43 - Mit dir an meiner Seite

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Rahels POV:

„Rahel? Mach die Tür auf! Lass uns reden."

Mein Brustkorb schmerzte, mir standen Tränen in den Augen, meine Haut kribbelte. Mein Körper spielte komplett verrückt, doch immerhin behielt ich die Kontrolle über meinen Mageninhalt. Das Trommeln gegen die Tür versuchte ich zu ignorieren, ebenso wie den Drang mich zu ritzen. Ich antwortete nicht, kramte nach meinem Handy. Mir dröhnten die Worte von Frau Müller im Kopf und ich versuchte sie krampfhaft auszublenden. Was glaubst du. Hat sie ihre Drohung wahr gemacht? Endlich fiel mir mein Handy in die Hände, wie wild tippte ich eine Nachricht an Maria. Ich wollte verschwinden, ich wollte sofort hier weg. Zu Maria, meinem sicheren Hafen. Sie konnte mich als Einzige beruhigen, mich wirklich aufhalten dumme Dinge zu tun. Denn gerade in diesem Moment wusste ich nicht, ob ich mich selbst noch aufhalten konnte.

„Rahel! Ist es wegen dem Foto bei Facebook? Du hast mich einfach gelöscht?"

Mein Magen rebellierte, mit meinen Fingernägeln kniff ich verzweifelt in meinen Unterarm. Es sollte mich beruhigen, zumindest hoffte ich das. Warum musste ausgerechnet Lexi hier sein? In mir brodelte es und ich versuchte mich krampfhaft an der Wand abzustützen.

„Verschwinde!", zischte ich. Mehr brachte ich nicht heraus, meine Stimme war nicht mehr als ein Raunen.

„Komm wir reden darüber. Ich erkläre es dir!"

Mein Handy klingelte, es vibrierte in meiner Hand und ich starrte auf den Bildschirm. Maria. Ich ging ran, sagte aber kein Wort. Maria wusste warum ich kein Wort sagte. Sie versuchte mich zu beruhigen.

„Engelchen! Ich weiß du kannst gerade nicht reden, aber ich ziehe mir gerade die Schuhe an und dann bin ich auch schon auf dem Weg. Versprich mir eins! Sei stark, lass dich nicht unterkriegen. Weder von Lexi, noch von deinen Selbstzweifeln. Bitte tu nichts, was du später bereuen könntest. Denk daran wie ich dich gleich in den Arm nehmen und dich küssen werde. Du bist stark, du schaffst das. Ich bin gleich bei dir. Soll ich am Telefon bleiben?"

Die Musik wummerte hinter mir, Frauenstimmen schallten an den Wänden der Toilette wieder und Lexi trommelte mit ihrer Hand an meiner Kabine. Ich seufzte auf und wusste ich würde mich hier nicht ewig verstecken können. „Nein. Wie lange brauchst du?"

Ich konnte Marias Enttäuschung spüren, doch sie versicherte mir in einer halben Stunde dort zu sein. Von meinen Mädels hörte ich nichts, auch nicht als ich in unsere Gruppe schrieb. Ich fühlte mich ein wenig verraten und allein gelassen, aber wer weiß was sie gerade machten. Außerdem wussten sie ja noch nichts von meiner Begegnung mit Lexi, sie wussten auch nichts von der Erpressung. Nadja, die als Einzige davon wusste, antwortete mir auch nicht. Der Empfang hier drinnen war nicht der Beste, zudem spielte die Lautstärke einen entscheidenden Faktor. Trotzdem machte es mich wütend. Suchten sie mich denn gar nicht? Vermissten sie mich nicht? Nervös spielte ich mit meinen Haaren während ich mich vorsichtig an die andere Wand lehnte. Die Toilette erschien mir wahrlich nicht als schönster Ort um zu warten, doch solange Lexi genau davor stand, würde ich sie nicht verlassen. Das Klopfen verstummte nach einer Weile, sie machte auch keine Anstalten mehr mit mir zu reden. Nach weiteren fünf Minuten, es stank mittlerweile erbärmlich auf der Toilette, entschloss ich mich draußen auf Maria zu warten. Meine Hand bebte als ich den Türgriff nach unten drückte, ich steckte meinen Kopf durch die Tür und schaute mich um. Keine Lexi. Erleichtert pfiff ich vor mich hin, huschte in den Vorraum und blickte in mein Spiegelbild. Meine Haare wirkten zerzaust, mein Lippenstift war verblasst und meine Augen zeigten deutlich die Panik die in mir herrschte. Ich legte Lippenstift nach, kämmte meine Haare und erfrischte mich ein wenig mit kaltem Wasser. Für Maria wollte ich immerhin etwas gut aussehen, sie sollte von diesem Outfit heute Abend noch etwas haben. Ich sprach mir selbst immer wieder Mut zu, bemerkte nicht wie andere Mädels anfingen sich zu schubsen, weil sie alle ans Waschbecken wollten. Mit hängenden Schultern begab ich mich nach draußen, holte meine Jacke und setzte mich vor die Tür. Ich schrieb Nadja eine Nachricht, versicherte ihr gut nach Hause zu kommen. Immerhin meldeten sie sich ja nicht bei mir, so schlimm konnte es also nicht sein wenn ich mich einfach abseilte. Bibbernd umschlang ich meinen eigenen Oberkörper, wippte mit den Beinen und pustete die kalte Luft von meinen Lippen. Meine Lippen fühlten sich schon nach wenigen Sekunden wie taub an, vor Kälte erstarrt. Immer wieder starrte ich auf mein Handy, hoffte auf eine Nachricht von Maria oder wenigstens von den Mädels. Anstatt dessen erreichte mich eine Nachricht von Marcel.

Marcel: Wo bist du denn hin?

Rahel: Ich fahre nach Hause, bin schon draußen. Habe einen Menschen getroffen, den ich nicht treffen wollte.

Bevor ich seine Antwort lesen konnte spürte ich eine Hand auf meiner Schulter. Lexi zog mich mit einem Ruck nach oben und mit auf den dunklen Parkplatz hinter der Disco. Mein Herz raste, ich wollte schreien, aber ich bekam keinen Ton heraus. Nie im Leben hätte ich damit gerechnet, dass sich meine Gefühle für Lexi so verändern könnten. So ins Negative. Eigentlich konnte ich das mit einem simplen Wort beschreiben: Angst. Seit ich mit Frau Müller über die Geschehnisse geredet habe, wurde ich das Gefühl nicht los Lexi könnte ihre Drohung doch wahr gemacht haben. In meinem Kopf spielten sich unendlich Szenarien ab, Argumentationen für und gegen Lexis Schuld. Ich konnte es nicht glauben, so etwas würde man doch niemanden antun, oder? Aber nachdem was ich mit ihr abgezogen habe? Mich beschäftigte das seit Tagen, Stunden und ihr nun hier gegenüber zu stehen? Es ließ meine Knie weich werden, der Boden unter mir schien einzubrechen, mein Kopf schwirrte. Ihre Augen wirkten fast schwarz im dunklen Licht, ihre Gesichtszüge hart und verbittert. So habe ich sie noch nie gesehen, als würde der Wahnsinn aus ihr heraus sprechen. Lexi fuhr sich mit ihrer linken Hand durch ihre Haare, mit der anderen Hand hielt sie mich noch immer fest. Ich versuchte nicht sie abzuschütteln, zu groß war die Angst Lexi zu verärgern. Wir Beide sagten kein Wort, im Stillen musterte sie mich, ihre Augen wanderten an meinem Körper auf und ab. Sie blieben länger als nötig auf meinen Brüsten liegen, was mich erschauern ließ. Erst als sie den Reißverschluss meiner Jacke weiter öffnen wollte, reagierte ich. Eilig drückte ich ihre Hand weg und zog meine Jacke bis oben hin zu, Lexis Augen erschienen glasig, als hätte sie nichts anderes erwartet.

„Tz tz tz. Bist du jetzt auch noch prüde geworden? Du hattest vorhin doch auch keine Schwierigkeiten dem Typen deine Titten zu zeigen!", jedes der Worte schienen wie ausgespuckt, voller Wut und Ärger. Ich konnte Speichel umherfliegen sehen, doch ich zuckte nicht zurück.

„Ich habe niemanden meine Brüste gezeigt, Lexi. Was willst du?", ich versuchte krampfhaft mir nicht meine Angst anmerken zu lassen. Doch alleine ihre Hand um meinen Oberarm erschwerte mir das ungemein. Der Griff verstärkte sich, besonders während ich sprach.

„Ich weiß was ich gesehen habe, Rahel. Nuttig. Vor allem wie du getanzt hast. Das kannst du für mich alleine machen, aber nicht vor so vielen Leuten." Auf Lexis Stirn pochte eine Ader und ich wägte meine nächsten Worte mit Vorsicht ab.

„Lexi...wir sind nicht mehr zusammen. Ich kann tanzen wie und vor allem mit wem ich möchte."

Lexi legte den Kopf schief, grinste mir dreckig entgegen, dann fing sie an hysterisch zu lachen. Sie beruhigte sich nur langsam, ihr Blick machte mir Angst und ich schwieg lieber als etwas zu sagen. „Ich denke du solltest lieber mitmachen, Rahel."

Mehr sagte sie nicht, doch mein Kopf schien überzuquellen. Was sagte sie da gerade? Ich sollte lieber mitmachen? Wie sollte ich das verstehen? Wo sollte ich mitmachen? Lexi schien sich wieder zu besinnen, schüttelte den Kopf und lockerte für eine Sekunde den Griff um meinen Oberarm. „Ich meinte...du solltest nicht so im Club rumlaufen. Ich meine, es war ja deutlich wie die Kerle dich angegafft haben. Du magst doch nicht so viel Aufmerksamkeit. Ich habe doch Recht, oder?"

„Was redest du nur? Ich verstehe nicht was du von mir willst! Du bist doch verrückt!" Verbissen scharrte ich mit meinen Füßen auf dem Boden, mein Arm schmerzte in Lexis Griff, doch sie schien mich nicht loslassen zu wollen. „Na na na. Du musst ja nicht gleich beleidigend werden. Ich sorge mich doch nur um dich, kannst du das nicht verstehen?"

Lexi kam ein Stück näher, ich versuchte mich von ihr wegzudrehen, doch sie riss an meinem Arm um mich in Position zu halten. Ihr Gesicht hielt nur wenige Zentimeter vor meinem, ich konnte ihren Atem spüren, den Alkohol riechen. Ihre freie Hand strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht, sie bewegte sich weiter auf mich zu. „Du bist krank Rahel. Du brauchst mich. So...viel...Blut..."

Blut. Krank. Ich spürte Druck am Hinterkopf, ihre Hand presste mich weiter nach vorne. Ihre Lippen drückten sich nass auf meine, mit ihrer Zunge fuhr sie über meine Unterlippe. Wie erstarrt stand ich da, unfähig dazu mich zu bewegen, ihr zu entrinnen. Sie biss leicht in meine Lippe und als ich mich entfernen wollte, drückte sie mich schmerzhaft wieder näher. Mein Arm prickelte schon, wie feine kleine Nadeln die sich in meine Haut bohrten. „Le-Lexi. Du-u-u." Sie schnitt mir das Wort ab, sie küsste mich voller Drang, gewaltvoll, ihr schien es egal zu sein, dass ich das nicht wollte. Ich konnte ihren Körper an meinem spüren, langsam stiegen mir Tränen in die Augen. Ich wollte einfach nur noch zu Maria, in ihre Arme. Mit diesem Gedanken sammelte ich Kraft, schubste Lexi volle Wucht weg. „Lass mich in Ruhe!!! Fass mich nie wieder an!" Lexi rappelte sich vom Boden auf, mit drei großen Schritten stand sie wieder vor mir. Ihre Hand kam so schnell geflogen, ich hatte nicht mal Zeit mich zu wehren. Ihre Hand knallte schmerzhaft auf meine Wange. Der Knall erschien mir ohrenbetäubend laut, meine Wange fühlte sich heiß an und der Schmerz fühlte sich an wie ein Messer, welches die Haut zerschnitt. Die Hand die mich eben noch schlug, landete über meinem Mund als ich etwas sagen wollte. Sie presste mir den Mund zu, dabei auch noch zum Teil meine Nase. Ich bekam kaum noch Luft und spürte wie mir schwindelig wurde. „Das sagst du nicht noch einmal! Du gehörst mir. Das habe ich dir schon ganz am Anfang versucht klar zu machen. Ich werde dir helfen deine Krankheit in Griff zu bekommen, wir werden glücklich zusammen sein. Glaub mir das, Rahel. Ich werde mich um dich kümmern, aufpassen dass dir nichts Böses widerfährt. Mit mir an deiner Seite wird es dir besser gehen, keine Drohungen mehr."

Ich blinzelte sie durch meinen tränenerfüllten Augen an. Drohungen? Langsam ergab alles einen Sinn. Lexi musste hinter alldem stecken. Hinter den Drohungen, den Nachrichten auf meinem Handy. Den Bildern. Kurz bevor ich umkippen konnte entfernte Lexi ihre Hand, ich rang panisch nach Luft. Ich presste meine Hände auf die Oberschenkel um mich wieder regenerieren zu können, anders hatte ich das Gefühl in Ohnmacht zu fallen. Langsam ging ich zwei Schritte rückwärts, zurück zur Disco. Doch Lexi bemerkte es und schnellte nach vorne. Sie boxte mir in den Bauch und ich fiel nach hinten. Vor meinen Augen tanzten gelbe Vögelchen, sie drehten sich im Kreis und um meinen Kopf herum. Meine Sicht wurde immer undeutlicher, ich konnte nicht fassen was hier gerade geschah. Lexi beugte sich über mich und drückte mir wieder einen Kuss auf den Mund. Ich biss ihr so fest ich konnte in die Unterlippe. Lexi schrie auf, der Biss machte sie nur noch wilder. Gerade als sie ihre Hand erhob schubste sie jemand weg, sie landete auf ihren Händen und schimpfte vor sich hin. Die Person schrie Lexi an, ermahnte sie, doch die genauen Worte konnte ich nicht hören. Das Blut pulsierte in meinen Ohren, ich nahm nicht mehr wahr als meinen eigenen Herzschlag. Das Rauschen beruhigte mich ein wenig, erschöpft fiel ich nach hinten. Die Kapuze meiner Jacke federte meinen Kopf ab, sonst wäre ich mit voller Wucht auf Schotter gelandet. Ich hatte keine Ahnung wie lang ich einfach so dort lag, aber plötzlich zogen mich zwei starke Arme nach oben. „Rahel? Alles okay? Sie ist weg! Aber sie hat das hier verloren." Ich blickte in Marcels Augen der unheimlich besorgt aussah. Er drückte mir das Handy von Lexi in die Hand und stützte mich als wir zurück zum Eingang gingen. Ich stecke es einfach in meine Jackentasche und suchte mein eigenes heraus. Zwei Anrufe in Abwesenheit. Maria. Ich konnte mir trotz der Situation ein Lächeln nicht verkneifen. Marcel begleitete mich zur Straße, wo Maria auf mich wartete. Er wollte wissen was passiert ist, ob er mir helfen konnte, er wollte mich sogar ins Krankenhaus bringen. Ich lehnte dankend ab und versprach ihm mich bei ihm zu melden. „Ich verspreche es dir Marcel. Es geht mir gut. Ich melde mich morgen bei dir, okay? Ich werde dir alles erklären, nur nicht heute."

Ich öffnete die Beifahrertür von Marias Wagen, welche mich anstrahlte als sie mich erblickte. Doch kurze Zeit später verließ sie das Lächeln und ihr Blick sprach Bände. Entsetzen, Wut, Verzweiflung. „Oh mein Gott dein Gesicht! Hat sie dir das angetan?" Panisch strich sie mit ihren Fingern über mein Gesicht. „Du hast Blut an der Lippe!" Es konnte nicht mein Blut sein, anscheinend habe ich Lexi stärker gebissen als angenommen. Maria entging auch meine verkrampfte Haltung nicht. „Wir fahren ins Krankenhaus!" Ich schüttelte vehement den Kopf. „Können wir bitte einfach zu dir fahren?"

Die ganze Fahrt über hielt Maria meine Hand, strich mit ihrem Daumen über meinen Handrücken. An jeder grünen Ampel musterte sie mich sorgenvoll, streichelte mein Gesicht oder küsste meine Hand. Mein Lächeln konnte ich nur noch erzwingen, mein Bauch schmerzte, ich bekam schlecht Luft und meine Wange pochte. Ich wollte Maria jedoch nicht beunruhigen, nicht während wir Auto fuhren. Bei ihr zu Hause streifte sie meine Jacke ab und entdeckte einen riesigen blauen Fleck an meinem Oberarm. Ihr Blick wanderte zu meinem Gesicht, meiner geröteten Wange. „Was ist da nur passiert? Rede doch mit mir." Ich zog sie auf ihre Couch und legte mich in ihre Arme. „Ich glaube Frau Müller hatte Recht."

Maria drückte mich fester an sich, ihre Hand lag dabei an meinem Bauch. Ich stöhnte leicht auf was sie hochschnellen ließ. Sie hob mein Oberteil hoch und sog die Luft zwischen ihren Zähnen ein. „Jetzt reicht's! Sie hat dich ja überall geschlagen!" „Maria, hast du mir zugehört? Ich glaube Frau Müller hatte Recht. Lexi muss hinter den Drohungen stecken." Entsetzt riss sie die Augen auf. „Bist du dir sicher? Was hat sie gesagt?"

Plötzlich fiel mir nichts mehr von dem ein, was Lexi zu mir gesagt hatte, doch etwas anderes kam mir in den Sinn. Ich griff nach meiner Jacke und fischte ihr Handy aus meiner Jackentasche. Ihr Entsperrcode war noch immer der Gleiche, ihr Startbildschirm erschien und wir erstarrten. Ihr Hintergrundbild war ein Bild von mir. Maria blickte erst das Handy an, dann mich. „Das hattest du doch heute Morgen in der Schule an, oder?" Nickend studierte ich das Bild. Das musste kurz nach der Therapiesitzung gewesen sein, ich erkannte den Flur und die Bilder wieder. Mit zitternden Händen öffnete ich ihre Bildergalerie. Mehrere Ordner trugen meinen Namen. Rahel in der Schule. Rahel Facebook. Rahel WhatsApp. Rahel Party. Rahel Turnhalle.

Ich traute mich nicht einen dieser Ordner zu öffnen, erst als Maria meine Schläfe küsste bemerkte ich, wie ich die Luft angehalten hatte. Ich öffnete den Ordner Rahel in der Schule, er beinhaltete fast 200 Bilder. Die Bilder zeigten mich in den verschiedensten Outfits, alle in der Schule geschossen. Ich konnte mich nicht an die ganzen Tage erinnern, aber Lexi schien sie alle datiert und kommentiert zu haben. Ein Bild, welches mir recht aktuell erschien, hatte mehrere Kommentare. Therapiesitzung. Was weiß Frau Müller? Rosa Lippenstift. Ihre Freunde binden sie wieder mehr mit ein. Frau Aller mischt sich wieder ein. Maria nahm mir das Handy ab und scrollte durch die Bilder. Jedes der 200 Bilder hatte solche Kommentare, mir lief es kalt den Rücken herunter. Maria durchstöberte die Ordner, wir redeten kein Wort, wir waren zu geschockt von dem was wir auf dem Handy fanden. Lexi schien alles abgespeichert zu haben was ich jemals gepostet habe, ebenso unsere Verläufe bei WhatsApp. Sie muss mich sogar heimlich bei ihr zu Hause fotografiert haben, ich lag schlafend da, aber mein Oberteil war hochgezogen. Sie fotografierte mich beim Sport, manchmal waren auch Fotos dabei die mich mit Maria zeigten. Keines was uns entlarven würde, aber Lexi deutete ihre Zweifel und Ängste an. Sie hegte die Angst Maria könnte ihr den Rang ablaufen. Dabei wollte sie meine Anlaufstelle sein. Maria schloss mich noch enger in ihre Arme als sie diese Zeilen las, uns liefen Tränen an den Wagen herab. Weiter unten entdeckten wir einen letzten Ordner - Rahel Klo. Ich wusste nicht ob ich sehen wollte was sich hinter diesem Ordner verbergen würde, auch Maria schien zu zögern. Doch sie öffnete ihn und bevor ich sehen konnte was sich darin befand, fiel das Handy in ihren Schoß. Langsam blickte ich zum Handy und erkannte den Grund dafür. Bilder von mir. In den verschiedensten Situationen. Manchmal schien ich wirklich nur auf der Toilette zu sein, doch die anderen Bilder...sie kamen mir bekannt vor. Sie zeigten mich beim kotzen, beim ritzen, beim weinen. Dabei war auch das Bild von der Droh-SMS. Lexi steckte wirklich hinter alldem und ich habe auch noch geglaubt, sie wäre zu so etwas nicht fähig. Wie konnte ich nur so naiv sein?

Frau Allers POV:

Ich wollte Rahel die Angst und die Scham nehmen, doch was sollte ich schon tun? Lexis Handy war voll mit Bildern von ihr, in den unmöglichsten Lebenslagen. Eines schlimmer als das andere. Sie musste sich entblößt vorkommen, dreckig, ich konnte es ihr ansehen. Die Haut an ihrer Wange färbte sich mit der Zeit leicht gelb und lila, sie vermischten sich mit der starken Rötung. Mit einem Waschlappen entfernte ich das Blut aus ihrem Gesicht, kühlte vorsichtig ihre Wange. Ihre Augen blickten trüb in der Gegend umher, ihre Haare hingen wirr zu allen Seiten und ihre Hände spielten mit dem Saum ihres T-Shirts. Ich wollte gar nicht an ihren blauen Fleck am Bauch denken, der Schlag muss ziemlich fest gewesen sein. Rahel erzählte mir nur zögerlich was vorgefallen war und immer wenn ich mich aufregen wollte, zog sie mich zurück in ihre Arme. Ich bemerkte wie ihre Stimme immer zittriger wurde und zog sie zwischen meine Beine. Ihr Kopf lag auf meiner Brust, ich spürte ihre regelmäßige Atmung an meinem Bauch. Ich kraulte ihren Kopf, küsste sie immer wieder auf ihre Haare und hielt sie eng an mich gedrückt. Die Erzählungen von dem Abend schienen mir irgendwann unerträglich, sie schmerzten mir so sehr, dass ich mich kaum noch auf Rahel konzentrieren konnte.

„Rahel...du musst Lexi anzeigen...wir haben jetzt Beweise für die Erpressung...und du kannst Lexi anzeigen wegen Körperverletzung. Das ist ja wohl kaum zu übersehen was sie dir angetan hat."

Rahel blieb stumm, drehte ihren Kopf zur Seite und blickte an die Wand, an der Fotos von uns hingen. Ich drängte sie zu keiner Antwort, beobachtete sie nur still und wartete ab. Ich fragte mich was ihr durch den Kopf ging, warum sie zögerte. Wenn ich die Entscheidung hätte treffen dürfen, wäre ich schon längst mit ihr bei der Polizei gewesen. Ich hätte keinen Moment gezögert, diese Frau war verrückt, eindeutig verrückt. Nicht nur dass sie ihre Ex-Freundin erpresste, nein sie schlug sie auch noch. Allein der Gedanke machte mich wieder unheimlich wütend, die Emotionen kochten hoch. Stumm fielen ein paar Tränen an meinem Gesicht hinab, ich hoffte Rahel würde es nicht bemerken. Für sie sollte und wollte ich stark sein, sie brauchte mich jetzt mehr denn je. Während sie immer noch in der Gegend umherblickte, wanderten meine Gedanken zu den Bildern auf Lexis Handy. Eigentlich fiel mir nur ein Wort dafür ein: Krankhaft. Als Rahel noch mit ihr zusammen gewesen sein muss, hat sie heimlich Bilder von ihr beim schlafen gemacht. Als ob das noch nicht schlimm genug wäre, hat sie sie dabei auch noch ausgezogen. Es schüttelte mich, die Gänsehaut breitete sich über meinen ganzen Körper aus. Ich drückte Rahel einen Kuss auf die Schläfe und spielte mit ihren Haaren. Langsam aber sicher schien sie sich wieder bei mir auf dem Sofa zu befinden.

„Ich kann nicht." Mehr sagte sie nicht. Die Worte hallten durch meinen Kopf, ergaben im ersten Moment keinen Sinn. Was konnte sie nicht? „Sie hat die Fotos doch bestimmt noch woanders gespeichert...und was ist wenn...ich meine...was wenn die Möglichkeit besteht... Ach Maria! Das geht nicht! Was wenn sie Fotos von uns Beiden hat, die mehr als nur eine normale Lehrer-Schüler-Beziehung zeigen?!"

Rahels Sorgenfalten gruben sich tief in ihre Haut, ich konnte sie verstehen, ich hatte selbst Angst. „Rahel. Überleg doch mal! Meinst du nicht diese Fotos hätte sie erst Recht auf dem Handy? Oder die Notizen bei den Fotos würden doch bestimmt etwas darüber verraten? Mit keinem Wort stand da etwas von einem Verdacht, sie schien eifersüchtig zu sein ja, aber ich glaube nicht, dass sie etwas von unserer Beziehung wusste."

Rahel musterte mich und griff nach Lexis Handy. Sie verbrachte die nächste halbe Stunde damit Lexis Handy zu durchsuchen. Kein Hinweis. Nicht einer. Lexis Eifersucht kam dabei mehr als deutlich hervor, doch sie schien nicht mal eine Vermutung zu haben. Die einzige Vermutung die sie hegte waren mögliche Gefühle auf Rahels Seite für mich. Deswegen wollte sie mich aus dem Weg haben, ich funkte ihr zu sehr dazwischen. Rahel fixierte sich ihrer Meinung nach zu sehr auf mich und hatte somit keine Augen mehr für sie. Mittlerweile zeigte die Uhr im Wohnzimmer es 3 Uhr in der Nacht und vor Müdigkeit fielen uns immer wieder die Augen zu. Ich scheuchte sie ins Bett und stellte den Wecker auf 8 Uhr. Direkt morgen früh würde ich sie zur Polizei begleiten, Lexi sollte dafür büßen was sie ihr angetan hat.

So wie es kam (girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt