POSTKARTE 10: Bilderbuchmoment und Gutenachtgeschichte

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Der Sonnenuntergang in Lincoln City ist das Schönste, was ich je gesehen habe

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Der Sonnenuntergang in Lincoln City ist das Schönste, was ich je gesehen habe.

Und ja, das denke ich bei jedem Sonnenuntergang, den ich sehe. Aber dieser hier, der ist wirklich schön.

Es ist diese Art Sonnenuntergang, über den man am liebsten Bücher geschrieben hätte, weil er so schön ist. Diese Art Sonnenuntergang, der einen von fernen Orten träumen lässt und den Wunsch in einem weckt, den Moment anhalten und ihn für immer geniessen zu können.

Bonuspunkte gibt es für den Pazifik, an dessen Horizont die Sonne versinkt und dabei den Himmel in ein atemberaubendes Farbenspiel taucht.

Yule und ich haben beschlossen, dass wir gar nicht auswärts essen gehen, sondern einfach genau hier bleiben wollen, es uns auf dem Balkon gemütlich machen und die Vorstellung geniessen.

Leider gehört zu dieser Entscheidung auch ein gewisses Opfer meinerseits. Ein doppeltes Opfer, um genau zu sein. Denn erstens haben wir keinen weiteren Proviant mehr ausser Toast und es gibt hier wie zu erwarten war auch keinen Toaster, weshalb ich mich jetzt schon zum zweiten Mal mit dem ungetoasteten Karton-Toast zufrieden geben muss, und zweitens muss ich mir Yules triumphierendes Gesicht ansehen, während ich auf dem Toast herumkaue.

Wir müssen unbedingt bald einen Supermarkt aufsuchen, denn sollte sich noch einmal eine solche Situation ergeben, bei der wir lieber unseren Balkon mit der traumhaften Aussicht ausnutzen wollen, statt in ein Restaurant zu gehen, dann will ich besser vorbereitet sein (was in diesem Fall heisst, etwas anderes zum Essen griffbereit zu haben.)

»Hach ist das schön«, sagt Yule, als wir es uns auf dem Balkon gemütlich machen, und seine Mundwinkel verziehen sich zu einem zufriedenen Lächeln.

»Was? Die Aussicht?«, frage ich und ziehe die Beine an. »Ja.«

»Das auch. Aber ich meinte eher, dir dabei zusehen zu können, wie du den Toast essen musst.«

»Ich hätte den Toast an Fridolin verfüttern sollen, als ich es noch konnte«, murmle ich düster und ziehe die Augenbrauen zusammen wie ein trotziges Kind. »Aber du musstest ihn ja vertreiben.«

»Ich kann nichts dafür, dass Fridolin von meiner Art so schnell genervt ist, dass er abhaut.« Yule zuckt mit den Schultern und beisst in seinen Toast.

»Manchmal wünschte ich, es würde anderen auch so gehen«, fügt er dann murmelnd und mit einem Seitenblick zu mir hinzu.

»Wenn es hier gerade nicht so schön wäre, dann würde ich jetzt anfangen, mit dir zu diskutieren, bis du genervt von mir bist. Aber das mach ich jetzt nicht, weil ich lieber den Sonnenuntergang ansehe, als auf meinen Stolz zu hören.«

»Ich muss schon mit dir ein Bett teilen, das ist Strafe genug, vertrau mir.«

Würdevoll wende ich den Kopf ab und übergehe seine Bemerkung einfach, weil ich eine Sekunde zuvor gerade noch behauptet habe, ich würde keine Diskussion mit ihm anfangen.

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