Morkan

Kapitel 2

Ich hasste die Mittagspausen unserer Schule. Sie waren laut, voller Gedränge und, mitunter eines der schlimmsten Dinge, gab es keinen einzigen Ort, an dem man hätte entspannt lernen können. Genau eine solche Pause erwartete mich an meinem ersten Schultag. Lisa war auf Toilette und ich stand herum und wünschte mich in die ruhige Bibliothek. Ich seufze. Die Stille, der Duft nach alten Büchern und das gelegentliche Rascheln von Blättern. Ich begann zu lächeln. Die Bibliothek war wirklich eine meiner Lieblingsorte. Ich schloss meine Augen und versuchte mich mental in die Bibliothek zu versetzen. Doch schon nach wenigen Sekunden holte mich eine unbekannte Stimme aus meinen Gedanken zurück in den hektischen Schulgang.

,,Hey!''.

Ich öffnete meine Augen. Vor mir stand Zoe und blickte mich mit ihren wunderschönen grünen Augen an. Mein Herz setzte einen Schlag aus und ich merkte augenblicklich, wie eine unbändige Wut in mir hochstieg. Ich biss meine Zähne zusammen und unterdrückte das Gefühl.

,,Hi!'', antwortete ich verlegen und strich mir unruhig eine meiner braunen Locken hinters Ohr.

Ich wollte mir auf gar keinen Fall sie zum Feind machen. Schon gar nicht am ersten Schultag. Nach dem Herzgebreche von heute früh war ein neuer Feind das Letze was ich jetzt gebrauchen konnte. Sie lächelte mich mit ihrem perfekten Lächeln an. War da nicht ein hauch von Häme?

,,Du bist Melody, richtig? Was für ein schöner Name''.

Ich merkte, wie ich augenblicklich rot wurde und senkte meinen Blickt.

,,Danke'',

krächzte ich hervor und ich spürte, wie sie meine Hand nahm.

,,Willst du mit mir ein Bisschen durch die Gänge gehen? Ich weiß nicht, was ich machen soll und... ich fand es angemessen, mich mit meinen Mitschülern bekannt zu machen''.

Ich blickte zu ihr auf und setzte wiederwillig mein schönstes Lächeln auf. Sogar freundlicher als ich war sie.

,,Klar!'',

antwortete ich und wir bogen in einen etwas leereren Gang ein. Eine Weile gingen wir schweigend nebeneinander her, warfen uns gegenseitig verstohlene Blicke zu und betrachteten die Bilder, die an den Wänden aufgehängt waren. Anscheinend hatte sie ebenfalls keine Ahnung wie sie ein Gespräch mit mir anfangen sollte.

,,Die Sache mit Frau Katolz heute Morgen war von ihr ja wirklich voll daneben!'',

brach sie endlich das Schweigen und sah mich mitfühlend an. Ich fuhr mit meiner Zunge über die erst frisch verheilte Wunde an meiner Unterlippe und zuckte mit den Schultern.

,,Naja! Irgendwie werde ich das Jahr schon herumkriegen. Es ist nur ein Fach und so schlecht bin ich der Schule auch nicht, dass ich deshalb durchfallen könnte''.

Zoe nickte verständnisvoll, was in keiner Weise echt wirkte. Schließlich bogen wir in einen schmalen Nebengang ein. Erst nach einigen Sekunden merkte ich, dass sich kein einziger Schüler im Gang befand. Moment! Mein Herz sank mir in die Hose. Kein Gang war jemals leer. Mein Puls begann zu rasen. Etwas war faul. Und das stank bis zum Himmel. Ich blieb stehen. Auch Zoe blieb stehen und sah mich fragend an. Diesmal konnte ich allerding mehr als nur einen Hauch von Ungeduld in ihrem Blick mitschwingen sehen. ,,Ich glaube... ähh... Lisa sucht nach mir''. Langsam machte ich ein paar Schritte nach hinten und Zoes Lächeln verschwand mit jedem Schritt mehr. ,,Vielen Dank, aber ich glaube ich gehe jetzt lieber''. Ich drehte mich um und erstarrt zu einer Salzsäule.

Zwei Mädchen, die ich zwar nicht persönlich kannte, dessen Gesichter mir allerdings aus der meiner Jahrgangsstufe bekannt vorkamen, standen ein paar Meter von mir entfernt und versperrten mir den Weg zur Tür.