first podcast

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02.05.2020

»Neuer Tag. Neuer Podcast von mir.
Ich hab euch schon oft gesagt, dass mein Leben anstrengend ist und in keinerlei Hinsicht perfekt, und trotzdem bekomme ich täglich Nachrichten auf Instagram oder die Leute rufen es mir auf den Schulfluren hinterher, wie sehr sie sich wünschen, ein Leben wie ich zu führen.

Ich lache über jeden dieser Kommentare. Wieso können Leute sich nicht mit ihrem eigenen -anscheinend so beschissenen- Leben beschäftigen, anstatt mir jedes Mal aufs Neue Kopfschmerzen zu bereiten? Ich meine es ernst, so langsam kann ich das Wort 'perfekt' nicht mehr hören. Niemand ist perfekt, auch ich nicht.

Ich probiere zwar immer wieder alles zu geben, und meine Eltern und Mitschüler und Fans stolz zu machen. Aber das ist leichter gesagt, als getan. Ich zeige mich vielleicht auf Social Media und in der Schule so, als wäre ich ein Mädchen, das keine Probleme hat und immer gut drauf ist. Aber anders geht es auch nicht. Ich muss einfach. Ich muss immer aufpassen, was ich sage.

Denn die Menschheit liebt es die Leute auf ihre Schwächen hinzuweisen und es dann überall zu posten, damit es noch mehr Leute sehen und sich noch mehr über die Schwäche der anderen lustig zu machen. In meiner Welt kann man niemanden mehr trauen. In meiner Welt redet jeder über den anderen schlecht. Ich habe nie gewollt in diese Welt einzutauchen, aber nun ja, jetzt bin ich drin und komm da auch nicht so schnell mehr raus. Leider.

Ich hätte niemals gedacht, dass ich das jemals sagen würde, aber manchmal wünsche ich mir unsichtbar zu sein. Einfach nicht da zu sein. Keine Aufmerksamkeit von der Presse bekommen. Keine Aufmerksamkeit von meinen Mitschülern. Keine Aufmerksamkeit von meinen Fans. Das klingt jetzt wahrscheinlich so, als würde ich unzufrieden mit meinem Leben sein, aber das stimmt nicht. Naja, zumindest nicht so ganz. Ich liebe das Leben in der Öffentlichkeit. Wirklich, das tue ich. Aber ich denke jeder, der das gleiche Leben führt, wie ich, der weiß, was für ein gewaltiger Druck auf einem liegt. Und andersherum ist es genauso.

Die Leute, die ein ganz normales, 'langweiliges' Leben führen, wollen in der Öffentlichkeit stehen. Aber Leute, ich sag euch was: Es ist nicht immer so Friede-Freude-Eierkuchen, wie ihr vielleicht denkt. Ihr müsst lernen mit Verantwortung umzugehen und ein Vorbild für eure Fans zu sein. Außerdem habt ihr Verpflichtungen, an die ihr euch zu halten habt und ihr müsst lernen, wie man sich Hate entgegensetzt. Denn ihr bekommt nicht nur freundliches und aufbauendes Feedback von den Follower, sondern es gibt auch einige, die euren Content und eure Persönlichkeit ich leiden können, und euch das auch spüren lassen. Auch ich bekomme täglich Hater-Kommentare, aber ich weiß damit umzugehen. Wie ich damit umgehen und was ich mit Morddrohungen und so ein Kram mache, erzähle ich euch mal in einem anderen Podcast.

Ich hatte nämlich eigentlich vor euch von meinem Tag zu erzählen. Allerdings sah dieser aus, wie fast jeder anderer von mir. Aufstehen. Frühstücken. Schule. Verpflichtungen in der Schule erledigen. Meeting mit Mom und Dad. Nach Hause. Podcast aufnehmen, um mein Leben wenigstens ein bisschen in den Griff zu bekommen. Nein, wirklich, diese Podcasts helfen mir, dass ich mich nicht mehr so eingeengt fühle. Ich weiß auch nicht so genau, warum. Aber nachdem ich einen Podcast beendet habe, fühle ich mich..befreit. Ich habe mir alles von der Seele geredet und es gibt auch keine Bedenken, dass jemand ein schlechtes Bild von mir bekommt, denn niemand weiß, dass ich das hier mache. Naja, okay, vielleicht gibt es da doch so zwei oder drei. Meine beste Freundin und vielleicht noch mein Hund. Ah und natürlich mein Freund. Aber die drei wissen auch ohne den Podcast, wie ich mich fühle. Wie ich mich, als Influencer -okay, ich hasse das Wort- manchmal echt unter Druck gesetzt fühle. Wie ich mich, als Tochter von einer der mächtigsten Leuten in der Stadt fühle. Wie ich mich, als wichtige Person in der Schule fühle. Wie manchmal die ganzen Gedanken auf mich einbrechen, wie der Regen den Boden in kürzester Zeit komplett mit Wasser beschüttet.

Genau in so einem Moment bin ich froh, dass meine beste Freundin mir zu meinem sechszehnten Geburtstag ein ganzes Equipment an Mikrophon und Kopfhörern geschenkt hat. Ich will gar nicht wissen, wie teuer das gewesen sein muss. Aber ihre Eltern stammen ebenfalls auch guten Verhältnissen, also sollte es kein großes Problem dargestellt haben. Zuerst war ich etwas misstrauisch dem Aufnehmen meiner eigene Stimme gegenüber. Aber meine beste Freundin hat immer nur gesagt: »Es ist nur ein Experiment. Wenn es dir nicht gefällt oder hilft, dann kannst du damit aufhören und wir verkaufen das Equipment wieder. Mach' dich nicht selber verrückt.«

Mittlerweile ist dieses Experiment zu meinem Anker auf dem großen weiten Meer aus Gefühlen und Gedanken, Schmerz und Trauer, Oberflächlichkeit und Perfektionismus geworden. Ohne diese Podcasts -meinen Anker- hätte ich wahrscheinlich schon alles weggeschmissen, was ich mir mühsam aufgebaut habe. Eine Reichweite mit der ich immer noch nicht zurechtkomme. Einen der höchsten Plätze in der Schulhierarchie. Einen Namen bei den ganzen Stars im Popularitätshimmel. Und dann wäre alles umsonst gewesen. Einfach alles.

Doch in Momenten, wie heute in der Schule will ich am liebsten in mein Zimmer stürmen, meinen Kleiderschrank aufreißen, die rote Schachtel mit den ganzen Kassetten, welche in einer zweiten Ebene versteckt sind, schnappen und sie zusammen mit dem Mikrophon und den Kopfhörern in einem alten Ölfass verbrennen und 'Adieu' sagen. So als es hätte es diesen Podcast nie gegeben. So als wäre ich nicht gerade in einer kritischen Situation, wo ich noch nicht wusste, wie ich dieser entkommen konnte. Aber diese Aktion zeigt mir wieder, wie wenig ein Privatleben von bekannteren Leuten wertgeschätzt wird. Nämlich gar nicht. Keiner denkt daran, dass man Menschen damit eventuell auch verletzen kann oder sogar psychisch zerstören kann. Es geht immer nur um Likes und Followern und auch die dunkelsten Geheimnissen einer Berühmtheit auszuplaudern, um damit selber Aufmerksamkeit zu erhalten. Denn Leute lieben Gossip. Und so musste früher oder später auch eines meiner Geheimnissen an die Öffentlichkeit kommen. Allerdings hatte ich Hoffnung, dass wenigstens dieses verborgen bleibt. Für immer.«

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wie findet ihr den prolog?

habt ihr bestimmte erwartungen an das buch? was wünscht ihr euch?

ich dachte, ich schreibe einfach immer das datum oben drüber, an welchem tag es sozusagen spielt, dadurch wird es hoffentlich etwas übersichtlich haha btw sind die einfach random gewählt lol

ach so und..ich werde alle fünf kapitel so einen podcast veröffentlichen :)

maja, xx

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