Chapter 5

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Von der einen auf die andere Sekunde schien sich etwas in Mark zu regen. Sein weicher und liebevoller Blick wurde plötzlich klar und anstatt den letzte Abstand zwischen uns zu überbrücken, beugte er sich zur Seite und hauchte mir einen kurzen Kuss auf die Wange, ehe er mich in eine Umarmung zog.

Völlig verwirrt kehrte auch ich wieder in die Realität zurück. Waren wir gerade kurz davor gewesen, uns zu küssen? Das leichte Stechen in meiner Brust, als ob meinem Herzen ein Riss zugefügt worden war, verwirrte mich nur noch mehr. Was war denn nur los mit mir?

Keiner von uns wollte die Umarmung beenden. Wahrscheinlich hatten wir beide Angst vor der folgenden unangenehmen Situation, da weder er noch ich wusste, was wir sagen oder tun sollten.
Marks Griff lockerte sich, woraufhin ich mich ebenfalls zögernd von ihm löste und ihm vorsichtig in die Augen schaute.
In seinem Blick lag Bedauern. Ich konnte mir jedoch nicht erklären, ob diese daraus resultierte, dass er mich fast geküsst hatte oder dass er den Kuss nicht zu Ende gebracht hatte.

„Ähm...ich denke, ich geh dann auch mal ins Bett", murmelte ich zögernd und erhob mich von der Bank. Ich war völlig überfordert mit der Situation und wollte mich nur noch in meinem Bett verkriechen.

Mark schien komplett in Trance zu sein, da sein Blick völlig ins Leere ging. Er reagierte nicht, als ich aufstand und mich langsam in Richtung Tür bewegte. Meine Hand berührte bereits das kühle Metall der Klinke und ich war kurz davor diese zu betätigen, um die Tür aufzustoßen, als ich leise Marks Stimme hinter mir vernahm.

„Lena?", es war nur ein leises Flüstern, doch schwang so viel Wehmut in seiner Stimme mit, dass sich sofort eine Gänsehaut über meinem gesamten Körper ausbreitete. Ich nahm meine Hand wieder von der Klinke und drehte mich zu ihm um. Er saß immer noch auf der gleichen Stelle, hatte jedoch seinen Blick mir zugewandt.
„Alles gut?", fragte er zögerlich und spezifizierte seine Frage, als ich nicht antwortete: „Zwischen uns, meine ich."

Nichts war gut. Am liebsten hätte ich mich weinend in seine Arme geschmissen. Ich wollte, dass er mir sagte, dass alle gut werden würde. Aber ich konnte nicht. Nicht, wenn es ihn betraf. Ich hatte den Kuss gewollt und mich in dem Moment nach seinen Lippen gesehnt. Aber genau das durfte ich nicht. Sofort plagte mich Max gegenüber ein schlechtes Gewissen.
Jetzt war ich noch verwirrter als vorher.

Allerdings wollte ich unsere Freundschaft auf keinen Fall unter meiner Unklarheit leiden lassen. Ich wollte und konnte mich jetzt nicht von Mark distanzieren.
Zudem hatte ich nicht die Absicht, ihm das Gefühl zu geben, dass dieser Fastkuss zwischen uns stehen würde. Ich wusste ja nicht mal, was dieser überhaupt zu bedeuten hatte, geschweige denn, was in Mark vorging.

Also schüttelte ich nur mit dem Kopf, um meine Gedanken zu vertreiben, und versuchte ein leichtes Lächeln.
„Alles gut", erwiderte ich und hoffte, dass Mark mir glauben würde.
Beruhigt stellte ich fest, dass er nickte und mein Lächeln erwiderte.
„Das freut mich. Ich brauch dich nämlich, Leni", setze er etwas schüchtern hinterher und suchte den Blickkontakt mit mir.

In seinen Augen konnte ich wieder diese Ehrlichkeit erkennen, doch meinte ich dieses Mal noch etwas anderes zu sehen. In seinem Blick lag Sehnsucht, was seine Worte nur noch unterstützte.
„Geht mir genauso", antwortete ich ihm und lächelte immer noch leicht. Meine Worte ließen auch seine Mundwinkel nach oben zucken und ein warmes Grinsen zeichnete sich auf seinem Gesicht ab.

„Schlaf gut und denk nicht so viel über alles nach", waren seine letzten Worte an mich. Das war definitiv leichter gesagt als getan. Ich befürchtete schon, dass ich in dieser Nacht kein Auge zu machen würde, weil mir mein Kopf keine Ruhe lassen würde.
„Gute Nacht", sagte ich deshalb nur und drückte die Tür auf, trat ins Haus und schloss sie wieder hinter mir.
Sofort lehnte ich mich gegen die Wand und seufzte hörbar aus.

What a plot twist you were Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt