Kapitel 50

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• J O N A H •

"Mit dir habe ich die schönste Zeit meines Lebens."

Das waren Zachs letzten Worte, bevor er vorhin eingeschlafen ist. Und sie haben mir eine Gänsehaut beschert. Er sah in dem Moment so friedlich und zufrieden aus, wie er mit geschlossenen Augen im Bett lag, sein Gesicht mir zugewandt. Ich hätte ihn noch stundenlang anschauen können und hätte immer noch nicht genug davon.

Aber stattdessen sitze ich im Wohnzimmer, um ihm ein wenig Ruhe zu lassen.

Der Abend war wunderschön. Zach und ich saßen eine Weile vor dem Kamin und haben einfach die Nähe des anderen genossen. Viel gesprochen haben wir dabei nicht, aber das mussten wir auch nicht.

Leichter Wind lässt Äste gegen das Fenster schlagen, als ich mich nach vorne beuge und mit den Händen die vom gekochten Tee erwärmte Tasse umfasse. Jetzt wäre ein guter Moment, um ein wenig zu lesen. Aber es ist genauso schön, nur hier zu sitzen und bei der Atmosphäre zu entspannen.

Natürlich wäre es noch umso schöner, wenn Zachary bei mir wäre, aber ihn hat auf einmal die Müdigkeit gepackt. Er ist in letzter Zeit ziemlich oft müde, wenn nicht sogar erschöpft. Nicht zum ersten Mal frage ich mich, ob irgendwas nicht stimmt.

Doch er würde nicht so leichtsinnig sein und seine Gesundheit auf irgendeine Art und Weise auf dem Spiel setzen. So ist Zach nicht.

Ich denke daran zurück, wie er vorhin in meinen Armen lag. Mit sanften Berührungen habe ich meine Fingerspitzen über seine Haut streichen lassen, während sein Kopf auf meiner Schulter verweilte.

Es ist schon erstaunlich, wie schnell man sich an eine einzelne Person gewöhnen kann. Und sich so wohl in seiner Nähe fühlt. Bei ihm kann ich mich fallen lassen, denn er würde mich auffangen, wenn es nötig wäre. Und andersherum würde ich dasselbe für ihn tun.

Der weiche Stoff der Kuscheldecke, die ich vorhin über mich geworfen habe, verrutscht, als ich mich nochmals nach vorne lehne. Verwundert werfe ich einen Blick auf die Wanduhr, die anzeigt, dass es kurz vor 23 Uhr ist. Mein Smartphone leuchtet auf und zu meiner Überraschung ist es Elijah, der mich anruft.

Ich sehe zur Tür, die zum Schlafzimmer führt. Um Zach nicht zu stören, habe ich sie vorhin verschlossen.

Ein ungutes Gefühl beschleicht mich, als ich den Anruf entgegennehme. "Elijah?"

"Jonah, entschuldige die späte Störung."

"Kein Problem. Ich habe noch nicht geschlafen", meine ich und rutsche hin und her, um eine bequeme Position auf der Couch zu finden.

Am Ende der Leitung höre ich ihn leise seufzen. "Ist Zach bei dir?"

"Er schläft bereits. Ich bin im Wohnzimmer."

"Gut, gut...Also, Jonah, ich muss dir etwas dringendes erzählen", sagt er, was mich in meiner Vermutung bestätigen lässt. Irgendwas muss passiert sein, sonst würde er mich nicht zu dieser Uhrzeit anrufen.

"Ist bei euch alles okay?", frage ich besorgt und realisiere dann, dass ich noch immer die Tasse in der Hand halte. Ich warte auf seine Antwort und nippe währenddessen am Tee.

Elijah klingt erschöpft, als er erwidert: "Ich weiß gar nicht, wie ich anfangen soll." Ein schwerer Seufzer folgt. "Dr. Huxley hatte uns gestern angerufen. Zach ist während einer Sitzung aus dem Büro gestürmt."

"Warum denn das?"

"Er wirkte wohl nach einem Telefonat ziemlich aufgebracht. Als Dr. Huxley ihn darauf ansprach, wies er ihn ab", erzählt er.

Ich knabbere nervös auf meiner Unterlippe herum. "Wisst ihr, mit wem er telefoniert hat?"

"Zach warf ihm an den Kopf, dass Niemandem seine Gesundheit etwas anginge", kommt es von Elijah. Seine Worte jagen mir einen kalten Schauer über den Rücken. "Ich hatte ein so ungutes Gefühl, und dann habe ich seinen Herzspezialisten angerufen, Dr. Hall."

"Und was sagte er?"

"Er hatte Zach wohl von eurem Trip abgeraten, was Zach wahnsinnig wütend gemacht hat. Jonah, du musst mir versprechen, auf unseren Sohn genau aufzupassen. Er verschweigt uns etwas, das habe ich im Gefühl."

Ich kann es nicht glauben. Setzt sich Zachary wirklich so einem Risiko aus, nur um mit mir Zeit zu verbringen?

"Elijah, ich..."

"Bitte, Jonah. Nicht mehr nur wir machen uns Sorgen um ihm, sondern jetzt auch Dr. Hall. Wenn es um ihm geht, solltet ihr gleich morgen wieder nach Hause fahren."

"S-sollen wir...?"

"Nein, Zach soll nicht von diesem Gespräch erfahren. Sorge einfach dafür, dass er auf sich achtet. Was auch immer gerade in ihm vorgeht, er scheint eine tickende Zeitbombe zu sein. Zach ist zurzeit nicht er selbst", bittet er mich.

Im Hintergrund höre ich jemanden sprechen. Elijah wendet sich demjenigen zu, doch ich kann nicht verstehen, worüber sie reden.

Meine Gedanken schweifen zurück zu meinem Freund, der nur wenige Meter von mir entfernt in unserem Bett liegt und schläft. Er wirkte so sorgenfrei, dabei trägt er irgendwas mit sich herum, womit er wohl aber allein fertig werden will. Oder aber ihm ist es plötzlich vollkommen egal.

Wer soll schon wissen, was in seinem Kopf vor sich geht, wenn er gegen den ärztlichen Rat handelt und mit mir wegfährt?

"Elijah?"

"Entschuldige, die Kleinen wollen nicht einschlafen", murmelt dieser und hört sich auf einmal noch gestresster an. "Sie sind es gewohnt, dass jeder ihnen eine gute Nacht wünscht. Sie vermissen wohl ihren großen Bruder."

"Wir fahren morgen zurück", beschließe ich entschlossen, werde aber von ihm abgehalten. "Jonah, wenn ihr das tun würdet, würde sich Zach nur aufregen. Er ist gerade in keiner guten Verfassung. Ich denke, solange er ruhig ist, solltet ihr euren Weg gehen", entgegnet Elijah.

Ich fahre mir überfordert durch die Haare. "Du bittest mich um etwas, was mir ziemliche Sorgen bereitet, Elijah."

"Glaub mir, es ist keine leichte Entscheidung. Aber was denkst du, wie er reagieren würde, wenn er davon erfährt, dass wir von seinem Wutausbruch wissen? Dass wir darüber in Kenntnis sind, dass irgendwas nicht stimmt?"

"Wisst ihr genaueres?", frage ich zögerlich. Er verneint aber, was mich nicht beruhigt. Absolut nicht. "Dann fahren wir aber am Sonntagmorgen früh los", verspreche ich ihm dann. "Und dann sollten wir mit Zach reden."

Elijah seufzt am anderen Ende der Leitung leise. "Das werden wir. Wir müssen. Und es wird sicherlich nicht einfach. Aber bitte, Jonah. Tue mir den Gefallen, ihm nichts zu sagen. Lass dir nicht allzu viel anmerken, okay?"

Wenn das doch so einfach wäre...





Da dachte Jonah, es wäre alles gut, und wird dann in die knallharte Realität zurückgeholt. Wie wird er wohl damit umgehen, dass Zach ihm und seiner Familie verheimlicht hat, wie es um seine Gesundheit wirklich steht?

Wird Jonah ihn vielleicht doch darauf ansprechen?

Broken Heart [boyxman] | ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt