Kapitel 1

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Zyra


Es war ein heißer Sommertag in Cork. Zyra war gerade in ihrem Zimmer und zog sich ein schönes Sommerkleid an, als es an der Tür klopfte. "Herein!" rief Zyra und ihre, etwas dickliche, Haushälterin Amanda, steckte den Kopf durch die Tür. "Entschuldigen Sie die Störung, Miss Stark, aber ich soll Ihnen ausrichten dass ihr Vater sie gerne sprechen möchte." Zyra nickte und drehte sich zum Fenster. Nachdenklich blickte sie hinaus, die Sonne schien grell und sodass man denken könnte,alles unter ihr würde schmelzen. Der Wind wehte sachte durch die Bäume auf ihrem kleinen Grundstück, als ob er den Blättern nicht schaden wollen würde. Zyra drehte sich um und seufzte leise. Sie liebte ihren Vater und eben dass war das Problem. Er war sehr krank und der Arzt wusste nicht was ihm fehlte und alleine nur sein Anblick,schmerzte sie immens. Ihre Mutter war bei ihrer Geburt gestorben, somit war ihr Vater die einzige Familie, die sie hatte. Sie machte alles im Haushalt, denn auch wenn sie eine Haushälterin hatten,war die auch das einzige Personal. Amanda war eine alte Freundin ihres Vaters weswegen sie für ihre Arbeit hier nicht viel wollte. Das Haus war ihr Besitz,allerdings waren sie sehr arm seitdem ihr Vater nicht mehr arbeiten gehen konnte, weswegen sie alle Hausangestellten, bis auf Amanda, hatten kündigen müssen. Zyra wünschte sie könnte etwas tun,damit es ihrem Vater besser ging, sie wünschte, sie könnte arbeiten gehen, sie nähte sehr gerne und verkaufte die Kleider,aber der Verdienst war so gering,dass sie sich ab und an vielleicht mal ein bisschen mehr Essen leisten konnten. Sie hungerte nicht und Zyra selbst sah man nicht an dass die arm war, denn ihr Vater bestand immer darauf,dass sie genug aß und sich Stoffe für ihre Kleider kaufte. Zyra lief die Treppe hinuter, durch den heruntergekommenen Flur, bis in den Salon, wo ihr Vater auf dem Sessel, Richtung Fenster saß. Sie ging zum Fenster und musste sich beherrschen, nicht aufzuschreien, denn ihr Vater sah furchtbar aus. Er war sehr blass, abgemagert und sein Gesicht wirkte eingefallen, er sah so aus als wäre er irgendwo,ganz weit weg, so tief versunken war er in seinen Gedanken. "Vater? Du wolltest mich sprechen?" fragte Zyra zaghaft. Ihr Vater löste sich aus seiner Trance und rang sich ein gequältes Lächeln ab. "Hallo mein Schatz, wie geht es dir?" krächzte er. "Das sollte ich wohl eher dich fragen."murmelte sie. "Mir geht es wunderbar" sagte er und brach in einen Hustenanfall aus. "Vater, soll ich nicht doch lieber den Arzt rufen?" fragte Zyra beunruhigt. "Du weißt genau dass wir uns das nicht leisten können, außerdem hat der letzte Besuch, vor ein paar Monaten auch nicht wirklich etwas bewirkt." meinte ihr Vater zerknirscht. Zyra sah hinaus aus dem Fenster und blinzelte ein paar Tränen weg. "Aber da du es ansprichst,denke ich wir sind gerade beim richtigen Thema angelangt." sagte ihr Vater dann. "Welches Thema?" entgegnete sie. "Nun Zyra, wir wissen beide das es mit mir nicht besser werden wird. Und du bist nun schon 23. Du kannst nicht ewig hier leben und wenn ich sterbe,bist du alleine und hast niemanden der sich um dich kümmert. Also habe ich etwas arrangiert für dich, für deine Zukunft."sagte er bestimmt. Zyra war über die Heftigkeit seiner Worte erschrocken. "Aber du musst doch gar nicht sterben, der Arzt hat nicht gesagt dass du stirbst, außerdem gibt es einen Spezialisten, den können wir kontaktieren, vielleicht weiß er was dir fehlt und kann dir helfen." "Zyra, der Spezialist ist viel zu teuer, selbst wenn ich noch arbeiten würde,könnte ich ihn mir nicht leisten, nimm es als meinen letzten Wunsch, ich möchte dass du mit dem Schiff nach England fährst und deinen Verlobten kennenlernst." entgegnete ihr Vater kraftlos. Zyra ging das alles viel zu schnell, sie sollte in ein anderes Land ziehen und einen Fremden heiraten? Ihr Vater sah dies als seinen letzten Wunsch? Was war denn nur passiert? Sie wollte nicht gehen,sie wollte ihren Vater nicht verlassen. Und sie wollte auch nicht dass er starb. Aber wie konnte man jemanden seinen letzten Wunsch verwehren? Er sah sie so flehend an,dass sie nur ja sagen konnte. Sie wusste schon länger das ihr Vater sterben würde, aber sie wollte nicht das es so bald geschah und sie wollte auch nicht das er davon sprach. Er hatte ihr immer gesagt,wenn sie heiraten würde,dann aus Liebe. Wie sollte sie ein Leben mit jemanden führen,den sie nicht liebte? Ihre Gedanken rasten und sie war verzweifelt und überfordert, aber es war ihr Vater,der dies als seinen letzten Wunsch geäußert hatte. "Ja Vater, ich werde es tun." Ihr Vater lächelte erleichtert und streckte seine Hand aus, um ihre zu drücken. "Dann pack deine Sachen Liebes, morgen legt das Schiff ab und Amanda wird dich begleiten." sagte ihr Vater. Morgen schon? Sie hatte nicht einmal Zeit um sich richtig von allen zu verabschieden.  Sie wusste das der Gedanke schwachsinnig war, doch sie kam nicht umhin, zu denken, ihr Vater wolle sie loswerden.

Entführt von PiratenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt