5. Kapitel

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Ich werde ihr helfen

°Aidens Sicht°

Genervt lade ich Alex daheim ab und bin froh endlich nach Hause fahren zu können. Die Jungs waren feiern gewesen und haben natürlich mich gebraucht, um nach Hause zu kommen. Wenigstens hat mir niemand von ihnen in mein teures Auto gekotzt. Mein Magenknurren lässt mich unterwegs noch bei einer Dönerbude halten, die in einem eher heruntergekommen Viertel ist. Irgendwo hier in der Nähe wohnt Heaven... Wieso denke ich eigentlich ständig an sie?!

 Nachdem ich gegessen habe, verlasse ich die Dönerbude wieder und möchte zu meinem Auto laufen, als ich einer dunkeln Gasse neben der Bude, jemanden liegen sehe. Zögernd gehe ich auf die Person zu. „Alles okay?", rufe ich. Da ich keine Antwort bekomme, gehe ich näher heran. Es ist ein Mädchen, das schlafend auf dem Boden liegt. Ich gehe neben ihr in die Hocke und streiche ihr die Haare aus dem Gesicht. Unwillkürlich halte ich die Luft an. „Heaven...", flüstere ich entsetzt. Ihre Kleidung ist dreckig, ihre Haare ziemlich zerzaust, ihre Haut sieht im Dunkeln sehr blass aus und ihre Atmung geht nur schwach.

 Ohne zu zögern, hebe ich sie hoch und trage sie in mein Auto. Vorsichtig schnalle ich sie an und fahre los. Bei mir angekommen, trage ich sie in mein Zimmer. Zum Glück sind meine Eltern übers Wochenende geschäftlich Verreist. Ich lege sie in mein Bett und ziehe ihr die Schuhe und die Jacke aus. Was ist nur passiert? Warum schläft sie in einer Gasse? Soll ich sie lieber ins Krankenhaus bringen? Ich schmeiße ihre Jacke auf mein Sofa, wobei ein paar Sachen aus ihrer Jackentaschen fliegen. 

Seufzend hebe ich es auf und erstarre, als ich die Drogen in der Hand halte. H-Hat sie die etwa genommen?! Ich packe sie zurück in ihre Tasche und setze mich neben sie. Sie sollte raus aus diesen dreckigen Klamotten. Leise hole ich ein T-Shirt und eine Jogginhose von mir. Als ich ihr die Hose ausziehe, fällt mein Blick sofort auf ihren perfekten Arsch. Beschämt wende ich den Blick ab und ziehe ihr rasch die Jogginghose an. Danach ziehe ich ihr das Oberteil über den Kopf. Mein Blick fällt natürlich auch diesmal auf ihre perfekten Brüste, doch etwas ganz anderes zieht meinen Blick auf sich. Geschockt starre ich auf ihren Bauch und ihre Rippen. 

Alles ist mit blauen Blutergüssen verziert. Ist das vorhin passiert? Hat sie deswegen zu Drogen gegriffen? Ich hätte sie nicht gehen lassen dürfen. Nicht schon wieder. Voller Wut und Zorn, stürme ich aus dem Zimmer, in den Garten. Ich schnappe mir den nächstbesten Baum und schlage so lange auf ihn ein, bis meine Hände an den Knöcheln Bluten. Ich hätte da sein sollen! Ich habe versprochen, dass ich nicht zulassen werde, dass er ihr nochmal wehtut... Wieso schaffe ich es nicht, sie zu beschützen?! Ein lauter Schrei kommt aus meiner Kehle, eher ich mich kraftlos gegen den Baum lehne. 

Erst nach einer Ewigkeit gehe ich wieder zurück. Heaven liegt immer noch genauso da, wie ich sie verlassen habe. Vorsichtig ziehe ich ihr mein T-Shirt über und lege mich neben sie. Die ganze Nacht lang, bleibe ich neben ihr liegen und beobachte sie. Ständig kontrolliere ich, ob sie noch atmet, da ich nicht weiß, wie viele Drogen sie genommen hat. Ich lausche ihrem Herzschlag, schaue mir ihr Gesicht an, atme ihren Geruch ein, der nach Himbeeren riecht. Erst irgendwann in der Früh, falle ich in einen tiefen Schlaf. Als ich wieder aufwache, liegt Heaven immer noch neben mir. 

Sofort richte ich mich auf und beuge mich über so. Ich kann ihren Herzschlag hören und ihren Atem auf meinen Wangen spüren. Erleichtert atme ich aus und möchte mich wieder in mein Kissen sinken lassen, als ich ihre offenen Augen bemerke. Sie ist wach. Ich verliere mich in diesem tiefen Blau und starre sie einfach nur an. „Aiden?", flüstert sie. Ich löse mich von meiner Starre und setze mich hin. „Ja?", nuschele ich verlegen. Sie möchte sich ebenfalls aufsetzen, zuckt aber zusammen und verzieht schmerzhaft das Gesicht. „Hey ganz langsam.", versuche ich sie zu beruhigen. 

„Wo b-bin ich? Sind das deine Klamotten?", möchte sie wissen. „Ja." „H-Hast du mich umgezogen?", fragt sie mit piepsiger Stimme. „Ja... Ich habe dich gestern in dieser Gasse gefunden und hierhergebracht.", erkläre ich ihr. Sie nickt langsam und schaut mich verlegen an. Anscheinend ist es ihr peinlich, dass ich sie halbnackt gesehen habe. „Hast du gestern Drogen genommen?" Sie wendet den Blick ab und schaut aus dem Fenster. „Heaven...?" Sie nickt kaum merklich und ich ziehe scharf die Luft ein. „Hat dein Vater... das hier gestern getan?", frage ich weiter und hebe langsam das T-Shirt an, um ihr zu zeigen, was ich meine. 

Wütend schlägt sie meine Hand weg und steht auf, wobei ich genau sehe, dass sie Schmerzen hat. „Fass mich nie wieder an!", zischt sie und zieht sich ihre Jacke an. „Heaven, ich..." „Nein, du sollst dich da raushalten, wie oft noch?!", schreit sie mich an, schlüpft in ihre Schuhe hinein und stürmt aus meinem Zimmer. Ich folge ihr und rufe: „Wie wär's mal mit einem Danke, dass ich dir geholfen habe?!" Sie antwortet mir aber mal wieder nicht, weshalb ich sie festhalte und zu mir herumdrehe. 

„Heaven..." Weiter komme ich nicht, da sie mir eine klatscht. „Du sollst mich nicht anfassen!" „Aber, ich..." „Ich hasse dich McHell!", unterbricht sie mich wütend und verlässt das Haus. Geschockt starre ich die Haustür an, so als ob sie da noch stehen würde. Was habe ich denn falsch gemacht? Ich wollte doch nur helfen... Wieso hasst sie mich so? Meine Hände ballen sich zu Fäusten, während ich langsam wieder in mein Zimmer nach oben gehe.

Das ganze Wochenende über, denke ich an Heaven. Am Montag in der Schule, würdigt sie mich nicht eines Blickes. Selbst als wir zwei Stunden an unserem Projekt arbeiten dürfen, ignoriert sie mich eiskalt. Als ich sie in der Bibliothek antreffe, halte ich es einfach nicht mehr aus. „Heaven, bitte rede mit mir. Habe ich irgendwas falsch gemacht? Ich habe dir doch nur helfen wollen, wirklich." „Ich brauche deine Hilfe aber nicht.", schaltet sie auf Stur. „Also soll ich dich das nächste Mal einfach in der Gasse in deinem Vollrausch verrotten lassen, ist es das was du willst?!", schreie ich sie an. 

Sie zuckt zusammen und schaut mich erschrocken an. „Man Heaven... lass dir doch von mir helfen.", sage ich etwas ruhiger. Ausdruckslos schaut sie mich an, eher sie zwischen den Bücherregalen verschwindet. Seufzend lasse ich mich auf einen Stuhl sinken. Wie komme ich nur an sie heran? Als sie nach einigen Minuten nicht mehr auftaucht, stehe ich auf und gehe sie suchen. Mein Herz zieht sich zusammen, als ich sie in einer Ecke zusammen gekauert sitzen sehe und sie leise vor sich hin weint. Ich fahre durch meine Haare und beiße mir auf meine Unterlippe. 

Langsam gehe ich auf sie zu und setze mich neben sie. Sie hebt den Kopf und schaut mich etwas erschrocken an. Ich lasse mich davon nicht beirren und nehme sie einfach in den Arm. Ihre Augen wirken leer, stumpf, glasig, all die Freude ist wie weggeblasen. Da entdecke ich etwas Kleines auf dem Boden liegen und ich weiß auch genau, was es ist. „Heaven... ich wollte dich nicht so anschreien... es... es tut mir leid.", flüstere ich. Schuldgefühle überrollen mich. Sie hat schon wieder Drogen genommen und das vielleicht nur, weil ich sie angeschrien habe. Obwohl... 

„Wie oft nimmst du Drogen?", frage ich sie vorsichtig. Ihr Schluchzen verstummt augenblicklich. Sie löst sich von mir und schaut mir tief in die Augen. „Ab und zu mal...", nuschelt sie. „Wie oft, Heaven?!" „Das geht dich gar nichts an." „Heaven!", werde ich lauter. „Was denn?! Ich kann selber auf mich aufpassen!" „Offensichtlich ja nicht!" „Es geht dich verdammt nochmal nichts an McHell, kapiert?!" „Doch, tut es! Du machst deinen Körper damit kaputt und davon wird nichts besser werde, rein gar nichts!", schreie ich sie an. Ausdruckslos sieht sie mich an, steht auf und schaut auf mich herab. 

„Ich dachte, es tut dir leid, dass du mich angeschrien hast? Davon merke ich irgendwie gar nichts, McHell..." Mit diesen Worten verschwindet sie mal wieder zwischen den Regalen und lässt mich zurück. Nur kurze Zeit später, höre ich, wie die Tür der Bibliothek zugeschlagen wird. Das habe ich mal wieder super hinbekommen... Verdammte Scheiße... ist sie wirklich abhängig geworden?! Anfangs dachte ich, wir könnten wirklich Freunde werden, aber jetzt... Sie stößt mich immer von sich. Und ja, es macht mir etwas aus. 

Ich fühle mich schuldig, irgendwie. Ich möchte sie beschützen und für sie da sein. Ich mag ihre Art und ihren Charakter, selbst wenn sie mich an zickt. Ihr Lächeln, ihre Augen, ihre Stimme, ihre Haare, ihren Himbeerduft, einfach alles mag ich. Sie bedeutet mir irgendwie wahnsinnig viel, obwohl ich sie kaum kenne. Sie ist die Erste, die mir etwas bedeutet nach Leonie... Egal, was Heavens Problem ist und egal, wie oft sie mich wegstößt, ich werde nicht aufgeben. Ich werde ihr helfen, ob sie will oder nicht! 

My little MonsterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt