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*Ich sah ihm fest in die Augen und sagte:
"Ich glaube dir"*

Yoongis PoV:

Seine Worte waren kaum zu glauben, taten meiner Seele aber unglaublich gut. Bis jetzt hatte niemand meiner Geschichte Glauben geschenkt. Dass es jetzt dieser Gefängniswärter ist, der mir glaubt, ist irgendwie unglaubhaft. Aber ok. Ist ja nicht so, als hätte man als Gefängniswärter keinen Verstand.

Ich brachte ein kleines "Danke" über meine Lippen und sah auf die Tischplatte. Peinlicherweise fing jetzt mein Magen an zu knurren. Das brachte Taehyung zum Lachen. Sein Lachen war genauso tief wie seine Stimme, kurz gesagt: es war wunderschön..

Er fragte mich, ob ich was von seinem Rührei, das mittlerweile leider kalt geworden war, haben wollte. "Ich kann aber extra noch was für dich zubereiten. Willst du warmes Rührei?", fragte er mich. Er war so freundlich und behandelte mich nicht wie einen Häftling. Das war ich gar nicht gewohnt.

"Oh ja, warmes Rührei klingt super...im Gefängnis bekommen wir nur ekligen Fraß vorgesetzt..." Mitfühlend sah mich Taehyung an. "Ja stimmt. Das sieht nicht so gut aus, das Essen im Gefängnis." "Und schmeckt auch eklig", fügte ich mit angeekeltem Gesicht hinzu.
Taehyung schlug weitere fünf Eier in die Pfanne und machte mir daraus Rührei. Als er mir die dampfenden Brocken vor die Nase stellte, lief mir das Wasser im Mund zusammen. Aber ich dachte an das kalte Rührei.
"Taehyung? Machen wir 50:50? Ich will nicht, dass du nur kaltes Rührei bekommst. Wir teilen, das ist gerechter." Baff sah er mich an, den Mund leicht geöffnet. So viel Nettigkeit hätte er mir anscheinend nicht zugetraut.
Dann nickte er und teilte die kalten und heißen Rühreier jeweils durch die Hälfte.

Pappsatt lehnte ich mich im Stuhl zurück und rieb mir über den Bauch. "Komplimente an den Koch", scherzte ich leicht und sah ihm dankbar in die Augen. Taehyung lächelte, jedoch nur kurz.
"Yoongi...wie geht es jetzt weiter? Du bist auf der Flucht...und eigentlich...müsste ich dich melden..."

Ba-dumm! Das unvermeidbare Thema wurde angesprochen.

Taehyung's PoV:

Ich bekam allein davon schon Gewissensbisse, dass ich nicht schon längst meine Kollegen verständigt habe. Aber...ich weiß nicht...irgendwie hält mich etwas Undefinierbares davon ab, Yoongi zu melden. Was ist es nur?

Suga sah mich beunruhigt und dann fast schon panisch an. "Bitte meld mich nicht, ich will nicht wieder in den Knast, ich bin unschuldig! Ich...ich...es ist dort schrecklich! Ich ertrag es nicht noch 12 Jahre. Bitte!" Er schaute mich herzzerreißend an, wie ein ausgesetzter Hund, der mich überreden will ihn aufzunehmen. "Ich...ich könnte doch für eine Weile bei dir bleiben und..." Yoongi suchte nach Worten.
"Und ich...mache dir den Haushalt, koche für dich. Ich mach alles, aber bitte schick mich nicht ins Gefängnis zurück!", flehte er mich jetzt an. Gerade war er nicht wie sonst angsteinflößend, er wirkte eher wie ein kleines Kind, das keinen Hausarrest bekommen will.

Ich fasste einen Entschluss. "Yoongi hör mir zu. Wenn ich dich bei mir aufnehme, werde ich zum Mitwisser. Ich verstecke einen Ausbrecher und muss meine Kollegen anlügen, wenn nicht sogar meinen Chef. Ich weiß nicht, ob du mir nicht einfach Sachen klaust oder mir was antust und mich nur benutzt. Das wäre sehr risikoreich und mein Job steht auf dem Spiel."

Yoongis PoV:

Mit jeder neuen Aufzählung negativer Folgen schwand meine Hoffnung zusehends. Nach dem letzten Satz machte Taehyung eine kleine Pause und sah mich durchdringend an. Dann erhob er seine Stimme zum endgültigen Urteil. Und ich staunte Bauklötze, als ich seine Worte vernahm.

"Trotz alledem werde ich dich bei mir aufnehmen."

War das sein Ernst?
"Ist das dein Ernst?", fragte ich ihn ungläubig. Als er das bejahte, lächelte ich fassungslos und konnte es nicht lassen, ihn zu umarmen. "Ich bin dir so unglaublich dankbar, Taehyung! Ich kann es gar nicht fassen, dass du für mich so viel aufs Spiel setzt. Ich... ich glaube ich stehe für immer in deiner Schuld."

Taehyung grinste. "Ich komm darauf zurück, wenn ich von dir einen Gefallen brauche." Mir machte das nichts aus, jedenfalls gerade im Moment nicht. Für den Moment war ich einfach glücklich.

"Taehyung? Wo darf ich schlafen?", fragte ich ihn, nachdem ich Geschirr gespült und den Tisch abgeräumt habe. Langsam wurde ich nämlich müde. Kurz schaute er mich verständnislos an, so als würde ihm gerade eben erst bewusst werden, dass ich ja somit auch bei ihm schlafen würde. Er fasste sich ziemlich schnell und antwortete mir zögernd.

"Also, ich hab kein Gästezimmer und keine genügend große Couch...von daher müsstest du mit mir in meinem Bett schlafen. Es ist ein Doppelbett."
Ich riss meine Augen auf. Mit ihm...im Bett? Oh man, das konnte ja heiter werden, da ich schwul war und mich soetwas leicht erregen konnte...
Aber guuuuuuuuuut 😑

"Ja, ok. Können wir machen.", sagte ich nur knapp und legte mich aufs Bett. Taehyung schaltete das Zimmerlicht aus und legte sich zögernd neben mich.
Dann knipste er das Nachttischlicht aus und wünschte mir eine Gute Nacht. Ich wünschte ihm nach kurzem Zögern auch eine Gute Nacht und schloss meine Augen. Im Gefängnis hatte niemand einem eine Gute Nacht gewünscht. Höchstens mal zugerufen, er solle gefälligst das Maul halten, weil Schlafenszeit ist. An nette Worte und Taten musste ich mich erst wieder gewöhnen.

Ich nahm einen süßen Duft wahr, der wahrscheinlich von Taehyung ausging. War das...Vanille? Es roch gut und beruhigte mich. Ich sog den Geruch tief ein und schlummerte bald ein.

Ich träumte von Vanille.

Ende des Kapitels 💜

The Prisoner [Taegi]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt