POSTKARTE 16: Zeitstillstand

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Mit meinem Strohhalm fische ich gerade ein paar Froot Loops aus meiner Schüssel mit Milch, als Yule sich mit nichts weiter als einem Kaffee an den Frühstückstisch setzt

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Mit meinem Strohhalm fische ich gerade ein paar Froot Loops aus meiner Schüssel mit Milch, als Yule sich mit nichts weiter als einem Kaffee an den Frühstückstisch setzt.

»Was tust du da?«, fragt er mich stirnrunzelnd und es ist offensichtlich, was er meint, weil man Frühstücksflocken nicht auf Strohhalme spiesst - selbst wenn Froot Loops als kleine Ringe eigentlich hervorragend dafür geeignet sind -, trotzdem tue ich so, als wüsste ich von nichts.

»Frühstücken«, erkläre ich seelenruhig. »Wonach sieht's denn aus?«

»Es sieht so aus, als würdest du deine Froot Loops mit einem Strohhalm essen.«

»Ja, sag ich doch.« Ich zucke mit der Schulter. »Frühstücken. Und?«

»Isst man Cornflakes nicht normalerweise eher mit einer Gabel?«

Einen Moment lang bin ich verwirrt, aber Yule ist nur sarkastisch. Natürlich. Genau wie immer.

»Haha.«

»Schon mal was von Löffeln gehört?« Er zieht eine Augenbraue hoch, während er die bunten Ringe in der Milch noch immer skeptisch betrachtet. »Oder ist das zu unphoenixhaft?«

»Gab keine mehr.«

»Ah. Und Strohhalme sind dann natürlich der naheliegendste Ersatz, ich versteh schon.«

»Hast du eigentlich keinen Hunger?«

»Kaffee reicht erstmal.« Er hält seinen Becher in die Höhe, der noch immer dampft und den er umklammert, als wäre er seine letzte Rettung. »Damit ich dich ertrage.«

»Hey hey hey!«, rufe ich empört. »Ich dachte, darüber wären wir längst hinweg.«

»Was? Du meinst, dass ich mich an dich gewöhnt hätte? Nein, nein, du schaffst es immer wieder, mich zu überraschen.«

Vielsagend schaut er auf die Froot Loops in meiner Schüssel, die eigentlich ein Pappbecher ist, und den Strohhalm in meiner Hand, auf den ich ein paar bunte Ringe gespiesst habe.

Ich schiebe sie mir in den Mund und fische einen weiteren Loop aus meinem Becher.

»Yule Robinson«, sage ich mit übertrieben feierlichem Ton und halte ihm den blauen Ring vor die Nase, »willst du mich heiraten?«

Er verdreht nur die Augen und schüttelt den Kopf, während er einen Schluck Kaffee trinkt, als wäre es das Einzige, das ihn noch retten könnte.

🌲

Bend ist ein zu schöner Ort, als dass ich ihn nach einer einzige Nacht schon wieder verlassen möchte, und weil Yule das offenbar genauso sieht, haben wir uns gestern darauf geeinigt, hier noch einen weiteren Tag und eine weitere Nacht zu verbringen, bevor wir neue Ort entdecken wollen.

Einmal die Zeit anhalten.

Bend ist gross genug, um eine Stadt zu sein, aber nicht gross genug, um wie eine zu wirken. Die Häuser und Strassen sind so eng mit der Natur verbunden, dass die Grenzen kaum auszumachen sind und das Gefühl von Grossstadt gar nicht erst aufkommt. Viel mehr herrscht hier Hoffnung und Leben und Freude und Tatendrang.

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