Wie beflügelt laufe ich den Weg an der Weide zurück nach Hause. Allerdings habe ich ein schlechtes Gewissen, weil ich Eron so lange von seiner Arbeit abgelenkt habe. Sollte ich vielleicht einen Umweg einplanen und Trevor aus dem Weg gehen?
Nein. Wenn ich das mache, bekommt Eron wieder unglaublichen Ärger. Ich muss für ihn den Kopf hinhalten.
Der kleine kürbisköpfige Mann wartet auch schon ungeduldig bei dem Gemüsebeet. Er schaut mich kritisch an. Ja, an mir ist noch alles dran. Also ehrlich, langsam wird das lästig. Ich vertraue Eron. Irgendwann sollte Trevor auch damit anfangen.
„Entschuldigung, ich habe Eron von der Arbeit abgehalten, weil ich ihn etwas fragen wollte. Bitte schimpfen Sie nicht mit ihm, Trevor."
Er sieht verwundert aus.
„Sie scheinen die Einzige zu sein, die kein Problem mit dem Burschen hat."
Ja warum sollte ich auch. Er ist doch bloß so abweisend und mürrisch geworden, weil man ihm auch nichts anderes entgegen gebracht hat. Doch sobald man ihn als gleichwertig behandelt, sieht man wie umgänglich er sein kann. Naja weitestgehend.
Ich freue mich jedenfalls darauf, dass er meine Einladung nicht ausgeschlagen hat.
„Ich muss jetzt gehen, aber machen Sie sich keine Gedanken wegen des Zauns. Eron wird ihn definitiv noch fertig machen."
Mit diesem Versprechen lasse ich Trevor zurück und laufe eilig nach Hause. Schließlich muss ich das Essen vorbereiten. Es fühlt sich fast so an, als hätte ich ein Date. Leider ist es das nicht...oder doch? Ich bin mir nicht sicher. Vielleicht ist es auch nur eine Gelegenheit Eron besser kennen zu lernen. Jedenfalls scheint er sich auch ein kleines bisschen für mich zu interessieren, sonst hätte er nicht nach meinen Träumen gefragt.
Eine halbe Stunde später stehe ich mit Kochschürze und Kochlöffel bewaffnet in der Küche und bereite einen Eintopf vor. Ich hoffe mal er mag Gemüse. Doch ein bisschen Fleisch gehört auch dazu. Ich entscheide mich für Lamm und schneide es in kleine Würfel. Ich gebe es in den Topf und lasse es ein wenig in der Gemüsebrühe schmoren, bevor ich das eigentliche Gemüse hinzugebe.
Das riecht so lecker. Wehe er isst es nicht.
Es ist schon nach Acht, als ich einen Blick auf die Uhr werfe. Oje, bei mir siehts noch immer ziemlich chaotisch aus. Während der Eintopf langsam vor sich hin köchelt, räume ich die Wohnung auf und versuche mein Äußeres zu retten. Die Locken flechte ich mir zurück – was besser als ein Knoten aussieht – und ziehe mir schnell noch frische Kleider an. Eine halblange helle Hose und ein weißes Shirt. Das ist besser.
Um halb Neun klingelt es an der Tür. Er ist wirklich gekommen. Ich kann nicht leugnen, wie sehr mich das freut.
„Hey!", grüßt er zurückhaltend und ich bitte ihn herein. Dabei fällt mir auf, dass er nicht mehr seine dreckigen Arbeitsklamotten an hat. Er hat sich umgezogen und geduscht. Er hat sich seine sonst so wild abstehenden Haare gekämmt. Sie fallen ihm immer noch strähnig ins Gesicht, sehen aber etwas ordentlicher aus.
Ich bin richtig beeindruckt.
„Hallo Eron! Du kommst gerade richtig."
„Ach ja?"
Ich nicke fleißig und schließe die Tür hinter ihm.
„Es gibt Eintopf und ich hoffe du hast nach der harten Arbeit Hunger mitgebracht."
„Du hättest dir wirklich nicht die Mühe machen müssen."
„Aber ich habe es doch angekündigt, also mache ich es auch. Bitte nimm Platz."
Ich deute auf einen der beiden Küchenstühle. Meine Küche ist zwar nicht sonderlich groß, aber für einen Zwei-Personen-Tisch hat es gereicht.
„Das ist das erste Mal, das mich jemand zu sich einlädt, geschweige denn für mich kocht."
„Wirklich?"
Das ist echt bedauernswert. Er hat keine Freunde. Wie hält man das aus? Ich freu mich schon auf meinen anstehenden Geburtstag nächste Woche und überlege, wie ich meine ganzen Freunde in meiner kleinen Wohnung unterbringe. Das sind Sorgen, die ein Mensch in unserem Alter haben sollte. Eron kennt sowas nicht. Ich finde das muss sich ändern.
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ERON
FantasíaAllmende - eine Kleinstadt am Rande eines düsteren Waldes gelegen - birgt ein großes Geheimnis. Die Menschen wissen nicht, dass außer ihnen noch andere Wesen jenseits ihrer Felder leben. Es lauert etwas im Wald. Das ahnt auch die neunundzwanzigjähr...
