Kapitel 9: Training

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Ich wachte wieder in meinem Zimmer auf. Jetzt fühlte ich mich viel besser und wohler als zuvor. Ich kämpfte mich aus dem Bett und schaute auf die Uhr.

19:48 Uhr

Ich hab wohl ein paar Stunden geschlafen. Ich ging runter, um was zu trinken. In der Küche traf ich auf Lucas. „Wir geht's dir? Du warst ganz schön ausgepowert als wir draußen waren“, sagte er. „Ja. Ich musste mich kontrollieren, so wie du es mir befohlen hattest. Aber das war echt mehr als knapp. Ich glaube ich werde es am Montag nicht schaffen...“, meinte ich und würde immer leiser.

„Hey, das wirst du schon. Wir haben ja erst Donnerstag. Ab morgen werden wir mit einem Training anfangen. Wir werden dich langsam an immer mehr Menschen gewöhnen. Du und dein Wolfs Teil müssen einfach lernen ihnen zu vertrauen. Morgen wird ein Freund von mir kommen. Er ist ein Mensch“, sagte er. „Du hast einem Menschen von uns erzählt?“, fragte ich. „Ja, aber glaub mir. Ihm kann man vertrauen. Er weiß über dich Bescheid, und weiß auch wie man sich verhalten sollte“, erklärte er. Ich trank mein Wasser in einem Zug aus, und ging dann wieder nach oben, ohne etwas zu sagen.

Ich brauch jetzt dringend ein heißes Bad! Ich ließ das Wasser einlaufen, und warf etwas rein wo Rosenduft draufstand. Dann entkleidete ich mich, und stieg rein. Mir entfuhr ein entspannter seufzer. Ich schloss die Augen und zog den blumigen Duft tief in meine Lungen. Nach zwei Stunden war ich fast aufgeweicht, und stieg raus. Ich trocknete meine Haare, und warf mir ein lockeres Shirt um. Dann ließ ich mich nur noch in meinem Kissenhaufen im Bett fallen.

Am nächsten Morgen wachte ich relativ früh auf. Es war 6 Uhr, und mein Wolfs Anteil in mir schrie schon seit gestern ihn rauszulassen. Also schlich ich mich runter, und verschwand erstmal in den Wald für ein paar Stunden. Ich jagte ein paar Tiere als Frühstück, und fühlte mich als Wolf viel wohler. Dann hielt ich an einem schönen Plätzchen an, und legte mich seitlich in die Sonne. Ich liebe einfach dieses Gefühl, wenn sich mein weißes Fell in der Sonne aufwärmt.

Nach einer Weile spürte ich das Lucas kam. Ich ließ mich aber nicht von ihm stören und genoss weiter die Sonne. „Hier bist du also! Komm. Mein Freund wird bald da sein“, sagte er, und stubste mich mit seiner Nase an. Ich drehte mich jetzt auf dem Rücken, und öffnete kurz ein Auge, aber schloss es gleich wieder. „Rose. Komm schon. Wir müssen los. Du kannst noch später in der Sonne liegen“, meinte er, und warf mich wieder auf die seite. Ich grummelte nur genervt.

Aber dann wurde es plötzlich kalt. Lucas hatte sich so vor mich gestellt, das ich komplett im Schatten lag. Dann stand ich auf, und hatte eigentlich vor ihn spielerisch umzuwerfen, und sprang ihn an. Er bewegte sich aber keinen Millimeter, und ich nahm seinen Hals mit beiden Pfoten, und drückte mich mit den hinter Pfoten ab. Er bewegte sich aber immer noch nicht, weil er einfach viel zu groß und viel zu schwer war.

Plötzlich riss er mich aber mit einer seiner Pfoten auf den Boden, und stemmte sich über mich. Dann grinste er und sagte: „Wolltest du etwa das versuchen?“. Ich schaute ihn nur genervt an, und versuchte mich zu befreien. Ich zog sogar mit meinen Zähnen an seinem Fell, aber es störte ihn nicht mal. „Lass mich frei“, sagte ich jammernd. „Nur wenn du dann mit kommst“, forderte er. Das ist doch Erpressung! Er setzte seinen Alpha Blick auf, und ich konnte nicht wiederstehen und nickte gehorsam. „Braves Wölfchen“, sagte er und ging dann von mir runter. Ich schnaubte einmal, und lief dann los. Er lief neben mir, während ich traben musste. Man macht er große Schritte.

Vor der Tür verwandelten wir uns, und gingen rein. Ich zog mir was anderes an, und etwa 10 Minuten später klingelte es schon. Ich hörte wie Lucas die Tür öffnete, und ihn begrüßte. Dann rief er nach mir. Ich knurrte kurz genervt, und ging dann runter. Er hatte blonde Haare und blaue Augen. Genau wie ich. Als er mich sah stand er auf und lächelte mich freundlich an.

Wenn er also eh von Werwölfen wusste, musste ich mich ja nicht sonderlich kontrollieren. Er kam auf mich zu und streckte die Hand aus. Ganz sicher nicht, dachte ich. Ich hielt mindestens 3 Meter Abstand, und blieb unten an der Treppe stehen. „Hi ich bin David. Schön dich kennenzulernen!“, sagte er nett. Ich schaute ihn von oben bis unten an, aber dann spürte ich Lucas' Hand auf meinem Rücken, die mich sanft vor schob. „Keine Angst, Rose. Er wird dich ganz sicher nicht angreifen“, meinte er, aber einen Meter vor ihm stoppte ich trotzdem. „Nein. Das werde ich echt nicht. Es ist auch für mich das erste Mal, dass ich einen wilden Werwolf treffe“, sagte er und senkte seine Hand.

„Rose“, knurrte ich. „Das ist ein schöner Name“, sagte er und setzte sich aufs Sofa. Lucas platzierte mich gegenüber von ihm und setzte sich neben mich. „Was hat dich nach Silverlake gebracht?“, fragte er. Das Dorf heißt Silverlake in dem ich jetzt wohne. „Das geht dich nichts an“, fauchte ich. „Hey! Sei nett, Rose. Du willst nicht das ich wütend werde oder?“, sagte Lucas und schaute mich warnend an. Ich schaute ihn kurz unterwürfig an. „Schon gut. Sie kennt mich ja nicht“, sagte er und stand auf. Ich knurrte ihn an als er näher kam. „Näher dich ihr langsam an. Sie muss auch lernen angefasst zu werden von Menschen“, sagte Lucas. Lucas fasste mir auf die Schulter, was mich etwas beruhigte.

Aber als David sich neben mich setzte wurden meine Augen blau, und ich wollte aufstehen, aber Lucas hinderte mich daran. Ich krallte mich in Lucas Hose, und rückte nah an ihn ran. Langsam wich ich von Aggressivität zu Angst über, und winselte leise. Mittlerweile saß ich halbe auf Lucas' Schoß, und presste mich an seine Brust.

Er streichelte mir sanft über die Arme, als David mein Bein anfasste. Ich jaulte kurz auf, und presste mein Gesicht an Lucas' Brust. Mir kamen alle Erinnerungen hoch, wo ich mal von Jägern verfolgt und gejagt wurde. „Okay das reicht“, sagte dann endlich Lucas. David ließ mein Bein los, und ich atmete erleichtert aus. „Sie reagiert echt schlimm. Willst du sie wirklich zur Schule schicken? Das wäre Folter für sie!“, meinte David und setzte sich wieder gegenüber von uns hin. Ich entspannte meinen Körper endlich, und atmete schwer in Lucas' Brust. Er streichelte sanft über meine Haare was mich mehr entspannte. „Für Rose ist das eine echte Herausforderung, aber ich glaube an sie. Sie schafft das schon“, meinte er. Ich richtete mich langsam auf, und setzte mich wieder neben ihn. „Siehst du? Er hat dir nicht weh getan. Man braucht keine Angst zu haben“, sagte Lucas zu mir. Ich nickte, und schaute David an. Er lächelte mich traurig an.

Ich verstand das er wirklich nicht böse war, oder mich für schwach hielt. Er hatte Mitleid und Respekt in seinen Augen. Als ich das kapierte, wurden meine Augen wieder normal.

Dann stand Lucas auf, und die Wärme neben mir verschwand. Ich schaute ihn an. „Unterhaltet euch etwas. Ich muss was erledigen“, meinte er und wollte gerade gehen. Ich hielt ihn aber fest. „Schon gut, Rose!“, sagte er nur und ging. Jetzt wurde ich wieder nervöser. Aber ich wusste das er mir nichts tun würde. Er erzählte mir mindestens eine Stunde über sich. Und ich verstand ihn immer besser. Der Kloß in meinem Hals löste sich, und ich redete nach einer Weile auch mit ihm. Eine weitere Stunde später saß ich entspannt auf dem Sofa, und als er gehen musste streckte er mir nochmal die Hand hin. „Willst du es nochmal versuchen?“, fragte er.

Ich streckte meine Hand aus, und es viel mir deutlich leichter wie damals im Sekretariat. Seine Hand war angenehm warm, und sein Geruch erinnerte mich irgendwie an den von Lucas. Gerade als wir uns die Hand gaben, kam Lucas rein und schaute uns überrascht an. „Wow. Hab ich was verpasst?“, fragte er. „Du hattest recht. Er ist wirklich nett“, lachte ich ihn an. Er lächelte zurück, und David ging.

„Heute hab ich gelernt, das man die Menschen zuerst kennenlernen sollte, bevor man Vorurteile hat“, erzählte ich ihm stolz, und er streichelte meinen Kopf. „Danke“, flüsterte ich.

Wolves - Hüterin des Waldes (Band 1) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt