme füllte, war für die Unendlichkeit gedacht. Doch jedes Mal, wenn der Frühling einbrach, verschwand sie wieder.
Die Tage wurden lang und dunkel für den jungen Mann. Ohne seine Geliebte an seiner Seite konnte er nicht leben. So quälte er sich und kam zu dem Entschluss, nicht mehr ohne sie leben zu können. Er würde sie fragen, bei ihm zu blieben und wenn sie nicht könne, dann würde er mit ihr kommen. So eilte er zum Schmied und bestellte den schönsten Ring, den er finden konnte, auch wenn ihn das sein gesamtes Erspartes kostete.
Endlich brach der Winter wieder ein und als der junge Mann am Morgen aufwachte und sah, wie Schneekristalle den Boden schmücken, so schnappte er sich den Ring und rannte aus dem Dorf, rüber zu dem schneebedeckten Hügel, auf dem der einsame, alte Baum stand. Aber noch bevor er vor dem Hügel stand, sah er seine Geliebte in den Armen eines anderen Mann, wie sie sich sinnig küssten. Der Mann gefror an Ort und Stelle. Der Ring glitt ihm aus der Hand und Zorn stieg im ihm auf. In der Nähe stand ein alter Karren, an den eine Act angelehnt war. Er nahm sich diese Axt und rannte den Hügel hinauf. Laut schreiend stürmte er auf die beiden zu und es brauchte nur einen Hieb, um dem Fremden den Kopf in Zwei zu spalten. Seine einstige Geliebte schrie laut auf und rannte den Hügel auf der anderen Seite hinunter. Nun fürchtete sie den Mann, den sie einst von ganzem Herzen liebte. Doch ihre Angst trug sie nicht schnell genug. Sie fiel in den Schnee und kullerte den Hügel hinunter. Sie konnte sich auf alle Viere heben und wollte hinfort, doch der Mann, der diese Frau einst so abgöttisch liebte, war bereits hinter ihr. Ein heller Schrei entfuhr ihrer Kehle, als er ihr die Axt in den Rücken rammte. Immer und immer wieder schlug er mit der Axt auf das arme Mädchen ein. Ihr Kopf, die Arme und der Rücken. Alles von Blut überströmt und aufgespalten.
Als der Mann sein Werk vollbracht hatte, realisierte er, was er da getan hatte. Der Hass in ihm wurde nun von unendlicher Trauer und Selbsthass überrannte. Er schrie laut auf und ging in die Knie, um den zerstückelten Körper seiner Geliebten in den Armen zu halten. Er weinte laut, laut genug um Bären aus ihrem Winterschlaf zu wecken. Sein Herz versteifte und färbte sich in ein tiefes Schwarz. Er wusste nichts mehr. Er konnte sich nicht bewegen. Und alles wurde schwarz...
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An einem See mit ein paar Enten. Da saß ein alter Mann auf einer Bank und döste vor sich hin. Erst das laute Gelächter einiger Burschen schreckte ihn auf. Du Jungen verscheuchten die Enten und machten ihnen Angst. „Das kann doch nicht wahr sein.", grummelte der alte Mann. Er nahm seine Gehhilfe und stapfte auf die Buben zu. „Jetzt hört mit dem Mist auf und lasst die Tiere in Ruhe! Oder...! Oder...! Ihr werdet was erleben...!", wütend schrie er den Jungen zu, die Angst bekamen und schnell das Weite suchten. „Eure Väter sollten euch übers Knie legen, ihr verfluchten Bengel!", mit diesen Worten drehte er sich wieder zu der Bank und nahm Platz. Er umgriff seinen Gehstock fest und starrte wieder auf den See, die Enten waren inzwischen geflohen. Langsam schloss der Alte seine Augen und döste in das tiefe Traumland ab.
Alles um ihn herum war schwarz, als plötzlich ein kleines Mädchen mit einem zarten Lächeln vor ihm erschien. Sie hatte ein weißes Kleid und war ganz barfuß. Nun erschien Schnee unter ihren Füßen und es fühlte sich so sanft und warm an. Der alte Mann lächelte leicht: „Na, Kleine? Ist dir denn nicht kalt? Du erkältest dich noch, wenn du hier barfuß herum läufst. Es ist doch Winter.". Doch im nächsten Augenblick spuckte das Mädchen Blut und ihre Augen weiteten sich entsetzt. Der Mann erschrak und das Mädchen kippte nach vorne um. In ihrem Rücken steckte eine Axt und der Mann schrie laut auf, als sich das Mädchen in eine junge Frau verwandelte, die einst von einem Mann und Tee endlich geliebt wurde.
Schreiend und schwer stemmt erwachte der alte Mann aus seinem Traum. Er drückte seinen Stock fest an sich und stolperte zu dem See. Zitternd ging er in die Knie und wusch sein Gesicht mit dem klaren, kalten Wasser. Als er sich etwas beruhigte, sah er seine und die Reflexion des Mondes. Es war bereits Nacht. Langsam tropfte Träne für Träne in den See und der Mann kramte einen gar schönen Ring aus seiner Jackentasche und betrachtete ihn. Als die nächste Träne auf dem See seine Reflexion zum Zittern brachte, erschien das Spiegelbild des Mädchens, was er einst liebte, im See. „Oh meine Geliebte...", schluchzte der Alte, „Kannst du mir meine Gräueltat je verzeihen...?". Das Mädchen lächelte nur und schien ihre Hand nach ihm auszustrecken. „Was...? Würdest nach all dem was ich getan habe, noch immer den Antrag eines alten, verbitterten Greises annehmen...?", fragte der Mann mit zitternder Stimme. Das Mädchen lächelte nur. Der Mann begann zu Lächeln und reichte sofort nach ihrer Hand, um ihr den Ring anzustecken, doch sie war zu tief im Wasser. Also ging er immer tiefer hinein, bis er sie endlich erreichte und ihr den Ring an den Ringfinger stecken konnte. Fröhlich sagte er dann: „Nun kann ich endlich ein glückliches Leben leben. Ich werde von nun an ein besserer Mensch werden. Ich werde mich um meine Mitmenschen kümmern und ihnen Gutes zurückgeben. Deine Vergebung ist der größte Segen.".
Am nächsten Tag musste die Polizei die Leiche eines alten Mannes aus einem See fischen. Er hatte einen Ehering fest umklammert in seiner Hand.
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Fantastische Kurzgeschichten
Short StoryDies ist eine Sammlung von Kurzgeschichten, welche ich im Unterricht geschrieben hatte. Wenn ihr sie lest, könnt ihr euch gern Musik aus der Klassik oder Romantik anhören. Die Geschichten könnte man durchaus als traurig oder tragisch empfinden. Ich...