Kapitel 2

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Als ich am nächsten Morgen in die Küche kam, hatte sich einiges verändert. Drei unserer Stühle lagen in Trümmern auf dem Boden und die Wand hatte einige Kratzspuren. „Was ist denn hier passiert?", nachdenklich nahm ich eines der Stuhlbeine in die Hand. Es war einfach durchgebrochen. „Tut mir Leid, dass ich das noch nicht weggeräumt habe. Dein Vater hatte einen kleinen Wutanfall.", ich lächelte, als ich die Stimme meiner Mutter hörte. „Einen kleinen?", ich kicherte und setzte mich auf den einzigen heilen Stuhl. „Vielleicht war er auch etwas größer.", Mama lächelte und legte mir ein paar frische Pfannenkuchen auf den Teller.  „Danke Mama.", ich lächelte und begann, die Pfannenkuchen in mich hineinzuschaufeln. ,,Lass es dir schmecken mein Schatz. Wenn du fertig bist, stell deine Sachen bitte in die Spüle und komm dann zu mir und Papa ins Wohnzimmer.", bat Mama mich und ich nickte. Dann ging er und ich aß mein Frühstück zu Ende, ehe ich aufstand und meinen Teller sowie mein Besteck in die Spüle legte und mich ins Wohnzimmer begab. Ich stockte, als ich erneut die Ältesten in unserem Wohnzimmer sah. ,,Da bin ich.", meinte ich und setzte mich aufs Sofa, die Beine an meine Körper gezogen. Die Atmosphäre im Raum war irgendwie kalt und meine Eltern waren nervös. Während Papa mit den Händen in den Haaren immer wieder auf und ab lief, folgte Mamas Blick ihm durch den Raum. ,,Leano, wir müssen etwas besprechen.", Papa drehte seinen Kopf zu mir und sofort wusste ich, dass irgendetwas sehr sehr falsch lief. Papa sah aus, als hätte er geweint und ich wusste, dass er nur weinte, wenn irgendetwas schlimmes passiert war. ,,Was ist denn?", ich begann nervös auf meiner Lippe zu kauen und sah meine Eltern an. Papa kniete sich vor mich und nahm meine Hände in seine. ,,Leano, Liebling.", er atmete schwer ein und sprach dann weiter, ,,Wir stecken in Schwierigkeiten. Wie du weißt, geht Mama in den letzten Wochen öfter mal weg. Das macht er nur, um zu verhandeln. Wir werden seit ein paar Wochen von eine Rudel bedroht. Ich brauche dir nicht sagen, was sie von uns wollen. Sie haben uns eine Frist gestellt, die heute Nachmittag ausläuft. Sie werden uns umbringen Leano, deswegen müssen wir dich verstecken, sodass sie wenigstens dich nicht finden. Du musst dort ein paar Tage bleiben, dann musst du fliehen und das Black Luna  Rudel suchen. Sie werden dir helfen."

Während Papa mir alles erklärte, hatte ich begonnen zu weinen und auch Mama hatte Tränen in den Augen. ,,Warum kann sich nicht einfach das ganze Rudel verstecken?", schluchzte ich. ,,Schatz das geht nicht. Wenn nur ein Wolf fehlt, fällt es nicht auf, aber wenn alle weg sind, dann werden die wissen, dass wir gewarnt wurden.", meinte Mama leise. „Ich will euch nicht verlieren.", jammerte ich und wischte mit die Tränen aus dem Gesicht. „Du wirst uns niemals verlieren, solange du dich an uns erinnerst.", flüsterte Papa und ich nickte sachte. Die Ältesten sagten kein Wort und erhoben sich schließlich von ihren Sesseln. „Wir sollten den Kleinen so schnell es geht verstecken. Wir werden viel Zeit brauchen, um seinen Geruch zu überdecken. Je früher wir ihn verstecken desto besser.", meinte einer der Männer und mein Vater nickte. „Ich weiß.", er erhob sich wieder und auch ich stand auf. Meine Gedanken waren vernebelt. Heute würden also alle umkommen. Ich würde nach dem heutigen Tag meine Eltern niemals wiedersehen und würde damit leben müssen, dass ich als einziger überlebt hatte. Wenn sie alle tot waren, dann war ich der einzige Omega, der auf dieser verdammten Welt noch existierte. Träge folgte ich meinen Eltern aus dem Haus hinaus und in den unterirdischen Bunker, der für genau solche Notfälle gebaut wurde. Wenn die Umstände andere wären, würde ich den Bunker sogar als gemütlich bezeichnen. Man hätte hier immer genug zu essen und zu trinken für mehr als einen Monat. Mama legte einen großen Schlüssel auf den Tisch. „Schatz ich möchte, dass du damit die Tür verschließt, wenn wir es dir sagen. Mache die Tür erst nach zwei Tagen wieder auf, wenn du wieder sicher bist. Dann Lauf. Finde das Black Luna Rudel.", er deutete auf einen Fleck auf einer Karte. „Das ist weit.", flüsterte ich. „Ich weiß, aber du bist die einzige Chance, dass unser Rang überlebt.", versuchte mein Vater mir zu erklären
Ich nickte einfach nur stumm. Ich wollte das nicht. Ich wollte bei meinen Eltern bleiben und wenn es sein musste, dann würde ich sterben, solange ich nur bei ihnen war. Sie hatten mich immer vor allem bösen auf dieser Welt beschützt und waren mir nie von der Seite gewichen und jetzt würden sie sich töten lassen, damit ich überlebte. „Verspreche ihr mir, dass ihr wenigstens versucht, zu überleben?", schluchzte ich und schloss beide in die Arme. Mama begann sofort wieder zu weinen und drückte mich fest an sich, während Papa versuchte uns beide zu beruhigen. „Ich verspreche es dir Leano. Wir werden es versuchen.", Papa küsste meine Stirn und nahm mich dann ebenfalls fest in den Arm. „Vergiss nie, dass wir dich unglaublich lieben."

Ich begann zu schreien, als meine Eltern den Bunker verließen und mir noch einmal letzte liebevolle Blicke zuwarfen. Und als sich die schwere Tür schloss und mir die Sicht auf sie nahm, sackte ich weinend und schreiend in mich zusammen. Erst jetzt begriff ich wirklich, was hier eigentlich los war, begriff, dass ich meine Eltern wirklich nicht wiedersehen würde und dass mein Leben wie ich es kannte, in ein paar Stunden vorbei sein würde. Ich rappelte mich zitternd vom Boden auf und ergriff den Schlüssel mit beiden Händen. Dann schloss ich die Tür ab und legte den Schlüssel zurück auf den Tisch, ließ mich aufs Sofa sacken. Jetzt hieß es für mich Tage der Qual und der Ungewissheit aushalten. In diesem Ding gab es keine Fenster, dir mir sagen könnten, was draußen vor sich gind. Ich war eingesperrt. Meine Gedanken wanderten wieder zu meinen Eltern, die dort draußen ihrem Schicksal ausgeliefert waren. Auch wenn Papa mir versprochen hatte, sie würden versuchen zu überleben, wusste ich, dass er dies nur gesagt hatte, um mich zu beruhigen. Ihre Überlebenschancen standen bei 0 und das wussten sie genauso gut, wie ich es wusste.

My Fight (Laufend) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt