Niklas und die Liste

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Konzentriert schaute Niklas sich die Liste an. Währenddessen schaute ich auf mein Handy, denn wenn er erwartete, dass ich Feuer und Flamme war, dass er mein Liste eindringlich musterte, dann konnte er lange warten. Die Wahrheit war einfach nur: es war beschämend, obwohl ich wusste, dass er die Liste ja schon einmal gelesen hatte.

,,Ich weiß nicht, ob du es noch nicht bemerkt hast, aber es sind Fantasien. Über die Hälfte ist in meinem Zustand unmöglich.'', murmelte ich leicht gereizt, weil er immer noch nichts sagte.

Ich legte mein Handy weg und riss ihm die Liste aus den Händen.

,,Hey!'', rief er aufgebracht.

,,Niklas, ich will das nicht ok? Es ist vorbei!'', hob ich meine Stimme verbittert. Doch wem galt die Wut? Niklas, weil er mir helfen wollte? Oder mir selber, weil ich so ein Feigling war?

,,Du solltest nicht so schnell aufgeben.'', beharrte er und legte seine Hand auf meine.

,,Glaub an dich!'', forderte er  mich auf und schaute mir zur Verdeutlichung in die Augen. Ich hatte das Gefühl er würde in meine Seele schauen, weshalb ich hastig wegblickte.

,,Du hast Angst.'', sprach er das aus, was ich mir die ganze Zeit nicht einreden wollte.

,,Über die Hälfte der Dinge sind gar nicht machbar!'', ignorierte ich ihn und hatte damit absolut recht.

Ich war nicht der Typ der plötzlich sein Leben aufs Spiel setzte, weil man vielleicht sterben würde. Ich war ein Streber, und zwar durch und durch. Ein Feigling.

Den heimlichen Ausflug zur Schule mal ausgenommen. Das war das erste und das letzte mal gewesen, dass ich mein Leben so leichtsinnig aufs Spiel setzte.

,,Das werden wir ja sehen. Ich muss los, hab Training.'' Irritiert nickte ich.

,,Ich finde alleine raus.'' Niklas nickte noch, eher er sich aus dem Staub machte. Vielleicht hätte mir damals schon an seiner plötzlichen Flucht auffallen sollen, dass Niklas etwas mitgenommen hatte, was eigentlich mir gehörte.

Erst später traf mich die Erkenntnis. Niklas hatte sich tatsächlich dazu erdreistet mir mein Privateigentum zu entwenden. Stinksauer warf ich mich auf mein Bett und tippte wütend auf mein Handy herum.

Ernsthaft Niklas????

Doch in den nächsten 2 Stunden erhielt mein Handy keine Antwort.

Ich spürte wie eine Müdigkeit sich in mir breit machte und gab mich ihr hin.

Erschöpft schlief ich ein.

Als ich aufwachte war ich mir ziemlich sicher, dass es bereits Mittwoch war. Die Sonne schien durch mein Fenster auf mein Gesicht und ließ mich die Augen zusammenkneifen. Obwohl ich über zehn Stunden geschlafen hatte fühlte ich mich ausgelaugt.

Nachdem ich mich gewogen hatte und Blutdruck gemessen hatte, beide Werte waren relativ in Ordnung, ging ich in die Küche. Mittwochs arbeitete meine Mutter nicht, da dies der Tag war, wo ich meistens zum Arzt ging.

Ich sah sie unten am Esstisch sitzen und einen Apfel essen.

,,Morgen.'', murmelte ich und suchte mir in der Küche Milch und Müsli raus.

,,Guten morgen, wie war die Nacht?'' Konnten wir einmal eine Unterhaltung führen, die sich nicht rund um meine Krankheit drehte?

,,Gut, hab 11 Stunden geschlafen.'' Ich nahm war, wie meine Mutter mich musterte, zwang mich jedoch dazu mich nicht umzudrehen.

,,Dein Vater hat nochmal Karten bekommen für THW. Morgen Abend, aber ich weiß nicht, ob das so gut ist.'' Überrascht drehte ich mich nun doch um.

,,THW? Morgen?'', meine Stimme hob sich aufgeregt. Es musste ziemlich komisch aussehen, denn letztes Mal war ich längst nicht so Feuer und Flamme gewesen und das fiel auch meiner Mutter auf, jedoch dachte sie in eine völlig falsche, gar absurde, Richtung.

,,Ja, ah jetzt weiß ich auch wieso du so reagierst! Wegen Niklas!'', zum ersten Mal seit langem sah ich meine Mutter wieder ehrlich lachen. Mein Herz erwärmte sich.

,,Ja ist doch klar, hä?'' Das änderte nichts daran, dass ich ihre Reaktion am Anfang des Gesprächs noch nicht einschätzen konnte.

,,Hat er dir den Kopf verdreht?'', fragte meine Mutter und schaute mich wie ein aufgeregter Teenager an. Deshalb ihre Reaktion! Ich schnappte nach Luft und spürte wie sich meine Wangen rosa färbten. Dabei stimme ihre kindliche Vermutung noch nicht einmal! Ich empfand überhaupt nichts für Niklas. Da gab es deutlich attraktivere Jungs und auch meiner Altersgruppe entsprechend.

Und das versuchte ich meiner Mutter auch deutlich zu machen:

,,Ich war nur so überrascht, weil die THW Spieler mich alle kennen! Als der Unfall im Sportunterricht war, standen sie direkt daneben und hatten Training! Deshalb kennt Niklas mich.'' Lieber sagte ich die Wahrheit, als wenn meine Mutter dachte, dass ich auf einen dreißigjährigen stand.

Meine Mutter grinste immer noch verstohlen, jedoch schien sie mich nur noch aufziehen zu wollen. Obwohl die Situation unangenehm war, stellte ich am Abend im Bett fest, wie schön sie gleichermaßen auch gewesen war.

Morgen würde ich also die THW Spieler sehen. Gott sei dank würden sie mich nicht sehen, denn man war im punblikum einer von zehntausend. Das hieß, ich ging in der Menge unter, worüber ich sehr froh war. Ansonsten würden sie noch auf den Gedanke kommen, dass ich ein Stalker sei.

An diesem Abend konnte ich einfach nicht einschlafen. Ich ging auf Instagram und sah einen neuen Beitrag von Steffen. Er postete, dass er seinen Vertrag mit THW verlängert habe.

Irgendwann schlief ich dann doch ein.

Mein Vater schien mir wieder extrem motiviert, als wir im Auto saßen auf dem Weg zur Ostseehalle. Ich hatte Mühe, mir die Aufregung nicht anmerken zu lassen. Denn auch wenn die Spieler mich nicht sehen würden, ich würde sie sehen.

Wir überquerten den Parkplatz und die Essensmeile in der Arena. Ich war wieder einmal froh, dass wie sehr weit unten saßen, denn das ersparte mir einige Strapazen. Ich weiß nicht einmal, ob ich überhaupt noch Treppen gehen dürfte und die Kraft dafür aufbringen konnte.

Schnell versuchte ich auf andere Gedanken zu kommen. Ich wollte wenigsten einmal nicht an mein Herz denken, während ich was schönes erlebte.

Nachdem wir Platz genommen hatten, hörte ich meinen Vater mit halbem Ohr zu, der erzählte, dass dies ein sehr wichtiges Spiel um die Meisterschaft sei. Der Gegner sei im oberen Mittelfeld. Mit meinem anderen Ohr lauschte ich jedoch den THW Spielern, die ich, aufgrund meines Platzes, sehr gut verstehen konnte.

Meine Augen ruhten auf Niklas und Steffen, die sich beide konzentriert aufwärmten. Sie alle wirkten irgendwie anders, als ich sie in Erinnerung hatte. Ernster, kühler, cooler.

,,Danach gehen wir nochmal zu Niklas, oder was meinst du Mette?'', wurde ich aus meinen Gedanken gerissen.

Hektisch blickte ich zu meiner Mutter.

,,Ähn nein!? Ganz sicher nicht!'', sagte ich nachdrücklich. Mein Vater wirkte enttäuscht, doch ich konnte es auch nicht jeden recht machen. Ganz sicher wollte ich verhindern, dass mein Vater, meine Mutter und ich mit Niklas oder Steffen redeten. Das hatte mir gerade noch gefehlt.

Mein Vater würde die ganze Zeit schwärmen, wie toll er doch wäre, meine Mutter würde sagen wie froh sie war, dass Niklas sich um mich kümmerte und ich? Ich würde im Erdboden versinken. Und genau deshalb sagte ich nochmal ausdrücklich, dass ich danach zum Auto gehen würde.

Glaubt ihr, dass Mettes Eltern auf sie hören? :D Ist eher ein nerviges Kapitel für euch als Leser, aber auch das gehört dazu. Es wird wieder spannender, versprochen!
Am 1. Oktober beginnt die Bundesliga endlich wieder! Wird dann aber auch echt Zeit, wobei ich hoffe, dass alle Vereine die nächste Saison auch überstehen.. :(

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