POSTKARTE 9: Selbstzweifel sind die besten Kunstfälscher

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Yule hat recht gehabt

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Yule hat recht gehabt. Zusammen den Film zu sehen war eine gute Idee.

Das denke ich, als der Film zu Ende geht und mir mittlerweile unter der Decke wohlig warm geworden ist und ich denke es auch, als wir einige Stunden später das Zimmer verlassen, mit Koffer und Rucksack und Kühlbox (für die Yule dieses Mal das Eis geholt hat, sodass ich meinen Koffer trotz allem selber packen musste).

Draussen regnet es immer noch und obwohl es in unserem Zimmer gerade so gemütlich war und die Decke so verlockend ausgesehen hat, müssen wir jetzt aufbrechen, denn es ist fast halb elf und die Zeit zum Auschecken gekommen.

Dieses Mal bin ich an der Reihe, denn Yule will sich den Kaffee heute selbst besorgen. Er vertraut mir nicht mehr (und ich kann es ihm ehrlich gesagt nicht wirklich verdenken, denn ich würde mir bei diesen Dingen auch nicht vertrauen).

»Kann ich mich darauf verlassen, dass du den Streich nicht umgedreht hast und mir jetzt statt Decaf schwarzen Kaffee gegeben hast?«, frage ich, als er mir auf den Weg nach draussen einen der Becher reicht.

»Hundert pro. Du bist so schon genug hibbelig, da gebe ich dir ganz bestimmt nicht auch noch Koffein, um den Effekt zu verstärken.«

Ich trage noch immer Yules Hoodie über meinem Kleid und ich bin froh darüber, denn draussen tropft der Regen vom Vordach und es ist längst nicht mehr so angenehm warm wie vor einigen Tagen noch. Dafür ist die Luft frisch und riecht nach Morgen. Nach Neuanfang.

»Yule?«, frage ich, als wir im Auto sitzen und uns bereit machen zur Abfahrt. »Warum hast du in der Schule nicht aufgepasst?«

Es ist mir längst nicht mehr unangenehm, Fragen zu stellen. Auch dann nicht, wenn sie aus heiterem Himmel kommen so wie diese hier.

Weil ich weiss, dass Yule auf alles antwortet. Auf alles eine Antwort parat hat. Auch, wenn er sich manchmal Zeit damit lässt, sie auszusprechen.

Vor allem, wenn er sich Zeit damit lässt.

»Weil ich mich immer beschäftigt und nicht herausgefordert gefühlt habe«, antwortet er und lenkt das Auto vom Parkplatz auf die Strasse.

»Ich hatte immer das Gefühl, dass man uns gar nichts wirklich beibringen, sondern uns einfach ruhigstellen will. Vor allem diejenigen, die Fragen gestellt haben. Diejenigen, die mitgedacht, Dinge hinterfragt haben. Die wurden immer zum Schweigen gebracht, als wäre es etwas Schlechtes, mitzudenken. Und ich habe ausserdem den Sinn nicht darin gesehen, mir Dinge auswendig zu merken, die ich in meinem ganzen Leben niemals brauchen werde. Und die ich gleich wieder vergesse.«

Er beginnt zu grinsen, als er hinterher schiebt: »Im Idealfall erst nach der Prüfung.«

Ich weiss genau, was er meint. Ich wollte die Dinge immer verstehen - um sie mir zu merken, war ich immer zu ungeduldig.

»Was ist das Unnötigste, das du je lernen musstest?«, frage ich.

»Ich würd's dir wirklich sagen, aber ich hab's vergessen.« Er lacht leise. »Mit dem Auswendiglernen habe ich mir nie wirklich viel Mühe gegeben. Das hat mich nie interessiert.«

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