23.2 Alinas Zustand

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Irgendwann folgte sie dem weißen Drachen wieder Richtung Boden, auf eine hügelige Landschaft zu, bedeckt mit tiefgrünem Gras, das nur von einem großen See unterbrochen wurde. Nicht weit davon, stand ein riesiges Holzhaus mit einem roten Dach.

Sie landeten in der Nähe des Ufers und Lenius stürzte sich, kaum das Nevin und Dilek abgestiegen waren, auf das kühle Nass zu. Elyon sprang von ihrem Nacken und stupste Alina in Richtung des Sees. Sie folgte Lenius' Beispiel und füllte ihren Körper mit frischem Wasser.

Als Alina ihren Kopf wieder hob, kamen sechs Menschen auf sie zu marschiert. Die Gruppe wurde von einem breit gebauten Mann angeführt, in dessen braunes Haar die ersten grauen Strähnen zu sehen waren. Obwohl seine Augen einen warmen Braunton hatten, dieselbe Farbe wie Nevins, wirkten sie so hart wie Eisen. Er stampfte mit solch gewaltigen Schritten auf sie zu, dass Alina am liebsten wieder weggeflogen wäre. Das musste, ohne Frage, der Kaiser sein.

Gleich hinter ihm liefen zwei jüngere Männer. Diese hatten eine so helle Haut und hellblonde Haare, dass sie fast weiß aussahen. Die Ausnahme waren ihre hellroten Nasen und Wangen, die in der Mittagssonne glühten. Dazu kam die geschwungene Form ihrer Nase und die dünnen Lippen, die ihnen eine fremdländische Wirkung gaben. Sie waren nicht so edel gekleidet wie ihre Begleiter, sondern in einfachen, dunkelbraunen Roben die ihre Körper bis knapp über den Füßen bedeckten. Ihre wasserklaren Augen starrten zunächst die Drachen, dann Elyon neugierig an, mit einem leisen Lächeln auf den Lippen.

Den Schluss der Gruppe bildeten drei junge Männer, alle mit langen Haaren, ähnlich frisiert und gekleidet wie Elyon und Nevin. Einer hatte hellbraunes Haar und sah ungefähr so jung aus wie Nevin, die zwei anderen trugen im Gegensatz zu dem Jüngling kurze, fast schwarze Bärte und hatten dicke Augenbrauen, wie die des Kaisers.

Als der Herrscher vor ihnen stand, fielen Nevin, Dilek und Elyon auf ein Knie, falteten die Hände ineinander und hoben sie ihm entgegen.
»Mögen Kraft, Weisheit und Mitgefühl Euch leiten und Eure Jahre ewig sein, Eure Kaiserliche Majestät«, riefen sie wie aus einem Mund.

»Erhebt euch«, sagte der Kaiser und sie folgten seinem Befehl. Es herrschte kurz Stille, während die harten Augen des Kaisers über sie glitten. Als er die Drachen ansah, verfinsterten sich die braunen Augen noch weiter, dann wandte er sie Elyon zu.

»Prinzessin Elyon. Es ist mir eine Freude Euch endlich wieder zu treffen.«
»Die Ehre und Freude sind ganz meinerseits«, sagte Elyon langsam und etwas heiser.

Gier lag im Lächeln des Kaisers, als er sich zu den zwei hellblonden Ausländern umdrehte. Beide nickten ihm zu, bevor er wieder zu Elyon sprach.
»Eure Hoheit, meine Begleiter würden Euch gerne näher betrachten und untersuchen, wenn das in Ordnung ist. Da ich gehört habe, dass Eure Gesundheit in letzter Zeit zu leiden hatte, dachte ich mir, dass meine Gäste Euch vielleicht helfen könnten.«

Ohne auf Elyons Zustimmung zu warten, winkte der Kaiser die zwei fremdländischen Männer nach vorne. Elyon ballte die Fäuste und ging einen Schritt zurück, als sie näher kamen.
»Nicht ängstigen. Nichts Schlimmes wird passieren«, sagte der Ältere von ihnen in gebrochener Sprache. Er hatte langes, dünnes Haar in zwei Zöpfen gebunden, genauso wie seinen langen Bart, während der andere Mann beides sehr kurz trug und einen dünnen, grünblauen Strich an seinem linken Ohrläppchen hatte.

»Name ist Halka«, stellte sich der Mann mit den Zöpfen vor und verbeugte sich. »Bitte, darf ich Hand nehmen?«
Elyons Brauen zogen sich misstrauisch zusammen und sie starrte die dargebotene Hand an, als würde sie diese um keinen Fall anfassen wollen. Doch dann streckte sie vorsichtig ihre aus.

Halka kam ihr mit seiner entgegen und berührte mit den breiten Fingerspitzen Elyons Handfläche. Das Mädchen riss erschrocken die Augen auf, als hätte sie einen gewischt bekommen. Sie zog an ihrer Hand, doch diese verharrte wie festgeklebt an den Fingern des Fremden.

Elyons Fluch | Band 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt