2 | Es geht nicht

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Das war die eine. Die Hälfte, die mir immer fehlte. Die Seele, die meine ergänzte. Der Wolf, der mit meinem harmonierte. "Das kann nicht sein", sagte ich geschockt und schüttelte ihre Hand ab, die immer noch auf meiner Schulter lag. "Du bist eine Alpha", stellte sie fest und Loona knurrte wie zur Bestätigung auf, so stark, dass es meiner Kehle entwich. Auch sie knurrte auf, ein tiefer, dunkler Ton, der mir oder besser gesagt uns, ungemein gefiel. "Sie doch auch. Zumindest sind Sie eine Alphastochter, Erbin des Alphatitels", gab ich zurück und versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen.

Sie hob ihre Hand, strich mir sanft über die Wange. Und ich zuckte zurück und stieß sie gleichzeitig von mir weg, wodurch sie einen Schritt nach hinten gehen musste. "Es tut mir Leid, aber das darf nicht sein. Ich kann das nicht", sagte ich schnell, stieg in den Wagen und fuhr mit quietschenden Reifen davon. Mit viel zu hoher Geschwindigkeit fuhr ich auf die Straße, während Loona in mir heulte und mich versuchte dazu zu bewegen, umzudrehen, zurück zu unserer Mate zu fahren. Zu Hause angekommen knallte ich die Haustüre zu und schlug gegen die Wand, so stark, dass meine Knöchel aufplatzen. Doch dass hielt mich nicht davon ab, erneut und dann ein drittes Mal meinen Gefühlsausbruch an der Wand auszulassen. "Das kann doch nicht wahr sein verdammt! Meine Lehrerin soll meine meine Mate sein?!", rief ich wütend und raufte mir die Haare während ich mich an die Wand lehnte und daran herunterrutschte.

Geh zu ihr zurück. Sie ist unsere Mate! Du kannst sie nicht einfach so stehen lassen!

Ach, schön, dass du glaubst, mir plötzlich etwas befehlen zu können. Du hast dich seit damals nicht ein einziges Mal bemerkbar gemacht! Ich dachte teilweise, ich hätte dich verloren!

Es tut mir Leid, ich konnte nicht anders. Ich hatte das Gefühl, innerlich tot zu sein, ich wollte mich bemerkbar machen, aber es ging einfach nicht. Ich fühlte mich so leer, ich war alleine, man hat mir mein Rudel genommen! Was erwartest du denn?

Und mir hat man die Familie genommen! Ich hätte dich gebraucht, aber stattdessen hast du mich alleine gelassen, du konntest dich ja auch einfach unbemerkt zurückziehen, aber ich musste weitermachen, denn ich bin der menschliche Teil von uns!

Ich weiß. Es tut mir Leid. Es war falsch, dich alleine zu lassen und mich feige zurückzuziehen. Aber du kannst unsere Mate nicht einfach so stehen lassen! Was glaubst du denn, wie das gehen soll? Willst du sie einfach ignorieren? Du spürst das doch genauso wie ich, wie es an unserer Seele zieht und uns zu ihr zurück bringen will.

Es geht nicht, und damit ist das Thema abgeschlossen. Wenn du ein Problem damit hast, dann kannst du dich gerne einfach wieder irgendwo in meinem Verstand verkriechen!

Das kannst du doch nicht wirklich Ernst meinen!?

Oh, und wie ich das Ernst meine! Hör auf darüber zu diskutieren, du kannst es sowieso nicht ändern. Verschwinde wieder aus meinen Gedanken, das kannst du ja so gut. Lass mich einfach wieder alleine...

Ich hörte ihr Wimmern, das schmerzvoll in meinem Kopf widerhallte, aber sie zog sich zurück, ließ mich alleine mit meinen Gedanken und meiner blutenden Hand. Seufzend stand ich auf und überlegte, ob ich Loona nicht Unrecht tat. Aber ich war verletzt. Verletzt von ihrem Verhalten, dass sie einfach alles wohl wissentlich ignoriert hatte, mich ignoriert hatte, obwohl ich sie gebraucht hätte. Und jetzt, nur weil eine andere Wölfin, die zufällig unsere Mate ist, auftaucht dreht sie durch? Glaubt mir etwas befehlen zu können? Nimmt sich das Recht heraus, entscheiden zu wollen, was ich mache?

Ein lautes Knurren entkam meiner Kehle, so tief und stark, dass die Fenster leicht klirrten. Ich ging ins Badezimmer und wusch mir die Wunde ab, in der Annahme, dass die Schürfer schon wieder verheilt waren. Doch dem war nicht so. Die Wunden waren noch da, kaum verändert, brannten und fingen erneut an zu bluten. Was war denn hier los? Solche lächerlichen Wunden verheilten normalerweise innerhalb von Sekunden!

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