Kapitel 53

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• J O N A H •

Mit besorgtem Blick schaue ich auf meinen Freund herunter, dessen Hand ich seit einer Stunde kein einziges Mal losgelassen habe.

Er liegt geschwächt im Krankenbett und versucht trotzdem immer wieder seine Eltern und mich zu beruhigen, dass wir uns nicht so große Sorgen machen sollen.

Er hat leicht reden.

Als der Anruf kam, konnte ich es kaum glauben. Dass Zach mit starken Herzproblemen im Krankenhaus liegen würde. Ich habe mir das Schlimmste ausgemalt, als ich mir in Windeseile irgendeinen Hoodie und eine Jacke geschnappt und übergezogen habe, und dann hierher gefahren bin.

Es wirkte so surreal. Immerhin haben wir noch ein paar Stunden zuvor miteinander telefoniert. Und in der Schule wirkte er auch relativ aufgeweckt.

Doch schon als mich Elijah mitten in der Nacht angerufen hat, dachte ich mir, dass das nichts Gutes zu bedeuten hätte. Aber jetzt gegenüber von ihm und seinem Ehemann zu sitzen, und wir alle auf die Untersuchungsergebnisse warten, macht es noch um einiges nervenaufreibender.

Zach sieht gar nicht gut aus. Wenn es überhaupt möglich ist, ist er nun noch blasser. Das erste Mal, seit ich ihn kenne, sieht man ihm die Schwere seiner Krankheit wirklich an. Seine Haut hat schon eine gräulich blasse Haut angenommen, dazu die bläulichen Lippen und die großen Augenringe.

Er atmet so kurzatmig, wird abwechelnd von seinen Vätern sanft aufgefordert, sich ein bisschen zu entspannen. Doch man sieht ihm wie auch den beiden Männern an, dass sie Angst haben.

Gedankenverloren streiche ich mit dem Daumen über seinen Handrücken. Seine Hand in meiner sieht dabei so unnatürlich blass aus. Es lässt mich erschaudern.

Ich möchte ihm gerade beistehen, doch gleichzeitig ist es eine echte Überwindung, hier bei ihm zu sein. Ich kann ihn kaum ansehen ohne in Tränen auszubrechen. Doch ich versuche mich zu beherrschen. Zachary braucht im Moment Menschen um sich herum, die ihn auffangen.

Als er meine Hand leicht drückt, schaue ich ihm endlich in die Augen, bereue es aber im nächsten Moment, als ich diese Kraftlosigkeit in ihnen sehe. Schnell schlucke ich meinen Kummer herunter und versuche mich an einem Lächeln.

Er bemerkt natürlich, dass ich mich furchtbar fühle, geht aber glücklicherweise auf meine Bemühungen ein, und erwidert es, indem seine Mundwinkel kurz nach oben huschen. Es vergeht mir aber augenblicklich, als ich beobachte, wie mein Freund auf einmal fröstelt. Ben ist sofort zur Stelle und legt ihm die Decken, die vorhin eine Krankenschwester vorbeigebracht hat, enger an.

"Jetzt fühle ich mich tatsächlich verbunden mit Romeo", meint der Teenager dann und spielt damit unsere gestrige Probe an, in der ich meinen Schülern nahegelegt habe, mit ihrer gespielten Rolle zu einer Person zu verschmelzen.

"Inwiefern?"

"Keine Ahnung. Ich...er stirbt aus Liebe zu Julia. Und ich..."

"Sprich es nicht aus, Zach", falle ich ihm blitzschnell ins Wort und schüttle genauso energisch den Kopf, um meine Aussage zu bekräftigen. "Ich möchte nicht, dass du so etwas nur denkst."

"Aber es ist die Realität, Jonah. Das wissen wir beide genauso gut wie meine Familie."

"Liebling...", beginnt nun auch Elijah, doch sein Sohn schüttelt den Kopf.

"Ich wusste, dass ich ein Risiko eingehe. Aber ich wollte Zeit mit dir verbringen." Seine letzten Worte richtet er an mich, was mir die Tränen in die Augen treibt.

"Du bist so dämlich. Warum hast du denn nichts gesagt?"

"Du solltest dich nicht noch mehr sorgen. Ich wollte einfach, dass wir noch ein paar schöne Momente miteinander teilen können", sagt er, doch seine Stimme bricht zuletzt.

Broken Heart [boyxman] | ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt