Kapitel 7

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December 4, 2009 Sacramento, CA

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December 4, 2009
Sacramento, CA

Ich hasste Partys. Und Galen. Oder beides. Es ging nicht nur darum, dass man sich in ein Kleid zwängen und sich von der schönsten Seite präsentieren musste, sondern auch darum, dass meine seine gute Laune vortäuschen und stets Lächeln musste.
Während ich ein paar Meter neben der Bühne stand und die Gäste vor mir eintrudelten, setzte ich für einen Augenblick das Lächeln ab. Meine Gesichtsmuskeln schmerzten schon.
»Warum so einen miesepetrigen Ausdruck?«, erklang auf einmal eine Stimme neben mir und ich zuckte zusammen.
»Sie haben mich erschreckt«, sagte ich und warf Jane einen finsteren Blick zu, bevor ich wieder nach vorne sah. »Ich mag keine Galen. Meine Eltern haben mich immer zu welchen mitgenommen, sogar noch als ich ein kleines Kind war. Sie wollten ihr Prestige steigern.« Ich betonte das Wort absichtlich, als wäre es etwas Lächerliches und verdrehte genervt die Augen. »Waren Sie schon einmal auf ein Party mit Richtern und Staatsanwälten?« Ich ließ Jane nicht einmal Zeit zu antworten, da ich sofort weitersprach: »Es ist eher wie ein ödes Geschäftstreffen. Das Hauptthema ist das Gericht und die anstehenden Verhandlungen, und ehe man sich versieht, kommen die ersten Anwälte zu den Richtern angerannt und wollen sie mit Tausenden von Dollars erpressen. Immerhin hatten diese Treffen eine gute Sache – sie waren der Grund, warum ich zum FBI wollte, denn im Gericht findet man die größten Straftaten.« Meine grimmige Miene hatte sich etwas aufgelöst, doch war ich immer noch nicht besser gelaunt.
»Ich hoffe, dass ich Ihre Laune bessern kann«, sagte Jane mit einem Grinsen und bevor ich antworten konnte, wurde er von einem Sprecher auf die Bühne gerufen.
»Guten Abend!«, rief Jane in die Menge und stellte sich vor das Mikrofon. Ich mischte mich etwas unter die Menge, um besser sehen zu können, auch wenn ich ungern zwischen all den reichen Leuten stand, die dicht an dicht aneinandergepresst waren. »Ich habe selten vor einem solch gut aussehendem Publikum gestanden. Danke, dass Sie gekommen sind!« Er sah um sich. »Mein Name ist Patrick Jane. Ich bin vom California Bureau of Investigation. Das ist ein Ei!«
Perplex zog ich die Stirn in Falten, als Jane auf einmal ein Ei in der Hand hochhielt.
»Ich soll hier Zauberkunststücke machen und Ihre Gedanken lesen. Aber nach ein wenig Überlegung dachte ich«, er warf das Ei hoch und plötzlich war es verschwunden, denn es fiel nicht mehr herunter, »was soll's.«
Begeistert klatschte die Menge und auch ich, die in keinster Weise etwas von Zauberkünstlern hielt, musste zugeben, dass dieser Trick faszinierend war – auch wenn er das Ei mit Sicherheit nicht wirklich hochgeworfen hatte und es nur eine Illusion gewesen war.
Aber wer wusste das schon genau.
Jane nahm das Mikrofon vom Ständer und wickelte das Kabel ab, so dass er es in der Hand halten konnte. »Stattdessen würde ich gerne etwas tun, was ich viel cooler finde. Ich habe vor, Ihr Bewusstsein zu transformieren. Haben Sie sich schon einmal vor Augen geführt, wie viel Schwein Sie eigentlich haben?«
Augenblicklich lief leises Gemurmel durch das Publikum.
»Jede Sekunde, irgendwo auf der Welt, erleiden Menschen unheilvolle Schmerzen, haben Hunger oder es fehlt ihnen ein Dach über dem Kopf. Eine Frau wird vergewaltigt, ein Kind verhungert, ein Mann wird für ein Verbrechen hingerichtet, was er gar nicht begangen hat. Doch Sie, Sie haben das unfassbare Glück, reich zu sein. Sie müssen sich keine Sorgen über Essen oder Häuser machen. Sie fahren das neuste Auto, besitzen unvorstellbare große Anwesen oder setzen Investitionen in Dinge, die kein Schwein braucht. Ich bitte jeden, der sich seines Glücks bewusst ist, seine Hand zu heben!« Jane tat es vor und nach kurzem Zögern machten es ihm die anderen nach, bis beinahe alle, bis auf das CBI-Team, ihre Hände erhoben hatten. »Wenn Sie glauben, dass Sie für die Ihnen gewährte Gabe nicht dankbar sein müssen, nehmen Sie Ihre Hand runter. Wenn Sie keinen Check ausstellen wollen, mit dem wir Leben retten können, nehmen Sie die Hand runter.«
Keiner schien ganz zu verstehen, was Jane da gerade gesagt hatte, und so ließen alle ihre Hände oben.
»Wunderbar«, sagte Jane und deutete auf einen Mann vor sich. »Sie, Ser, greifen Sie in Ihre linke Jackentasche und holen Sie heraus, was auch immer Sie da finden mögen.«
Während Jane das Mikrofon zurücksteckte, sah ich, dass der Mann in seine Jackentasche griff und kurz darauf ein lebendiges und piepsenden Küken herausholte. Ein Staunen ging durch die Menge und auch ich war sprachlos. Erneut klatschte das Publikum und Begeisterung machte sich breit.
Für diesen Trick hatte ich keine Erklärung.
Jane sprang mit einem Grinsen von der Bühne und lief auf mich zu. Die Menschen um mich herum holten ihre Checks heraus und schrieben darin Geldbeiträge für das CBI ein.
»Wie ich sehe, habe ich Sie zum Lächeln gebracht«, sagte Jane, der grinsend vor mir stehenblieb.
Schmunzelnd schüttelte ich den Kopf. »Sie sind dennoch ein Betrüger, Jane, vergessen wir das nicht.«
Zusammen gingen wir zu Lisbon und Cho, die neben der Veranstalterin der Gala, Esther Doverton, standen. Sie begrüßte uns mit einem Kopfnicken. Da klingelte ihr Handy und sich entfernte sich einige Schritte, um in Ruhe telefonieren zu können.
»Sie haben mir einen gehörigen Schrecken eingejagt«, raunte Lisbon Jane zu.
»Ich bitte Sie. Als ob ich nicht weiß, wie man einen Haufen Geldsäcke um den Finger wickelt.« Er griff ein Champagnerglas von dem Tablett eines Kellners, der vorbeilief, und trank einen Schluck davon.
»Was? Nein, das kann nicht sein!«, hörten wir die Veranstalterin auf einmal fassungslos aufschreien. Sie schwankte und ihre Beine zitterten, und hastig kamen zwei junge Männer auf sie zugerannt, um sie zu stützen, bevor sie zu Boden stürzte.
»Was ist denn passiert?«, wollte der eine wissen.
»Es ist Karl. Er … er wurde angeschossen!«
Sofort sah ich zu Lisbon, die vollkommen überrumpelt dastand. Auch Cho und Jane schienen nicht damit gerechnet zu haben. Ich sah mich um. Wo waren eigentlich Rigsby und Van Pelt?
Sofort ließen Cho und Lisbon sich zu dem Tatort führen, welcher der Sicherheitsraum war, in welchem die Familienjuwelen verstaut war. Ich wäre ihnen gefolgt, doch klingelte in diesem Moment mein Handy.
»Kaitlyn Moore«, sagte ich, als ich abnahm, und ich wandte mich etwas ab, um Ruhe von der lauten Menge zu haben, die immer noch darin vertieft war, die Checks auszustellen.
»Agent Moore, hier ist Special Agent Ron Sacks vom FBI. Mir wurde zugetragen, dass Sie an der Fallakte des Siskiyou-Killers arbeiten.«
»Wer hat Ihnen das erzählt?«, verlangte ich skeptisch zu wissen.
»Ich habe meine Kontakte im CBI«, gab der Mann starrsinnig zurück. »Hören Sie, ich will Ihnen eine Kooperation anbieten. Vor einigen Jahren hat das FBI an diesem Fall gearbeitet und ich denke, dass eine Zusammenarbeit für beide Seiten nur von Vorteil wäre.«
»Ich arbeite nicht beim CBI«, erklärte ich, »ich arbeite für das CBI. Ich bin von der BAU. Das hat Ihr Kontakt vergessen Ihnen zu sagen.«
Ich merkte, dass der Mann am anderen Ende allmählich ungeduldig wurde. »Agent Moore, wenn Sie für die BAU arbeiten, muss ich Sie sicherlich nicht daran erinnern, dass Sie dem FBI unterstehen.«
»Wir sind eine Einheit des FBI's, das ist korrekt«, erwiderte ich, »dennoch ist der Fall CBI-Sache und Sie haben keinerlei Rechte daran. Beschweren Sie sich beim Director, wenn Sie wollen, doch bezweifle ich, dass Sie einen Zuspruch erhalten. Einen schönen Abend noch, Agent Sacks.« Bevor der Mann antworten konnte, legte ich auf.
»Kaitlyn?«
Ich wandte mich Jane zu, der mit seiner Hand wedelte.
»Lisbon und Cho sind bereits am Tatort«, sagte er ungehalten.
»Gehen Sie ruhig«, sagte ich. »Ich muss noch etwas erledigen.«
Nachdenklich sah er mich an, doch schließlich ging er, ohne etwas zu erwidern. Ich steckte mein Handy zurück in meine Handtasche und lief auf den Ausgang zu. Ich hatte den Namen Ron Sacks schon einmal gehört, doch konnte ich mich nicht mehr daran erinnern, in welchem Zusammenhang es gewesen war.
Kaum war ich nach draußen getreten, erfasste mich die kühle Winterluft. Jane hatte meine und Lisbons Jacke weggebracht und ich war zu sehr in Gedanken versunken gewesen, um darauf geachtet zu haben, wo ich sie wiederfinden würde. Da ich auch nicht die Schlüssel für unseren Wagen hatte, und ich auch schlecht mit diesem wegfahren konnte, winkte ich ein Taxi herbei und ließ mich zu meinem Apartment fahren. Dass das FBI nun hinter dem Fall war, brachte mich in Zeitnot. Ich musste meine Pläne schneller in die Tat umsetzen, als ich vorgehabt hatte.
Als ich in meinem Apartment angekommen war, schlüpfte ich hastig aus meinem engen schwarzen Kleid und zog mir lockere und wärmere Kleidung an. Schnell packte ich eine Sporttasche zusammen und ergriff die Akte des Siskiyou-Killers, bevor ich mein Apartment wieder verließ und in mein Auto stieg. Lisbon und die anderen würden vorerst mit einem anderen Fall beschäftigt sein, also musste ich mich alleine um meinen eignen kümmern.
Es würden fünf Stunden Fahrt folgen, bis ich Fort Jones erreichen würde. Dort lebte der einstige Verdächtige im Siskiyou-Fall. Ich würde ihn noch einmal selbst befragen, um neue Informationen zu erhalten – der letzte Mord war immerhin ein Jahr her.
Die Fahrt war lang, die Nacht ebenso. Irgendwann hörte ich mein Handy klingeln und beholfen beugte ich mich herüber zu meiner Tasche und fischte es heraus.
»Kaitlyn Moore, was gibt’s?«, fragte ich.
»Moore, wo sind Sie?« Es war Lisbon und sie klang nicht erfreut.
»Ich gehe einem der Fälle nach, die Sie mir gegeben haben«, erklärte ich. »Ich bin gerade auf dem Weg nach Fort Jones.«
»In Siskiyou?«, wollte die Frau verwundert wissen. »Das ist ja Stunden entfernt! Sie können doch nicht einfach ohne meine Erlaubnis einem Fall nachgehen!«
»Tut mir leid, Lisbon. Das FBI will den Fall wieder übernehmen und ich will das verhindern, indem wir den Fall zuerst lösen. Sie haben gerade zu tun, deswegen dachte ich, ich fahre lieber schnell los, als zu warten.«
»Wir brauchen Sie hier, Moore! Der Siskiyou-Fall ist seit Jahren ungelöst. Kümmern Sie sich lieber um einen Fall, der noch zu lösen ist!«, rief sie erzürnt. Sie klang mittlerweile ziemlich sauer.
»Sie haben mir die Akten gegeben, damit ich sie löse«, meinte ich ruhig. »Wenn ich nicht jetzt handle, ist es zu spät. Keine Sorge, ich schaffe das. Es ist nicht das erste Mal, dass ich alleine an einem Fall arbeite.«
»Agent Moore, ich befehle Ihnen -«
Und da hatte ich aufgelegt. Es brachte sowieso nichts, noch weiter mit ihr zu diskutieren. Ich brauchte noch höchsten zweieinhalb Stunden bis Siskiyou. Den Weg wieder zurückzufahren, wäre sinnlos.

IN MY MIND || The Mentalist [Band 2]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt