Kaptiel 11 - harte Schale, weicher Kern

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Nachdem Shiro sorgfältig den Tee vorbereitet hatte, ging sie zurück zum Büro des Captains, wo er bereits mit dem Brief auf sie wartete.

Das Tablett stellte sie auf den Tisch und setzte sich gegenüber von Levi. Sorgfältig suchte sie sich die Papiere und Stifte zusammen, um mit ihrer Arbeit zu beginnen.

Immer mal wieder sah Shiro flüchtig zu Levi und beobachtete ihn. Das blieb jedoch nicht unbemerkt und sie fand sich kurzerhand in einer verwirrenden Situation wieder.

Levi stand auf und bewegte sich auf Shiro zu. Sein Blick durchbohrte sie förmlich und sie bekam es allmählich mit der Angst zu tun.

Vor ihr blieb Levi stehen, beugte sich nach vor und stützte beide seiner Hände an jeweils einer Sessellehne ab. Er kam Shiros Gesicht, wie so oft, gefährlich nahe und sah ihr in die Augen.

„Hast du gedacht ich hab die Sekretärin gewechselt?", fragte Levi. Einige Momente war es still, bevor Shiro die Aussage realisierte und empört ihren Captain von sich schob.

„Sekretärin!? Geht's noch?", fragte sie spielend gekränkt. Dieser Tag würde Shiro für immer in Erinnerung bleiben, denn er hielt so viel Unerwartetes.

So auch das, was darauf folgte. Das, was in Shiros fünf Jahren beim Aufklärungstrupp verschwunden und verloren schien. Levi. Der Captain. Ihr Heichou. Er lachte. Und dieses Mal konnte Shiro es deutlich sehen.

Es hielt zwar nur für wenige Sekunden an, doch für Shiro war es das schönste und aufrichtigste Lachen der Welt. Sie würde sich dieses Bild in ihr Gedächtnis brennen und wie einen Schatz hüten.

Shiro wusste, dass sie eine der wenigen, vielleicht sogar die Einzige war, die dieses kurze Lachen zu sehen bekam.

Vielleicht war es auch die Freude in diesem Moment, die sie zu ihren darauffolgenden Aktionen verleitete. Shiro stand auf und schlang ihre beiden Arme um ihren Captain. Ja, Levi.

Dieser war so überrumpelt von ihren Taten, dass er einfach nur regungslos dastand. Als er sich wieder gefangen hatte, gab er nur ein übliches ‚Tch' von sich. Unwissend wie er darauf reagieren sollte, hob er seine Hand und streichelte ihr ein paar Mal über den Rücken, bevor er sie von sich wegdrückte und ihr wieder gegen die Stirn schnippte.

„Mach's dir nicht zu gemütlich, Kobayashi.", meinte er darauf und setzte sich wieder an seinen Schreibtisch. Shiro jedoch lächelte bis über beide Ohren und war amüsiert von der Seite des Captains, von der niemand etwas wusste.

„Wenn du weiter so dumm grinst, lass ich dich Runden laufen."

„Mach doch.", antwortete Shiro frech auf die Aussage des Captains.

Dieser jedoch sah sie nur mit einem eindringlichen Blick an, was Shiro mit einem ängstlichen ‚Aye, aye, Captain.' kommentierte.

Als sie mit ihren Aufgaben fertig war, machte Shiro sich müde zurück auf den Weg in ihr Zimmer. Noch nie in ihrem Leben fühlte sie sich so erleichtert.

Shiro nahm sich vor noch einmal mit Hiko über das Ganze zu reden, da sie sich für ihr Verhalten in der letzten Zeit entschuldigen wollte. Sie war eifersüchtig gewesen, ja. Dementsprechend musste auch Hiko herhalten, wenn Shiro wütend war, obwohl sie nichts für das Geschehene konnte.

Am nächsten Morgen kam Hiko um die selbe Uhrzeit wie sonst auch in Shiros Zimmer und weckte diese. „Morgen, Shiro!"

„Hey Hiko! Gut, dass du da bist. Ich wollt noch mit dir reden!", meinte Shiro.

„Klar, aber vorher muss ich dir noch 'was Wichtiges sagen.", antwortete Hiko.

Hiko atmete tief ein und sah Shiro in die Augen. Man konnte ihr deutlich ansehen, dass sie etwas bedrückte. Sie faltete ihre Hände vorm Gesicht und bat Shiro damit ihr zuzuhören. „Es geht um den Captain-"

„Davon weiß ich schon, Hiko.", schnitt Shiro ihr das Wort ab. Sanft lächelte sie ihrer besten Freundin entgegen.

„Nein, ich will das selbst erklären.", meinte Hiko.

Entsetzt über den bitteren Ton in ihrer Stimme erlaubte sie ihr fortzufahren.

„Du hast mehr Zeit mit ihm verbracht, als mit mir und da bin ich neugierig und zugleich eifersüchtig geworden. Ich wollt' wissen was so besonders an ihm ist.", meinte Hiko mit einem traurigen Funkeln in den Augen.

„Hiko, wieso hast-"

„Jedenfalls tut mir das leid und ich werd mich nie wieder einmischen. Ich verstehe, dass du wütend bist."
Man konnte deutlich erkennen, dass Hiko gerade ein riesiger Stein von Herzen gefallen war.

„Schon okay, Hiko. Ich versteh das.", meinte Shiro lächelnd. Sie verstand, was es hieß, ausgeschlossen zu werden und im Grunde war es ihre eigene Schuld.

Daraufhin entschuldige auch Shiro sich bei ihrer Freundin und die zwei versöhnten sich wieder. Sie hatten sich nicht direkt gestritten, doch die angespannte Stimmung war immer deutlich zu spüren.

„Übrigens ich versteh gar nicht was du an ihm findest. Er hat mir nur Arbeit aufgedonnert und nicht ein Wort mit mir geredet. Zudem war er ständig genervt."

Einen kurzen Moment war Shiro leicht geschockt, doch dann konnte sie sich ein breites Lächeln nicht verkneifen. Sie war unglaublich froh, dass er nur ihr eine andere Seite von sich gezeigt hatte. Shiro fühlte sich zum ersten Mal seit langem einzigartig und bedeutsam.

Harte Schale, weicher Kern. Levi...

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Tut mir leid, dass ihr so lange warten musstet. 🙏

split personality - Levi x OC Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt