3. Kapitel

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EICHHORNSCHWEIFS SCHRECK war für Blattsee so deutlich spürbar, als würde ihr Schock sich wie Wellen im Wasser verbreiten. "Du erwartest Junge!?" miaute die Kriegerin, als sie die Sprache wiedergefunden hatte. "Aber du bist Heilerin, wie kannst du da...?" Eichhornschweif brach ab. "Krähenfeder!" fauchte sie "Dieser WindClan-Flohpelz macht nur Ärger! Was willst du jetzt tun? Heilerinnen dürfen keine Jungen bekommen."Blattsee sank noch weiter in sich zusammen. Sie fühlte sich miserabel. Seid sie ihre Trächtigkeit bemerkt hatte, dachte sie fast ständig über diese Frage nach, doch eine Lösung schien es nicht zu geben. Nachdem sie sich ihrer Schwester mitgeteilt hatte, saßen beide schweigend da. Eichhornschweif schien angespannt nachzudenken, doch Blattsee war zu sehr in ihren Schuldgefühlen gefangen. Wie hatte sie sich nur jemals mit Krähenfeder einlassen können!? Doch für Reue war es zu spät. Sie war zu ihrem Clan zurückgekehrt und musste hier nun mit den Folgen ihres Fehlers leben.Eichhornschweif riss Blattsee aus ihren Gedanken. "Wenn du allen erzählst was passiert ist, riskierst du deinen Platz im Clan. Du hast nicht nur gegen Heiler-, sondern auch gegen das Kriegergesetz verstoßen. Aber wenn du nichts von deinen Jungen verrätst, musst du entscheiden was du mit ihnen tust, du kannst sie nicht mit zum Clan bringen." Blattsee sträubte unruhig ihr Fell. Sie konnte doch ihren eigenen Jungen nichts antun! Obwohl die Jungen gar nicht geboren werden durften, verspürte sie doch einen mütterlichen Beschützerinstinkt für sie. Eichhornschweif spürte ihr Unbehagen. "Keine Sorge, wir werden eine Lösung finden. Bis du dich entschieden hast, sollte die Sache erst mal unser Geheimnis bleiben." 

In der nächsten Zeit schwoll Blattsees Bauch an. Sie fraß wenig um ihre Fülle zu verbergen. Dennoch miauten schon bald einige Katzen, sie würde wohl zu viel Frischbeute genießen. Ihr tatsächlicher Fressmangel sorgte dafür, dass Blattsee nur noch erschöpfter war, als durch die Schwangerschaft sowieso schon. Sie geriet immer leichter außer Atem und die Jungen in ihren Bauch waren auch schon sehr aktiv. Jeden Abend fiel die Heilerin todmüde in ihr Nest, nur um, so kam es ihr jedenfalls vor, bloß Herzschläge später genauso erschöpft zu erwachen. Sie träumte fast jede Nacht schlecht und die Sorge zerrte zusätzlich an ihr. Dennoch konnte sie auch nicht leugnen, dass sie manchmal liebevoll auf das Gewusel in ihren Bauch horchte und bei dem Gedanken an die Jungen, die da in ihr wuchsen auch zunehmend Liebe verspürte.Heute war ein besonders anstrengender Tag gewesen und Blattsee kam erst weit nach Mondaufgang in ihr Nest. Eigentlich hatte sie erwartet sofort einzuschlafen, doch sie wälzte sich noch lange umher. Als sie die Augen setzend aufschlug, sah sie um sich herum dichten Wald. Sie war beim SternenClan. Erstaunt setzte Blattsee sich auf. Es war doch noch lange nicht Halbmond. Sie war allein auf der, von dichtem Farn und Ginster umgebenen Lichtung, doch als sie sich grade auf die Suche nach einer SternenClan-Katze umsehen wollte, trat Tüpfelblatt aus einem Farndickicht. Der vertraute Anblick der ehemaligen DonnerClan-Heilerin, die sie schon oft in ihren Träumen besucht hatte, beruhigte Blattsee etwas. „Tüpfelblatt, was mache ich hier?" fragte sie. „Gibt es etwas wichtiges was der SternenClan mir sagen will?" „Keine Sorge meine Liebe." Miaute Tüpfelblatt sanft. „Ich denke du weist warum du hier bist. Ich wache über dich seit deinem ersten Tag als Heiler-Schülerin und mir entgeht nicht wenn du ein Problem hast und meine Hilfe brauchst."Nervös sah Blattsee hoch. Sie hatte erwartet, dass der SternenClan ihr zürnen würde, weil sie das HeilerGesetz gebrochen hatte, doch in Tüpfelblatt Augen waren weder Zorn, noch Anklage zu entdecken, sondern nur Mitleid und Sorge. Und plötzlich strömte alles aus Blattsee heraus. „Ich erwarte Junge, aber ich wollte das nicht. Als Rußpelz starb, habe ich mir geschworen meinem Clan von nun an immer treu zu bleiben und mich nicht mehr davon ablenken zu lassen, mich um meine ClanGefährten zu kümmern. Aber jetzt weiß ich nicht was ich tun soll, bitte Tüpfelblatt du musst mir helfen!" „Beruhige dich." Tüpfelblatts Gesicht zeigte Verständnis und Mitgefühl. „Ich kann dir nicht sagen was du tun sollst, aber ich kann den Rat wiederholen, den ich dir schon einmal gegeben habe: Du musst deinem Herzen folgen. Tief in deinem Inneren weißt du, was richtig ist."Blattsee seufzte. „Es ist so schwer, das Richtige zu erkennen. Ich habe mich schon einmal falsch entschieden, was wenn es mir nochmal passiert?" Tüpfelblatt sah sie lange an. „War deine Entscheidung mit Krähenfeder zu gehen wirklich falsch? Hast du nicht dadurch erst erkannt, wohin dein Herz wirklich gehört? Du bist nicht die erste und nicht die letzte Heilerin, die Junge bekommt. Nicht immer sind Richtig und Falsch klar zu erkennen. Höre auf dein Herz." Tüpfelblatt legte ihr die Schnauze an die Wange und Blattsee wurde ruhig. Wärme durchströmte sie, sie schloss die Augen und konzentrierte sich. Nach einer Weile öffnete sie die Lider wieder. „Vielen Dank Tüpfelblatt, jetzt weiß ich was ich tun will. Ich werde meine Jungen nicht aufgeben. Sie sollen als loyale DonnerClan-Katzen aufwachsen. Es geht hier um sie, nicht um mich." „Eine weise Entscheidung." miaute Tüpfelblatt. „Denk auch daran, dass du nicht allein bist. Deine Schwester steht an deiner Seite, sie kann dir helfen. Und auch ich werde immer bei dir sein."Tüpfelblatt begann sich aufzulösen und Blattsee blieb allein zurück. Tüpfelblatt schien eine Last von ihr genommen zu haben. In diesem Moment freute sie sich auf die Jungen und verspürte eine uneingeschränkt Liebe zu ihnen. Blattsee nahm noch einen letzten Rest von Tüpfelblatts süßem Duft war und hörte ihre Stimme. 'Ich werde immer über dich wachen, du bist nie allein.' Dann glitt sie in einen traumlosen, tiefen Schlaf über.  

Blattsees Geheimnis (Warrior Cats Short Adventure)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt