Am Freitag bin ich auf einem Konzert gewesen.
Es war anders, als ich es mir vorgestellt hatte, denn ich stand nicht oben, sodass ich alles sah. Ich stand auch nicht relativ hinten rechts oder links, auch nicht in der Mitte, sondern weiter vorne auf der linken Seite. Schon bei der zweiten Vorband wurde ich geschubst und zur Seite gedrückt, aber ich konnte kein Moshpit aus dem Augenwinkel erkennen. Die Menschen drängten und quetschten, es wurde warm. Die Musik konnte ich gar nicht mehr wahrnehmen, da sich eine überwältigende Angst sich in mir ausbreitete.
Wo kann ich hier gleich raus?
Was, wenn mich die Security hier nicht sieht und ich zerdrückt werde?
Auf einmal werden Menschen gegen mich gedrückt, mein Armband presst sich in meinen rechten Unterarm und ich beginne zu schreien. Aber keiner hörte mich, nicht mal ich selbst nahm meine Stimme wahr. Mist, ich hatte meine Ohrstöpsel vergessen.
Die Band war gut, sie war einer meiner Lieblingsbands. Ich mochte es sehr gerne, wenn sie spielten und ihre Lieder präsentierten. Nur tanzten die Leute dazu. Das konnte ich nicht. Ich stand daneben, habe zwar mitgesungen, aber ich fühlte die Wörter der Lieder anders, als sie es taten. Etwa auch anders, als die Interpreten es meinten?
Auf einmal merkte ich mir die Hitze zu Kopf steigen. Tränen schossen in meine Augen und ich versuchte sie zurückzuhalten. Gehörte ich hier auch nicht hin? War ich auch anders, war ich auch hier fehl am Platz? Plötzlich fühlte ich mich nirgends mehr willkommen. Mein Bauch fing an sich zusammenzuziehen, meine Kehle schnürte sich zu und mein Blick verschwamm unter den aufsteigenden Tränen. Nicht einmal hier war ich gewollt gewesen, denn keiner nahm Rücksicht. Wer tat dies schon?
Langsam bemerkte ich, dass ich auf dem linken Ohr nur noch gedämpft hörte und mir immer schwindliger wurde. Ich sah zu einem Sanitäter, der gerade zu mir eilte, aber zuerst weitere Mädchen vor mir aus den Reihen zog. Sie schienen wichtiger zu sein, dachte ich mir und wendete mich ab. Vielleicht hatte ich mir viele Dinge auch nicht verdient, überlegte ich weiter. So, wie mich meine Erzeuger erzogen haben, so hätte ich viele Dinge nicht verdient. Dabei habe ich den besten Freund auf der ganzen Welt, tolle Freunde und bald sogar eine eigene Wohnung. Und trotzdem fühlte ich mich fehl am Platz. Irgendwie passte ich nirgends mehr rein. Nicht einmal auf dem Konzert meiner Lieblingsband fühlte ich mich wohl, dabei war dies so wie eine Therapie für mich.
Und was jetzt? Wo gehörte ich hin?