Oktober 2020
Olivia
"Melde dich mal wieder öfters.", predigte mir meine Mutter zum dritten mal in diesem Monat. Seitdem ich die Wohnung 1 Monat nach dem Vorfall bezogen habe, bin ich nicht dazu gekommen einen Tag zu finden um zu meinen Eltern nach Atlanta zu fahren. Und genau das kann ich mir jetzt tausendmal anhören. Für sie bin ich zu weit weg.
Mam und Dad sind glücklich, dass es mir besser geht. Dass ich langsam darüber hinweg komme. Zumindest erzähle ich es ihnen andauernd, damit sie zufrieden sind und nicht unnötig rum stressen.
Vor einer Woche war meine letzte Therapiestunde mit Dr. Anderson und auch ihm habe ich die Lügen aufgetischt. Es geht mir gut, war die Wahrheit. Aber alles ist wieder gut, war eine Lüge. Ich habe immer noch die selben Panikattacken. Kann mich immer noch nicht an diese Nacht erinnern.
Die Bilder und die Kamera waren versteckt, damit ich sie nicht sehen musste. Ich könnte sie genauso einfach wegschmeißen. Aber die Hoffnung, dass alles wieder gut wird ist da. Sie verblasst immer mehr, aber ist immer noch da.Genervt halte ich mein Handy immer noch an meinem Ohr und meine Aufmerksam schweifte von meiner Mutter zu den Kaffee, den ich mir gerade machte. Ihre Stimme im Hintergrund war stressig und unangenehm. Ich war müde von der Arbeit und sollte eigentlich schon seit zehn Minuten auf den Weg zu Nathan sein.
"Wir machen uns doch nur sorgen.", brachten mich ihre Worte wieder in das Hier und Jetzt.
"Ich weiß, Mam.", antwortete ich und schlürfte meinen schwarzen Kaffee. Wenn ich genervt oder müde war, half nur die ganz starke Variante.
"Du klingst so gestresst. Ist alles in Ordnung?", fragte sie und klang besorgt.
"Ja Mam, ich müsste nur langsam los. Ich bin mit Nathan verabredet.", erklärte ich ihr und massierte meine linke Schläfe.
"Nathan? Ist das der liebe Mann von dem du mir erzählt hast?", versuchte sie die Konversation weiterzuführen.
"Ja Mama. Er will mir von seinem neuesten Date mit einem Typen erzählen.", antwortete ich.
"Na dann viel Spaß! Melde dich!", und kurz danach legte sie auf. Erleichtert ließ ich mich auf meine Couch fallen.
Mir war bewusst, was unter mir war. Versteckt, niemand sieht es, niemand weiß es. So ist es am besten. Meine Vergangenheit lag unter mir. Aber irgendwie noch nicht hinter mir.Plötzlich klingelte mein Handy erneut. Mit diesem Läuten kamen meine Kopfschmerzen zum Vorschein. Der Name 'Nathan' erschien auf meinem Display.
"Wo bist du? Ich such gerade jede einzelne Ecke nach dir ab! Bist du zuhause?", eröffnete er unser Gespräch. Sofort musste ich grinsen. Wenn sich Nathan Sorgen machte, dann war das lustig und nicht nervig.
"Tut mir leid. Ich fühl mich nicht gut. Wir sehen uns morgen früh in der Arbeit.", erzählte ich ihm.
Von ihm kam nur ein 'Mh mh mh'. Als würde er seinen Kopf schütteln und zeigen, dass er damit nicht einverstanden war. "Ich bin sowieso gleich bei dir. Mach mir einen Kaffee.", murmelte er und legte auf.
Auf Gesellschaft hatte ich eigentlich keine Lust, aber bei Nathan konnte man sowieso nicht nein sagen. Grummelnd schlenderte ich wieder in die Küche um noch einen Kaffee zu machen. Was tut man nicht alles für seinen besten Freund.
Gelangweilt schaute ich durch die Küche und mein halb-Esszimmer-halb-Wohnzimmer. Hoffentlich finde ich bald einen Mitbewohner. Die Anzeige habe ich vor 2 Monaten rausgeschickt. Mittlerweile war es mir egal ob Männlein oder Weiblein. Bis jetzt hatte ich nur eine Bewerbung von einem 50 jährigen Mann, der dazu schrieb, dass er auf "Spielchen" steht. Ich wollte einfach nicht mehr alleine sein. Auch wenn es bedeuten würde alles mit jemanden anderen teilen zu müssen.Innerhalb der nächsten zehn Minuten, war Nathan angekommen und meine Couch von ihm belegt. Ich sitze sowieso lieber auf dem riesigen weichen Teppich, der unter Couch plus Tischchen seinen Platz hat. Zusammen schlürfen wir an unseren Kaffee und schweigen. Alleine seine Anwesenheit stresste mich ein wenig. Ich wollte nur noch schlafen und mich ausruhen, aber mein bester Freund musste unbedingt vorbeischauen. Versteht mich nicht falsch, ich wüsste nicht was ich ohne ihn anfangen sollte. Aber er kann einem schon auf die Nerven gehen.
"Da hat eine Bar in meiner Nähe heute aufgemacht. Wollen wir da kommenden Samstag hin?", begann er unsere Unterhaltung und schlürfte erneut an seinem Kaffee.
In meinen Kopf ging das Chaos los. Ich bin schon lange nicht mehr die Partymaus wie früher. Nur weiß Nathan das nicht. Und Lust auf große Menschenmassen hatte ich auch nicht. Sofort schüttelte ich den Kopf.
"Vergiss es, Nathan. Du weißt ich bin nicht der Typ für sowas."
"Und genau das muss sich ändern, Mäuschen. Du brauchst männliche Nähe.", erklärte er und fuhr sich durch seine blonden kurzen Haaren. Grinsend schaute ich ihn an und lag den Kopf schief."Männliche Nähe, die auf Pussys stehen.", meinte er und schüttelte sich.
Gleich als wir uns im Cafe kennen lernten, waren einer seinen ersten Worte, dass er, ich zitiere, auf Schwänze steht. Auf Anhieb war er mir sympathisch. Außerdem machte ich mir dann weniger Sorgen, dass er mich entführen und vergewaltigen wollte. Oder schlimmer. Bilder machen. Dieses mal schüttelte es mich selbst. Nathan weiß von meinen Hass zu Bildern und Kameras. Der Grund weiß er nur noch nicht. Und das soll auch so bleiben. Meine Mauern sind steinhart aufgebaut worden. Diese fallen zu lassen, wäre meine Hinrichtung.
Leider musste ich Nathan recht geben. Ich brauchte Unterhaltung, Menschenmassen, Ablenkung. Genervt lies ich die Augen rollen.
"Nagut. Aber ich ziehe nichts Außergewöhnliches an.", stellte ich fest und von meinem besten Freund kam ein lautes 'yess girl'.Obwohl ich schlafen wollte, saß ich noch weitere drei Stunden eingekuschelt vor dem Fernseher und schaute alte Disney Filme. Von Pinocchio bis zu Ariel und Cinderella. Mein Laptop war noch neben mir aufgeklappt, da ich vorher noch etwas wegen Disney nachgeschaut habe.
Währenddessen Aschenputtel gerade mit ihren Tauben redete, leuchtete eine Nachricht auf meinem Laptop auf. Eine neue E-Mail war zu sehen. Sofort machte ich diese auf und begann zu grinsen, als ich den Betreff sah. 'Bewerbung Mitbewohner'. Schnell öffnete ich diese und las mir jedes Wort genau durch.
Sein Name war Liam (Nachname), 24 Jahre alt und auf der Suche nach einer Wohnung. Außerdem schrieb er dazu, dass er immer in der Nacht arbeitet und sonst oft mit Freunden unterwegs ist. Heißt, ich hätte immer Zeit für mich. Dabei stand noch seine Nummer.
Direkt klickte ich auf antworten und tippte drauf los, er könnte gleich diesen Samstag kommen. Ich schrieb ihm noch einmal die Adresse dazu, obwohl er diese ja schon gesehen haben muss. Trotzdem wollte ich sicher gehen. Wahrscheinlich blamierte ich mich dabei, aber meine Freude war einfach zu groß, deshalb ignorierte ich das.Zufrieden beendete ich den Film, machte alles aus und schnappte mein Handy um es vor dem Schlafen gehen noch anzustecken. Schnell schrieb ich Nathan noch eine Nachricht um ihn einzuweihen. Mit einem Lächeln im Gesicht schlief ich ein.
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Forgotten Pictures
Romance!!!VORWORT LESEN!! Olivias Leben war von einem Tag auf den nächsten komplett auf den Kopf gestellt. Ihre Leidenschaft zu Kameras lässt sie hinter sich. In Orlando 700km weiter weg von ihrem Elternhaus zieht sie in eine Wohnung und ergattert einen Jo...