Stellas Outfits-Kirche

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Die Fahrt zur Kirche kam Stella wie eine Ewigkeit vor. Obwohl es nur zwanzig Minuten waren fühlte es sich an wie 3 Stunden. Es war heiß, ihr Rock und ihre Bluse spannten im Sitzen noch mehr als im Stehen und ihre Gedanken ließen ihr keine Ruhe: " Was würde Marie sagen, wenn sie sie so sieht, was Sarah, Benjamin und Nico aus ihrer Klasse, die ebenfalls Konfirmation hatten und was die anderen Erwachsenen, die sie kannte?" Für alle war Stella bisher nur die graue Maus gewesen ,die keinem auffiel und der es auch am liebsten war nicht bemerkt zu werden.  Und jetzt musste sie so in der Kirche auftauchen. Die Hitze die sie in ihrem Körper spürte, war sicher nicht nur den heißen Temperaturen geschuldet. Als Stella auf die Uhr schaute, merkte sie, dass es schon ziemlich spät war. Sie mussten sich beeilen, wenn sie nicht zu spät kommen wollten und sie wusste genau, dass ihr Vater ihr die Schuld geben würde, weil sie heute morgen so spät nach unten kam. 

Gerade 5 Minuten bevor es losgehen sollte, kamen sie auf dem Kopfsteinpflasterparkplatz vor der Kirche an. Stellas Vater quetschte sich in den letzten freien Parkplatz neben einen schnittigen schwarzen BMW Cabrio und dann hasteten sie Richtung Eingang. Stella wäre dabei auf ihren Absatzschuhen fast gestolpert, aber ihre Mutter hielt sie rechtzeitig am Arm fest. Die Tür quietschte als sie sie aufmachten und als sie die Kirche betraten stellte Stella mit Entsetzen fest, dass ihre Schuhe auf dem harten, glatten Kirchenboden bei jedem Schritt laut klackerten. Die Kirche war schon prall gefüllt und alle Leute drehten sich nach hinten zu ihr um."Gott, ist das peinlich.", dachte sie. Sie spürte wie ihr das Blut in den Kopf schoss und sie wäre am liebsten auf der Stelle wieder nach draußen gerannt. Doch von vorne in der zweiten Reihe winkte schon hektisch Susanne, Papas ältere Schwester. Sie hatte ihnen am Gang 3 Plätze freigehalten, direkt hinter den Konfirmanden und deren Eltern. Gerade als sich Stella hinsetzen wollte, erblickte sie in der Reihe hinter sich Fabio. "Das hat gerade noch gefehlt."  ,dachte sie und ließ sich mit einem leisen Seufzer langsam auf die Kirchenbank nieder, was in ihrem Outfit gar nicht so leicht war.

Fabio war der Mädchenschwarm in der Schule, bereits 17 und in der 11. Klasse. Er wechselte seine Freundinnen gefühlt jedes Vierteljahr und trotzdem wollte jede gerne seine nächste Freundin werden. Wer mit Fabio zusammen war, war cool, angesehen und auf die waren alle anderen Mädchen neidisch. Mit Annika aus Stellas Klasse war er zuletzt kurz zusammen gewesen, aber normalerweise waren seine Freundinnen meist in seinem Alter. Natürlich war auch Stella heimlich in ihn verliebt. Er sah einfach unverschämt gut aus und war angeblich momentan wieder Single. Doch natürlich hatte er sie bisher  nie eines Blickes gewürdigt. Wahrscheinlich wusste er nichtmal, dass sie an seiner Schule war. Viel wusste sie eigentlich auch nicht über ihn. Er war Halbitaliener, seinem Eltern gehörte die Eisdiele unten am Marktplatz. Er hatte zwei jüngere Schwestern, die auch beide auf Stellas Schule gingen und er fuhr jeden Morgen mit dem Motorroller zur Schule, was ihn natürlich noch cooler wirken ließ. Aber das war es auch schon. Eigentlich war er ein Unbekannter.

Stella versuchte ihre Gedanken wieder zu sortieren. Sie schaute sich in der Kirche nach weiteren Gesichtern um, die ihr bekannt vorkamen. Direkt vor ihr saß Marie. Marie hatte ein elegantes blaues Kleid an, dazu eine durchsichtige Strumpfhose und weiße Absatzschuhe. "Elegant", dachte Stella,"aber nicht so auffallend wie meines." Links neben Marie saß ihre Mutter Sabine,Papas jüngere Schwester und rechts Maries Vater und eine Frau, die Stella noch nie zuvor gesehen hatte. Die Frau war stark geschminkt, trug ein enges, rosafarbenes Kleid und unverschämt hohe Schuhe, die ebenfalls knallrosa waren. Maries Eltern waren seit einem Jahr geschieden und Stella vermutete, dass die Frau die neue Freundin von Maries Papa war. Auch wenn sie völlig anders zu sein schien, als Sabine, seine Ex-Frau. Die anderen Konfirmanden aus Stellas Klasse saßen ebenfalls mit ihren Eltern in der ersten Reihe. Sarah, neben der Stella fast schon cool wirkte,  trug, wie meist auch in der Schule, ein geblümtes weißes Kleid, dicke weiße Strumpfhosen und schwarze Riemchenschuhe. Ihre Haare hatte sie zu Zöpfen geflochten und wenn sie nicht gerade Konfirmation gehabt hätte, hätte man sie wohl eher für 10 als für 14 gehalten. Nico und Benjamin sahen in ihren schwarzen Anzügen und roten Krawatten beinahe aus wie eineiige Zwillinge. 

Plötzlich gab Stellas Mutter ihr einen kleinen Stoß in die Seite und Stella schreckte hoch. Die Gemeinde erhob sich zu einem Lied und Stella stand reflexartig mit auf. Schnell zog sie ihre Bluse und ihren  Rock zurecht, die beide im Sitzen nach  oben gerutscht waren. Wie sie so da stand, kam sie sich sehr seltsam vor. Von hinten spürte sie Fabios Blicke auf ihrem Lederrock und sie hatte das Gefühl, dass selbst der Pfarrer von vorne auf ihre Bluse starrte. Wahrscheinlich bildete sie sich das alles nur ein, aber es war schon verrückt, wie anders sie Leute auf einmal auf sie reagierten. Und bei Fabio störte es sie ehrlich gesagt in diesem Fall gar nicht.

Der Gottesdienst zog sich noch ewig hin, doch als dann endlich Schluss war, drehte sich Marie sofort zu Stella um und flüsterte ihr ins Ohr " Was ist denn mit dir passiert?". Stella erklärte ihr möglichst kurz, wie es dazu gekommen war, dass sie überhaupt hier war und warum in diesem Outfit. "Danke,dass du gekommen bist. Bedeutet mir echt viel." sagte Marie und Stella bekam immer mehr das Gefühl, dass es trotz allem gut war, her gekommen zu sein. Als Marie mit ihren Eltern los ging, rief sie Stella noch zu:"Wir sehen uns gleich auf der Feier." Als sie ebenfalls losgingen, schaute sich Stella nochmal nach Fabio um,  aber er war schon nicht mehr da. Sie war sich nicht ganz sicher,, ob sie traurig sein sollte darüber, oder nicht.Vorsichtig stöckelte sie zurück zum Auto. Gerade als sie einsteigen wollte, hörte sie von hinten eine Stimme:" Hallo Stella, ich hätte dich fast nicht erkannt. Du siehst so...äh... anders aus." Stella zuckte zusammen. Innerhalb von Sekunden Bruchteilen  überlegte sie woher sie die Stimme kannte, kam aber nicht darauf. Sie drehte sich langsam  um und sah-Herr Hauger. Wie angewurzelt blieb Stella kurz stehen.  "Äh, hallo Herr Hauger.", stotterte sie,doch Herr Hauger war schon in den schwarzen BMW gestiegen, und fuhr davon...

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