20, broken angel

40 4 2
                                    

Ich spüre Kälte, die mich umgibt. Das Gefühl der Leere. Und die Leichtigkeit, meine Augen öffnen zu können, was ich aber nicht tue. Am besten ich öffne sie nie wieder. Desinfektionsmittel liegt in der Luft, das Geräusch von Schuhen außerhalb des Raumes ist nicht zu überhören und natürlich auch das Geräusch meines Herzschlages. Der Nachteil an dem EKG ist, dass jeder im Raum merkt, dass man nervös ist, wenn sich der Puls verschnellert, ist das nicht ungerecht? Angestrengt versuche ich durch mein Gehör noch mehr herauszufiltern als nur die eindeutigen Hinweise, die einem Krankenhaus entsprechen. Und es klappt. Das laute Klicken eines Kugelschreibers, einzelne Wortfetzen aus Gesprächen, das nervöse und laure zupfen an Jacken und das Atmen einer Person, die sich in meiner Nähe befinden muss. Es ist nur schwer herauszuhören, aber wenn man es ein mal wahrnimmt, ist es kein leichtes, es wieder zu ignorieren. Bitte lass es keinen sein, den ich vermeiden wollte. Ich meine, wenn jetzt der ganze Raum mit Jungs gefüllt wäre, würde der Arzt vielleicht auf die Idee kommen, ich wäre wegen Überforderung während einer Schwangerschaft umgekippt. Damit ich nicht lache.
Da ich nicht für immer die Augen zu lassen konnte öffne ich sie. "Yoona!!" meint ein besorgt aussehender Jimin, der sofort meine Hand nimmt und mich begutachtet. "Geht's dir gut?? Was ist passiert? Sie meinten, man hätte dich bewusstlos in einem Park gefunden, jemand hatte einen Krankenwagen gerufen und du seiest nicht aufgewacht. Außerdem rufen Jungkook und Jonghyun andauernd an, was soll ich ihnen sagen? Ich wollte noch keinen der Anrufe hinnehmen. Und Taehyung meinte, er komme bald, da ich ihm erzählt habe, dass du hier im Krankenhaus lägest." plappert mein Gegenüber drauf los. "Seit wann bin ich hier?" will ich wissen. "Seit 2 Stunden." beantwortet Jimin mir. Da kommt auch schon der Arzt rein. "Wie ich sehe, sind Sie wach. Wie geht es Ihnen? Irgendwelche Beschwerden?" "Leichte Kopfschmerzen. Sonst geht es mir gut." gebe ich als knappe Antwort. Er notiert sich etwas auf seinem Klemmbrett, leuchtet mir anschließend in meine Augen, um zu sehen, ob meine Pupillen auch funktionieren. "Darf ich gehen?" dränge ich ihn dazu, mich schnellst möglich wieder gehen zu lassen. Das letzte das ich wollte war, jetzt Taehyung zu sehen. Nein. Da spring ich hier lieber aus dem Fenster.

Nach einem kurzen Gespräch durfte ich mich anziehen und mit Jimin das Krankenhaus verlassen. Gott sei dank gibt es Versicherungen. "Soll ich Taehyung schreiben?" hinterfragt Jimin "Du sagst ihm am besten, er solle nicht kommen." starre ich traumatisiert auf den Boden. Nachdem Jimin ein kurzes Telefonat tätigt läuft er auf mich zu, fässt mir an den Arm "Alles okay?" will der besorgte Junge wissen. Und ich breche in Tränen aus, schüttele mit dem Kopf und möchte meinen Tränenfluss nicht stoppen. Sogar wenn es möglich wäre. "Hey... " er nimmt mich in den Arm und ich heule mich an seiner Brust aus, halte mich fest an dem letzten Stück, das mich davor bewahrt, unterzugehen. Das letzte Stück, das mich sozusagen noch am Leben hält. "Ich will hier weg.. ich will niemanden mehr sehen.." schniefe ich in seine Brust und klammere mich wie ein kleines Babyäffchen, schutzlos, an ihn. Er streicht mir beruhigend übers Haar. "Okay... " flüstert er mir und ich beruhige mich wieder etwas. "Du möchtest Tae also auch aus dem Weg gehen, ja?" vergewissert er sich, woraufhin ich nicke. "Wo sollen wir da bloß hin, hm?" meint er, bringt mich zum leichten lächeln. "Bleiben wir einfach daheim... " "Und ignorieren den Rest der Welt" fügt Jimin lächelnd hinzu, nimmt meine Hand und führt uns zur nächsten Bushaltestelle.
Ja. Wir nutzen öffentliche Verkehrsmittel. Unsicher nehme ich mein Handy heraus, schaue auf den Namen, der mich anruft und starre die grüne und rote Taste an. Jimin wirft auch einen Blick drauf, dann auf mich und nimmt es mir weg, schaltet es aus und steckt es in seinen Mantel. "Das verwahre ich jetzt für's erste hier. Yoona muss ja einen kräftigen Grund haben, einen so guten Freund nicht sehen zu wollen." bezieht er sich rechthaberisch auf Taehyung, woraufhin ich erschöpft meinen Kopf auf seine Schulter lege, müde meine Augen schließe und seinen Duft einatme. Unsere Finger sind verschränkt in seiner Manteltasche gewärmt und ich bin dankbar dafür, immer noch Jimin an meiner Seite zu haben. "Daheim erzählst du mir alles, ja?" murmelt mir Jimin zu und ich nicke nur.

I'm fine [ 괜찮아 ]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt