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Es lag immer noch ein Schock auf Natalie nachdem sie gesehen hatte wie Aaron wüten wurde. 
Sie hatte nicht einmal gesehen, dass er schon wieder den Stab fest in der Hand hielt. 
Offensichtlich hatte er keine Angst seine Waffe auch einzusetzen. 

Natalies Vater stellte sich dazwischen. "Das wird nicht nötig sein."
Er warf der Wache einen strafenden Blick zu. 

Aaron lief voraus, direkt auf die Treppen zu und alle folgten ihm. 

Natalies Knie fingen schon auf halbem Weg heftig an zu wackeln. 
Ihre Beinmuskulatur war für so eine lange Treppe definitv nicht ausgelegt. 
Im Sportunterricht hatte sie nie eine gute Note im Laufen erzielt. 

Sie freute sich extrem, als das Tor nur noch ein paar Stufen entfernt war. 
Das Tor wirkte als sei es aus einem einzelnen Stein geschlagen worden. 
Daneben waren gleich zwei große Wachtürme. Davon gab es mindestens 8 um den Vulkan verteilt so schätzte sie. 

Hinter dem Tor lag eine etwas größere gerade Fläche, welche vom Vulkan abgetragen wurde und einmal komplett um ihn drumherum ging, so wie es aussah. 
Auf der anderen Seite dieser Fläche war ein monströses Loch als Eingang, welcher in den Berg hinein führte. 
Genau dort stand eine bestimmt 10 Meter hohe Statue eines Mannes, der den Eingang mit seinen Händen stemmte. 
Arbeiter werkelten gerade am Kopf der Figur herum, da dieser noch nicht vollendet war. 

Doch anstatt Aaron genau auf diese Statue Kurs nahm, steuerte er gerade auf die nächste Treppe zu. Zwei dieser Art führten zu beiden Seiten des Eingangs zum Tempel nach oben. 

Als er sagte, dass die große Mutter sie empfangen würde, hatte sie nicht in betracht gezogen, dass sie bis zu dem Gipfel des Berges laufen müssten. 

Doch als sie zur Seite sah und der Sonnenuntergang begann, wurde ihr klar, dass es sich alleine für die Aussicht gelohnt hatte, den Weg auf sich zu nehmen. 

So ein Farbenspiel hatte sie noch nie vom Palast aus gesehen. 
Nach weiteren qualvollen Minuten kamen sie am Tempel an. 
Ihre Beine wackelten nun unaufhörlich und sie drohten einfach nachzugeben. 
Alle waren völlig fertig, nur Aaron sah aus als hätte er gerade einen gemütlichen Spaziergang beendete. 

Ein paar Tempeldienerinnen kamen sofort herbei geschritten und hielten den Neuankömmlingen Erfrischungen hin. 

Gierig griff Natalie nach einem der Gläser. Ihr war völlig egal was sich darin befand, Hauptsache Flüssigkeit. Doch sobald ihre Lippen von der Flüssigkeit benetzt waren, fühlte sie sich frisch und aufgeweckt, weswegen sie alles auf einmal in sich hinein schüttete. 

Sie wollte mehr, doch als sie Aaron gierig ansah entgegnete er ihrem Blick ziemlich streng. 
Für sie wirkte es als hätte sie ihren Vater nach einem Eis gefragt und er hätte ihr diesen Wunsch abgeschlagen. 

"Das genügt." Sagte er in einem herrischen Tonfall und die Frauen gehorchten. Einige eilten in einen anderen Raum und die anderen blieben an der Seite stehen. 

"Was genau war das und warum will ich mehr davon." Fragte Natalies Vater total überfordert als wüsste er nicht was in ihn gefahren war. 

Aaron nahm ihm das leere Glas aus der Hand und stellte es einer der Frauen aufs Tablet. 

"Das, eure Hoheit, ist eine… Nennen wir es Leistungssteigernde Substanz. In Titan muss man alles zu Fuß erreichen. Die meisten trinken hier ein Glas am Tag aber mehr wird nicht empfohlen. 
Es macht unglaublich schnell süchtig, weshalb es auch ein beliebtes Genussmittel ist. Es ist äußerst schwer zu bekommen. 
Und ihr solltet besser nicht weiter darüber Nachdenken."
Sagte Aaron nun wieder in seinem gewohnt höflichen Ton zum zukünftigen König. 

Er öffnete den Mund um Widerworte zu geben. 

"Ihr solltet lieber auf ihn hören." 
Sprach eine warme und freundliche Stimme aus ein wenig Entfernung. 
Eine Frau kam eine kleine Treppe hinunter geschritten. Ihr Gesicht war verschleiert, doch man konnte die auffällige rote Farbe sehen, die einer Kriegsbemalung ähnelte. Sie trug ein helles Gewand, welches sich anmutige ihrer Figur anpasste. Sie wirkte sehr jung und hatte dennoch eine Weise Ausstrahlung. Sie hatte lange braune Haare, die ordentlich auf ihren Schultern lagen. Sie hatte ein Engelsgleiches Auftreten und war einfach wunderschön. 
Sie wurde von zwei Wachmännern begleitet. Die Männer waren im Gegensatz zu ihr sehr blass, was Natalie nicht weiter hinterfragte. 

Natalie konnte sehen wie sich Aaron zu ihrer vorlauten Palastwache lehnte und ihm zuflüsterte:
"Soviel zur alten Hexe ja." 
Er hatte ein breites Grinsen auf dem Gesicht. Wie ein kleines Kind, das seinen Willen bekommt.  

Aaron löste sich aus der Gruppe und ging auf die Frau zu. 
Sie reichte ihm die Hand, woraufhin er sich hinkniete und einen der Ringe an ihren Fingern küsste. Natalie machte sich schon Gedanken ob das wohl seine Freundin war und der Gedanke daran gefiel ihr nicht gerade sonderlich gut. 

Er stand wieder auf und folgte ihr mit etwas Abstand. 
Dann richtete er sein Wort an sie und ihren Vater. 
"Eure Hoheiten wenn ihr mir erlaubt sie vorzustellen… Das ist die große Mutter." Er lächelte breit und dennoch mit Ehrfurcht und voller Respekt. 

Natalie machte große Augen, sah sie fast ungläubig an. 
So weit sie es erkennen konnte war die Frau vor ihr in ihren Zwanzigern. 

Ihre Gedanken wurden von einer der Palastwachen unterbrochen, der seinen Text förmlich ausrief. 
"Kronprinzen Richard von Dias erster seines Namens und Prinzessin Natalie aus dem Königreich der Sonne."

Dann fiel Natalie ein, dass Aaron gesagt hatte, dass sie Natans Mutter sei, aber wie… 

"Wie das möglich sein soll?"
Fragte die Frau schon fast belustigt. 
"Das bleibt meine Berufsgeheimnis, aber ich kann euch versichern, dass ich bin älter als ihr es vermuten würdet." 
Sagte sie etwas abwesend als schwelgte sie in alten Erinnerungen einer längst vergangen Zeit. 

Jetzt stutzte Natalie noch mehr, als hätte diese Frau ihre Gedanken gelesen. Das verunsicherte sie extrem. 

"Ich denke wir sollten uns setzen, oder etwa nicht." Sie zeigte einladend in die Richtung aus der sie gekommen war. 
Da ging sie voraus und Aaron folgte ihr, wie auch die anderen, in einem angemessenen Abstand. 

Natalie hatte jetzt erst Zeit sich richtig umzusehen.  
Der ganze Tempel war aus weißem Stein geschlagen, der Marmor sehr nahe kam. Alles war Edel verziert und hin und wieder war etwas Gold oder große Edelsteine in die in Säulen eingelassen. Alles erinnerte sie sehr an einen griechischen Tempel den sie in der Schulebesprochen hatten.

Auch erst jetzt bemerkte sie, dass die Frau die Wohl einfach nur große Mutter hieß, barfuß unterwegs war. 

Auf der anderen Seite der kleinen Treppe lag ein großer runder Raum, in dessen Mitte sich mehrere Sitzmöglichkeiten befanden, auf denen sie sich nun niederließen. 

"Ihr habt meinen Sohn leider nur ganz knapp verpasst. Ich hoffe ihr habt Nachsicht mit ihm, in Anbetracht der Umstände." Fragte sie ruhig. 

"Natürlich haben wir Verständnis für die Situation ihres Sohnes, es hätte ja keiner ahnen können das so etwas geschieht." 
Entgegnete Natalies Vater ihr Verständnis voll. 

"Der Kampf wird in Kürze beginnen, mögen die Götter ihm beistehen.
Was dich angeht Aaron, solltest du ihm nicht beistehen als seine Rechte Hand? " Fragte sie ihn in einem Ton den Natalie kaum deuten konnte. Doch an Aaron's Reaktion konnte sie erkennen, dass er sich durchaus unwohl bei dieser Frage fühlte. Fast schon überrascht als hätte er seine Pflichten vergessen.

Er stand auf, entschuldigte sich höflich und sicherte Natalie zu, dass er beim Kampf wieder zurück sei. 
Dann verließ er mit schnellen Schritten den runden hellen Raum in Richtung einer weiteren Treppe.

-Frost

Gefangen Zwischen Den WeltenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt