Hey. Ich dachte mir, dass ich euch heute mal meine Geschichte erzählen kann. Beziehungsweise den Anfang davon. Es geht darum, wie ich gemerkt habe, dass ich nicht cis und hetero bin. Hier geht es ein bisschen um beides, denn die Geschichten beeinflussen sich gegenseitig. Deshalb kann ich das nicht ganz getrennt in zwei Kapiteln erzählen. Tut mir leid dass das Kapitel so lang geworden ist. Ich habe auch überlegt es aufzuteilen, aber es gehört einfach zusammen. Der Text ist gut geworden, also lasse ich ihn so.
Also, die Geschichte fängt an, als ich etwa 11 oder 12 war. Ich war keins von den Kindern, die später sagen können, sie hätten es schon immer gewusst. Ich war kein sehr mädchenhaftes Mädchen, sondern eher wild. Ich spielte nicht viel mit Puppen oder so. Aber das ist es dann auch. Ich war eben ein wildes Mädchen. Ich spielte eben gern mit den Jungs und kletterte auf Bäume. Das macht mich nicht zu einem Jungen.
Vielleicht hätte man es ein bisschen ahnen können, weil ich es noch nie mochte, als erstes als Mädchen gesehen zu werden. Wenn man mich darauf reduzierte, dass ich ein Mädchen war, mir zum Beispiel sagte, das ich hübsch sei, konnte ich recht patzig werden. Aber ich sah noch sehr mädchenhaft aus in dieser Zeit, hatte zum Beispiel sehr lange Haare, und ich mochte das eigentlich. Ich störte mich jedenfalls nicht daran.
Man konnte es also in meiner Kindheit noch nicht wissen. Ich war wild, interessierte mich nicht so für ''Mädchenkram'' wie Nagellack, und das machte mich auch manchmal zur Außenseiterin. Aber ich war eben einfach ein wildes Mädchen. Ich war damit sicher nicht die einzige auf der Welt. Es war nicht so außergewöhnlich.
Als ich dann so 11, 12 Jahre alt war, änderte sich das. Und zwar mit meinem Eintritt in die Pubertät. Da begann bei mir die Dysphorie einzusetzen. Und von da an begann eine sehr schwierige Zeit. Ich kam mit mir selbst nicht klar. Man kann sich das ein bisschen so vorstellen wie der Engel und der Teufel, die auf den Schultern sitzen und auf einen einflüstern. Bloß dass es bei mir kein Engel oder Teufel war, sondern die eine Seite, die möglichst schnell erwachsen werden wollte, und die andere, die mit der weiblichen Pubertät nicht klarkam.
Die meisten Kinder wollen schnell erwachsen werden, glaube ich. Und da kam Teufel 1 ins Spiel, der mir sagte: Schau mal, du kannst Brüste bekommen, ist das nicht toll?
Dann schrie Teufel 2: Nein, ich will keine Brüste! Ich werde mich scheiße fühlen! Bloß nicht!
Teufel 1 versuchte ihn zu überzeugen: Das denkst du nur jetzt. Wenn du erst Brüste hast, wirst du endlich einsehen, dass du eine Frau wirst, und du wirst keine Probleme mehr damit haben.
Dann bekam ich Brüste, und hinterher hatte ich Dysphorie deswegen. Und dann meinte Teufel 1:
Ja, jetzt ist es wohl noch nicht so weit. Aber du musst nur auf die nächste Veränderung warten, bei der du dann endlich einsiehst, dass du eine Frau bist und dich darüber freust.So lief es jedes Mal ab. Vor jeder Veränderung hatte ich auf der einen Seite Angst, wollte sie nicht, wollte nicht noch weiblicher werden. Und gleichzeitig hoffte ich, oder redete mir ein, dass ich, wenn ich nur endlich wie eine Frau aussähe, auch so fühlen würde wie eine Frau. Das es mir also nach der nächsten Veränderung besser ginge. Es ging mir dann natürlich nicht besser, eher wurde meine Dysphorie jedes Mal schlimmer. Dann redete ich mir wieder ein, ich müsste nur auf die nächste Veränderung warten.
Besonders schlimm waren 2 Veränderungen: Meine Brüste, und meine Tage. Dass ich Brüste bekam, ignorierte ich solange es ging. Ich habe auch Glück, sie sind nicht sehr groß. Aber irgendwann, als ich etwa 12 war, waren sie nicht mehr zu ignorieren. Da sagte mir meine Mutter dann irgendwann, dass man sie durch mein T-Shirt sähe, und dass ich einen BH tragen solle. Ich trug dann keine richtigen BHs, das tue ich bis heute nicht. Ich trug Bustiers, und dann auch Sport-BHs. Damit fühle ich mich besser. Aber es war ein schlimmer Moment für mich, zu realisieren, dass ich meine Brüste nicht mehr verbergen konnte. Dass ich jetzt also eindeutig weiblich war.
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Und es ist ein ... Kind
LosoweIch bin Jo. Ich bin keine Frau oder ein Mädchen, obwohl ich mein ganzes Leben dafür gehalten wurde. Ich bin noch dabei herauszufinden, was ich eigentlich bin. Und ich habe gemerkt, das ich jetzt, an dem Punkt wo ich bin, jemanden zum Reden brauche. ...