19, broken

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Eine Frau öffnet mir die Tür, lächelt und scheint etwas verwirrt über mein Gesicht zu sein. Das muss wohl Frau Jeon sein... "Ä.. ähm.. ist Jungkook da?" versuche ich mir meine Worte in die richtige Reihenfolge zu legen und nicht all zu ängstlich zu wirken. Sie lächelt und murmelt "Da bekommt er doch heute ständigen Damenbesuch... " und lacht "Komm doch rein."

Sie tritt zur Seite und gewährt mir somit, das große Heim zu betreten. Natürlich zieh ich sofort meine Schuhe aus, ich will ja nicht unhöflich sein und die Wohnung dreckig machen. Angespannt stehe ich in der Eingangshalle und sehe mich um. Fliesen, weiße, hohe Wände, das ist viel. Viel zu viel für meine Gewohnheiten. Viel zu teuer... alles. "Darf ich nach deinem Namen fragen?" lächelt die Frau mich an. "Mein Name ist Yoona." Sie fängt an zu strahlen. "Dann bist du doch das Mädchen, das meinen Sohn bei sich eingeladen hat, während es regnete, richtig?" Ich nicke lächelnd und Frau Jeon scheint überglücklich zu sein, dass ich da bin, ich folge ihr und höre ihr weiterhin aufmerksam zu. "Da wurde mir mein Sohn gestern doch wirklich in einem Polizeiauto nach Hause gebracht, da habe ich vielleicht einen Schrecken bekommen. Glaub mir. Hui Hui du hast ihn gestern doch auch gesehen, nicht? Hat er dich verletzt?" ich schüttele den Kopf, die Tatsache, dass Jungkook reich ist, scheint mich um zu hauen. "Als Mutter von ihm entschuldige ich mich natürlich für sein gestriges Verhalten, es tut mir wirklich sehr leid, dass du das mit ansehen musstest" redet sie weiter drauf los.

Und durch diesen überwältigen Reichtum fühle ich mich plötzlich schlecht. So normal. Eine ganz andere Schicht, auch wenn das natürlich nicht ganz der Wahrheit entspricht, aber ich werde von allen als normal gesehen und so lebe ich ja auch. Normal. Es ist nur... ich scheine schon eine ganze Weile solchen Anwesen nicht mehr begegnet zu sein, ich glaube das ist der Grund für mein plötzliches Unwohl.

"Jungkook hatte doch hoffentlich nicht gesagt, die Einladung würde heute stattfinden, oder?" spricht sie hektisch und schaut mich fragend an. "Hat er nicht, ich wollte nur sehen, ob es ihm gut geht." rede ich irgendetwas und sehe ein großes Sofa. "Setz dich ruhig, ich werde Jungkook holen gehen, warte hier." sie macht kehrt und ich lasse mich auf das schwarze Sofa nieder. War es vielleicht ein Fehler, hier her zu kommen? frage ich mich in Gedanken. Dann höre ich auch wieder die klacksenden Stöckelschuhe der Mutter Jungkooks, die in meine Richtung kommen. "Ich muss mich jetzt leider entschuldigen, ich muss auch schon wieder gehen. Ich danke dir, dass du gekommen bist, um dich um Jungkooks Wohlergehen zu erkundigen, Yoona. Du bist ein sehr gutes Mädchen. Aber eine Frage hätte ich noch.. " sie kraust ihre Stirn und schaut mich fraglich an. "Haben wir uns schon mal gesehen?" und mein Herz fängt an zu rasen. Nein. Nein. Das ist nicht möglich. Sie verwechselt dich. "Nicht, dass ich wüsste, Frau Jeon." gebe ich als Antwort und will dabei so sicher wie nur möglich wirken. "Eomma, wenn es wieder Sunmi ist, dann kannst du sie weg schicken." scheint die Stimme aus der Richtung, aus der Frau Jeon kam, zu hallen. Schwere Schritte sind zu hören. "Komm doch einfach" gibt seine Mutter als Antwort, lächelt mich an und teilt mir mit, sie müsse jetzt gehen. "Jungkook ich muss jetzt gehen, dein Gast wartet im Wohnzimmer auf dich." ich stehe auf und verbeuge mich leicht, als Frau Jeon zum gehen ansetzt, sie schenkt mir noch ein Lächeln und verlässt dann auch schon das Wohnzimmer. Vielleicht kann ich jetzt noch verschwinden?? somit breitet sich die Panik in mir aus und ich werde etwas nervös. Ich höre, wie die Haustür ins Schloss fällt und den seufzenden Jungkook, der sich in meine Richtung schleift. Vielleicht will er mich gerade nicht sehen... ? Ich werde noch nervöser und bleibe stehen. Dann betritt auch schon Jungkook in einem grauen Jogginghose, einem weißen T-Shirt und zersausten Haaren den Raum. Sein gereizter Blick löst sich in Verwunderung und dann in einen erleichterten auf. "Y-Yoona " murmelt er und muss lächeln, kommt auf mich zu, will zum Umarmen ansetzen, lässt es dann aber doch. "U-Uhm ich habe versucht dich zu erreichen.. " sucht er nach Worten in seinem Kopf, um ihn zu beruhigen fange ich nun an zu reden. "Ich weiß... ich wollte wissen, ob es dir gut geht, wegen der Sache von gestern." sofort schaut er mir dann wieder ins Gesicht. "Ähm... ja, das... ich hab ein paar Blaue Flecken und Kratzer, aber sonst geht's mir gut." daraufhin nicke ich nur und eine unangenehme Stille breitet sich wieder aus. "Es tut mir leid, dass das gestern alles passiert ist. Es tut mir leid, dass ich dich... ich meine dir weh getan habe, aber ich war betrunken! Und das tut mir erst recht leid, dass du mich in einem solchen Zustand gesehen hast. Und, dass... " er hat die Verzweiflung in sein Gesicht geschrieben und sucht nach weitern Aussagen und Entschuldigungen, die die Stille ersticken könnten. "Ich.. das ist okay. Ich hab gesehen, dass du betrunken warst, das passiert. Und deine Verletzungen tun mir auch leid. Ich bin eigentlich nur gekommen, um mich um dich zu kümmern... aber du siehst nicht ganz so beschädigt aus" und sammle weiteren Mut zum Sprechen, werde jedoch unterbrochen. "Doch Doch!! Ich habe Schmerztabletten verschrieben bekommen! Mir tut alles weh!!!" brabbelt er los und lässt mich schmunzeln. Was zur... ich schmunzle? "Hast du gerade gelächelt?" und somit verfliegt es auch schon. "Es ist schön. Dein Lächeln." meint er verträumt und starrt mich weiter an. "Jedenfalls " Mist. Soll ich ihm jetzt das Essen anbieten? Ist das jetzt angemessen? "Ich.. " ich nehme mir meinen Rucksack vom Rücken und halte ihn weiterhin fest "Hab ich dir was zu essen gemacht.. " murmele ich schüchtern. Er fängt an zu strahlen. "Daebak, danke!!" Somit öffne ich den Reisverschluss und hole die Boxen raus, während Jungkook geht und Stäbchen holt. "Stell das einfach auf dem Wohnzimmertisch ab, das geht schon klar." kommt es aus der Küche. Gesagt, getan, die Boxen stehen offen da. Dann betritt er auch schon das Zimmer und setzt sich neben sich. "Willst du nichts?" ist er verwundert. "Ich habe vorhin bereits gegessen." lüge ich. Somit starre ich die weiße Tischplatte an, während er das mitgebrachte isst und Essgeräusche von sich gibt. "Wollen wir einen Film laufen lassen?" ich nicke und er macht den Fernseher an, geht auf Netflix und lässt einen Film anlaufen, ich glaube ihn nicht zu kennen. "Ich glaube wir haben uns gestern geküsst." unterbricht der Essende meine Aufmerksamkeit zum Film. "Ja.. wir waren kurz davor gewesen... da hast du recht." würge ich aus den Erinnerungen heraus. Meinen Blick immer noch auf den laufenden Bildschirm gerichtet merke ich, dass er die Stäbchen beiseite legt, schluckt und sich zu mir dreht. "Yoona." vorsichtig schaue ich nun auch in seine Augen. "Jungkook." wartend auf seine kommenden Worte sehe ich ihm in seine Augen. Und verfalle. Leider. Verliere mich in seinen Augen. Leider. Nein. Yoona, hör auf. Nein. Nein. Und Himmel er kommt mir wirklich näher. NEIN. "J-Jungkook" will ich ihn von seinem Haben abhalten und seine Augen wandern von meinen Lippen zu meinen Augen. "Yoona " und er kommt trotzdem näher. Sein ernst? Ich kann ja nichts machen. "Yoona mag ich dich, vielleicht?" und er schnappt mir den Atem weg. "Vielleicht eher weniger. Du hast doch was mit Sunmi am Laufen." versuche ich mich zurück in die Realität zu reisen. "Y-Yoona, das hast du ganz falsch verstanden. Sie ist dran schuld. Ich-" Mein Handy fängt an zu klingeln und ich werfe einen Blick auf den leuchtenden Bildschirm. "Entschuldige, da muss ich ran gehen." und nehme das kalte Ding in meine Hand, stehe auf und entferne mich von dem Tisch. "Hallo?" "Yoona-ah! Schön dich wieder zu hören! Mein Junge hat dich ja nicht mitgebracht, da musste ich dich doch gleich anrufen." "Freut mich auch, Frau Kim" antworte ich lächelnd Taehyung's Mutter. "Ich habe gesehen, dass mein Taehyung einige Verletzungen hat und ich wollte mich nur vergewissern, was gestern passiert ist." "Verständlich, er hat gestern einem auffallendem Pärchen mitteilen wollen, dass sie sich nicht vor einem Restaurant Fenster vergnügen sollen, woraufhin ihm der männliche Partner eine verpasst hat weiter auf ihn eingeschlagen.. " erinnere ich mich etwas ungern an den gestrigen Schrecken. "Yoona, sei ehrlich, weißt du, wer das war?" wird die Stimme der besorgten Mutter ernst. Fast schon gruselig. "J-Ja.. " "Entschuldige, das musste gerade wohl etwas einschüchternd geklungen haben.. verzeih mir. Ich soll dir schöne Grüße von Taehyung ausrichten, er vermisst dich schon" lockert sie die Stimmung und ich muss leicht lächeln. "Wie wärs? Ich lade dich und Taehyung zusammen bald zum Essen ein? Ich glaube, das wäre eine gute Möglichkeit, uns wieder zu sehen, nicht?" schlägt sie mir vor. "Aber natürlich." stimme ich ihr zu. Taehyungs Mutter und ich... ich weiß nicht genau was es ist, aber irgendwie haben wir eine Verbindung. Wahrscheinlich sieht sie mich schon als Schwiegertochter, haha. "Mein Taehyung-i ist eh ganz vernarrt in dich und-" "EOMMA!!" schreit eine Stimme im Hintergrund in den Hörer. Taehyungs Stimme. Ich muss lachen. "Jaja, ist ja schon gut, Haha. Also Einzelheiten können wir ja wann anders besprechen, ja? Danke für deine Ehrlichkeit, Yoona. Bis bald!!" somit legt sie auf und ich schaue noch kurz lächelnd auf das Profil, das mich angerufen hatte. Taehyung und ich in einem Park, auf einer Decke sitzend und in die Kamera lächelnd. Wir beide von der Sonne geküsst und deren wärme umgeben, die saftig grüne Wiese unter dem Stoff und Leute im Hintergrund, die auf dem Fußgängerweg liefen und dahinter der blaue Han River und Hochhäuser auf der anderen Seite. Ein wundervoller Tag. Wirklich.

I'm fine [ 괜찮아 ]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt