- Sophias Sicht -
„Master of International Business Law"... Ich konnte es irgendwie immer noch nicht fassen, als ich mich auf die Couch fallen ließ. Ich hatte wirklich den Abschluss im Bereich des internationalen Wirtschaftsrechts in der Tasche. Von einer Regelstudienzeit konnte ich nur träumen, dafür hatte ich in den letzten Jahren die Möglichkeit einige Praktika bei renommierten Kanzleien zu absolvieren, weshalb ich die Theorie bereits während des Studiums mit der Praxis verbinden konnte. Viel Arbeit, wenig Schlaf, viel Stress und nur wenige Ruhepausen waren nie ein Problem für mich gewesen. Ja, ich war ein Workaholic und ich gebe gerne zu, dass ich es auch manchmal einfach übertreibe und mir besser das ein oder andere Mal eine Auszeit hätte nehmen sollen. Aber jetzt kann ich stolz drauf sein, was ich erreicht habe. Ich konnte den Menschen gegenübertreten, die mir das Studium nicht zugetraut haben, die mir nicht zugetraut haben auf eigene Faust nach Helsinki nach der Schule zu ziehen. Ich hatte es geschafft und ich war stolz auf mich. Wohin mich der Weg jetzt führen würde, ich wusste es noch nicht. Und ein kleiner Teil in mir fand es immer noch nicht besonders toll, dass ich mich für ein spontaneres und freieres Leben in den nächsten Monaten entschieden hatte. Ich schaute auf die Uhr. „FUCK!", war der einzige Gedanke, den ich hatte. Es war schon halb sieben und in anderthalb Stunden würde Kaisa hier auftauchen und ich hasste nichts mehr, als dann noch nicht fertig gemacht zu sein. Ich war keinesfalls eitel, aber dass mich jemand beim Fertigmachen beobachtete, konnte ich absolut nicht leiden. Es setzte mich dabei unter Druck den Schwung des Eyeliners auf beiden Seiten ansatzweise gleich aussehen zu lassen.
Okay, man sollte ehrlich zu sich selber sein: Bei mir sah noch nie ein Augenmakeup auf beiden Seiten gleich aus. Ich konnte es einfach nicht, aber mir war es auch nicht so wichtig und vielleicht würde ich den Eyeliner heute sogar ganz weglassen. Kaisa hatte sicherlich genug Makeup für uns beide aufgetragen, da musste ich mir keine Sorgen machen, auch wenn ich ihr immer wieder versuche zu erklären, dass sie das gar nicht nötig hat und die schönste Person ist, die ich je kennengelernt hatte. Ihre Ausstrahlung, ihre Augen, ihr Look – hach, dieses Mädchen war echt eine Schönheit. Ich drehte das Radio auf und begann mich fertig zu machen. Und was soll ich sagen, mein Outfit war wie immer das gleiche: Basic-Shirt, zerrissene Mom-Jeans, Sneaker. Konnte es ein bequemeres Outfit geben? Für mich sicher nicht. Und mit ein paar Accessoires wurde daraus schneller ein Look, als manche es denken würden. Noch ein paar Spritzer meines Lieblingsparfums und ein lockerer Dutt... Ich warf einen prüfenden Blick in den Spiegel und ich war tatsächlich zufrieden. Während ich in der Küche noch ein paar Snacks vorbereitete, klingelte es an der Tür.