Der Bann der Juwelen

~Part 6~

Wir waren mittlerweile ganz vom Weg abgekommen und kämpften uns durch hartneckige Sträucher und kletterten über umgefallenen Bäume. Meine Füße fingen an zu schmerzen. Wie lange wir bereits gelaufen waren konnte ich nicht sagen, doch es kam mir schon vor wie eine Ewigkeit. Helen war ziemlich schnell, ich konnte sie kaum einholen. Hope spielte mit kleinen Käfern, die sie auf ihrer kleinen Hand mit sich trug. Zwischendurch setzte sie sie ab und sammelte einen neuen ein.

"Louise, wie kamen sie eigentlich dazu, im Waisenhaus zu arbeiten?", Helen war kurz stehen geblieben, um neben uns laufen zu können.

"Das ist eine lange Geschichte, ich weiß nicht-"

"Aber jetzt genau haben wir ja Zeit dafür. Ich würde gern ein wenig über sie erfahren!"

"Also gut... ich bin in einem kleinen  armen Dorf im Norden Englands aufgewachsen, zusammen mit meinen Eltern und drei jüngeren Geschwistern. Irgendwann, da war ich ungefähr acht Jahre alt, ging eine Fieberkrankheit in unserem Dorf umher. Der Tod stand plötzlich bei allen vor der Tür und zerrte mit, wen er mitzerren konnte. Meine Mutter war Ärztin und nahm mich immer mit, wenn sie die kranken verarztete. Sie wollte mir zeigen, wie man so etwas macht, damit ich später auch einmal Ärztin werden könnte. Ich habe den Leuten aus dem Dorf, teilweise sogar meinen Freunden, beim Sterben zugesehen. Doch es dauerte nicht lang und die Krankheit war auch in unserem Haus. Sie steckte meine Eltern und meinen kleinen Bruder an. Ich tat was ich konnte, doch es war zu spät. Ich floh mit meiner Schwester und meinem Bruder, um nicht auch noch angesteckt zu werden. Doch wir hatten kaum zu essen und mein anderer Bruder kam auf der langen Strecke ohne wirkliches Ziel schließlich um. Meine Schwester und ich haben weitergekämpft und es bis zu einem Dorf geschafft. Dort wussten sie nichts mit uns anzufangen und wir landeten auf der Straße. Eines Tages teilten sie und ich uns auf zum Betteln. Als ich am Abend wieder zu unserem vereinbarten Treffpunkt kam, war sie nicht da. Tage und Wochen verbrachte ich damit, auf sie zu warten und sie zu suchen, doch sie war nicht aufzufinden. Ein paar Wochen später fand mich eine Frau dort auf der Straße und bot an, mich mit zu ihr zu nehmen. Ich sagte natürlich nicht nein und folgte ihr. Es war Madam Paddisson, welche mich in ihrem Waisenhaus aufnahm. Dort bin ich dann aufgewachsen und als ich alt genug war, fing ich wie selbstverständlich, an, Madam Paddisson zu helfen und seitdem bin ich Leiterin im Waisenhaus. Meine Schwester habe ich nie wiedergesehen."
"Das ist eine... unglaubliche Geschichte Louise. Sie sind ein so tapferes Mädchen! Hatten sie nie den Wunsch wie ihre Mutter Ärztin zu werden?"
"Doch, schon, aber mir fehlt es an Geld dafür und ich könnte Madam Paddisson nicht im Waisenhaus allein lassen."
"Verstehe. Schade, ich glaube sie wären eine gute Ärztin."