Stellas Outfits-Die Feier

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Herr Hauger war Stellas Kunstlehrer. Die Jungs hatten ihn außerdem in Sport. Er war noch ziemlich jung, erst seit einem Jahr an der Schule und hatte erst im Schuljahr davor sein Referendariat beendet. Er war, besonders bei den Mädchen, sehr beliebt, was nicht nur mit seinen pädagogischen Fähigkeiten zu tun hatte. In den verschiedenen Gruppen der Schüler in den sozialen Netzwerken kursierten seit er an die Schule gekommen war regelmäßig Umfragen wie: "Wer findet Herr Hauger heiß?","Wer hat schonmal von Herrn Hauger geträumt?", "Wer ist heimlich in Herr Hauger verliebt?" Und so weiter. Ebenso zahlreich waren die Gerüchte über ihn, die ebenfalls fast wöchentlich  verbreitet wurden: " Herr Hauger hat eine Affäre mit Patricia aus der 13.","Herr Hauger ist schwul.", "Herr Hauger heiratet nächste Woche."," Herr Hauger macht Frau Schneider schöne Augen." oder ähnliches. Keines der Gerüchte ließ sich weder bestätigen noch widerlegen. Vermutlich machte ihn gerade das für die Mädchen noch spannender. Und als Stella nun im Auto auf dem Weg Richtung Feier saß, dachte sie bei sich, ob es wohl auch bald ein:"Herr Hauger hat Stella nachgespannt."Gerücht geben würde, was aber ja eigentlich nicht sein konnte, da niemand sonst in der Nähe war. Zumindest hoffte Stella das inständig. Sie überlegte außerdem, warum Herr Hauger und auch Fabio überhaupt in der Kirche waren. Sie konnte beide mit keinem der Konfirmanden ihrer Schule in Verbindung bringen.

Als Stella wieder aus ihren Überlegungen auftauchte, waren sie schon an der Festhalle angekommen. Zum Glück hatte der Parkplatz nicht wieder Pflastersteine, sodass das Laufen zum Eingang diesmal problemlos funktionierte. Als sie die Halle betraten staunte Stella nicht schlecht.  Es waren Stühle für circa 100 Leute gestellt, der Saal war festlich geschmückt und an der Seite war ein riesiges Kuchenbuffet aufgebaut. Wie Stella bemerkte, waren sie auch jetzt offensichtlich wieder unter den letzten die angekommenen waren, denn die meisten Stühle waren bereits besetzt. Zum Glück steuerten ihre Eltern zielsicher in den vorderen Teil der Halle und sie ließen sich auf drei freien Plätzen am vordersten Tisch nieder. Die runden Tische, die im Saal aufgestellt waren, hatten jeweils für 12-14 Personen Platz. Stella fast gegenüber saß Marie, rechts daneben  Maries Mutter und daneben Stellas und Maries gemeinsame Großeltern. Dann kamen Susanne, Papa, Stella selbst, Mama und Maries andere Großeltern. Die Eltern von Maries Vater. Links neben Marie saß ihr Vater mit der aufgemotzten "Dame in rosa" . Da die beiden sich unaufhörlich anschmachteten, was Maries Mutter augenscheinlich gar nicht gefiel, fühlte sich Stella in ihrer Vermutung bestätigt, dass es sich um die neue Freundin handeln musste. Der Platz zwischen ihr und Maries Oma war frei.

Nachdem sich der Saal vollends gefüllt hatte, hielten Marie und ihre Eltern kurze Reden und eröffneten dann das Kuchenbuffet. Auf dem Weg dorthin kam Stella mit Marie ins Gespräch. Sie fragte Marie nach der neuen Freundin ihres Vaters. Offensichtlich hatte sie in ein Wespennest gestochen . Marie war kaum noch zu bremsen: " Diese Frau ist so ätzend. Die denkt echt sie sei was besonderes. Ständig labert mich mein Vater voll mit: Olga hier, Olga da. Schau Mal was Olga hat, Olga kann dies, Olga macht das... . Ich kann es nicht mehr hören. Sie sind jetzt gerade Mal vier Wochen zusammen und sie kommandiert mich, als wäre ich ihre Tochter. Wobei eher Dienstmädchen. Und das aller ätzendste ist...".  Gerade als Marie weiterreden wollte fiel Stellas Blick zum Eingang. Sie konnte es kaum fassen. Durch die Tür kam Christina. Sie trug ein enges rosa Kleid, hohe rosa Absatzschuhe und stolzierte geradewegs auf den freien Platz neben der "Dame in rosa" zu.  Christina sah aus wie eine kleine Kopie ihrer Mutter. Jegliche Erklärung war überflüssig. "Ach du scheisse.", entfuhr es Stella und Marie schob hinterher:"Nun weißt du auch, was das aller ätzendste ist."

Christina war der Schreck aller Lehrer an der Schule. Sie war ein Jahr älter als Stella, war aber letztes Jahr sitzen geblieben und ging deshalb nun in Stellas Parallelklasse. Christina tat alles um in der Schule aufzufallen. Angefangen von ihrem Aussehen, über ihr Verhalten bis zu ihren Aussagen über Lehrer und Mitschüler. Die Jungs standen entweder total auf sie oder fanden sie unausstehlich. Einen Zwischenweg gab es nicht. Und für die Mädchen gab es nur die Möglichkeit, entweder zu ihrer Clique zu gehören oder einen möglichst großen Bogen um sie zu machen, um nicht Opfer ihrer Überheblichkeit und ihrer Machtspielchen zu werden. Stella war letzteres bisher zum Glück gut gelungen.

Zurück am Tisch aß Stella schweigsam ihren Kuchen auf. Immer wieder schaute sie verstohlen über den Tisch zu Christina, die ihr finstere Blicke zuwarf. Was Christina wohl über ihr neues Outfit dachte, überlegte sich Stella. Wurde sie nun als Konkurrenz in puncto " Auffallen" angesehen oder machte sich Christina lustig über die zu klein geratenen Sachen. Stella hatte keine Ahnung. Der Feindseligkeit von Christinas Blicken konnte man auf jeden Fall entnehmen, dass Stella als Maries Cousine nun ebenfalls in Christinas Kategorie möglicher Feindinnen gerutscht war. Die arme Marie. Das hatte sie wirklich nicht verdient. Die Scheidung ihrer Eltern war schon schwer genug für sie und dann noch sowas als mögliche neue Stiefmutter und Stiefschwester.

Nachdem Stella ihren Kuchen aufgegessen hatte stand sie auf, um zur Toilette zu gehen. Sie versuchte Marie mit Blicken zu sagen, dass sie doch mitkommen sollte, aber offensichtlich war Marie zu sehr in Gedanken um etwa zu bemerken. Langsam ging Stella Richtung Toilette und sie spürte förmlich, wie ihr Christinas Blicke folgten. Als sie fertig war und zurück zum Platz gehen wollte, kam ihr Christina direkt entgegen: " Na, macht unsere graue Maus heute einen auf Schlampe.", wurde sie angezischt. Stella zuckte zusammen und versuchte stotternd zu erwidern:" Es war keine...ich wollte gar nicht..." Aber Christina schob sie nur unsanft zur Seite und ging ohne ein weiteres Wort an Stella vorbei Richtung WC.

Der Rest der Feier war für Stella ein Qual. Es dauerte noch fast zwei Stunden, bis ihre Eltern endlich aufstanden um zu gehen. Die ganze Zeit hatte Stella schweigsam dagesessen und versucht ,möglichst nicht zu Christina rüber zu schauen. Sie hoffte inständig, dass Christina sie in Ruhe lassen würde die nächste Zeit. 

Auf dem Weg nach Hause wäre Stella fast eingeschlafen. Es war ganz schön viel los gewesen an diesem Tag und ihre Gefühle hatten so Achterbahn gespielt, dass es ziemlich anstrengend war. Zu Hause angekommen ließ sie den Tag nochmal an ihrem inneren Auge vorbeiziehen. Die Begegnung mit Christina verdrängte sie, so gut es ging und blieb stattdessen an den Begegnungen mit Fabio und Herrn Hauger hängen: Die Blicke, die,wenn auch wenigen, Worte. Ihre Unsicherheit aber auch das Kribbeln, dass sie dabei verspürt hatte. Sie betrachtete sich nochmals im Spiegel, bevor sie ihre Sachen auszog und in ihren Schlafanzug schlüpfte. 

In dieser Nacht träumte Stella einen seltsamen Traum: Sie stand in ihrem Outfit von gestern mit Fabio vor dem Traualtar. Der Pfarrer jedoch, weigerte sich: " In so einem Outfit kannst du nicht heiraten.", sagte er entschlossen. Gerade wollte sich Stella enttäuscht abwenden, da kam Herr Hauger von hinten, schnappte Stella und trug sie auf dem Arm zu seinem Auto. Er setzte sie auf den Beifahrersitz und nahm neben ihr Platz. Seine Hand legte sich auf Stellas Strumpfhose... doch Stella zuckte instinktiv zusammen und wachte schweißgebadet auf...

Stellas OutfitsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt