Apollo (7) - here comes the sun

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Here comes the sun, here comes the sun
And I say it's all right

Little darling, it's been a long cold lonely winter
Little darling, it feels like years since it's been here

Here comes the sun, here comes the sun
And I say it's all right

Little darling, the smiles returning to the faces
Little darling, it seems like years since it's been here

---"Here comes the sun"
von den Beatles---

*****

Apollo und ich betraten gerade den kleinen Park, in dem ich mein Lager unter einer der Brücken hatte. Ich sah es einfach mal als einen Zufall an, dass er mich genau hierher geführt hatte. Woher sollte er auch wissen, dass ich hier schlief. Es war wenig los heute, was wohl dem kalten Wetter zu verdanken war, das über der Stadt herrschte. Zwischen uns beiden herrschte immer noch dieses Schweigen, aber es war keineswegs unangenehm. Plötzlich allerdings begann er neben mir eine Melodie zu summen.

Ich runzelte die Stirn und sah ihn von der Seite her an, doch sein Blick blieb weiterhin nach vorne gerichtet. Sein Summen klang genauso gut, wie wenn er den Text singen würde. Es war wirklich erstaunlich, was für eine klare und reine Stimme er hatte. Das Lied, das er summte, kannte ich. Mein Vater hatte einen ziemlich altmodischen Musikgeschmack gehabt und gefühlt jede Band gehört, die im letzten Jahrhundert, beziehungsweise als mein Vater jung war, ihre größten Erfolge hatten.

"Beatles?", fragte ich mit einem Unterton in der Stimme. "Dein Ernst?"

Er lächelte mich von der Seite her an und ich hatte das Gefühl, dass es mir wärmer ums Herz wurde. "Kein Fan?", fragte er.

"Nein, ganz sicher nicht." Ich schüttelte den Kopf und lachte leise. "Mein Vater hat so alte Bands immer gehört, aber ich konnte mich nie damit anfreunden."

"Nicht? Das ist wenigstens noch richtige Musik. Der ganze Techno-Kram, den sie heute produzieren oder die DJs, die einfach nur ein paar Knöpfe drücken - das ist doch alles keine wahre Musik mehr. Wahre Künstler, die gibt es immer seltener." Er klang ziemlich traurig darüber, wenn nicht sogar verletzt. Ich persönlich war etwas überfordert, mit dem, was er gerade gesagt hatte. Ich meine, ich bin jetzt auch eher der Typ, der lieber nur mit Gitarre und Stimme Musik machte, anstatt mit der ganzen Elektronik, die es heutzutage gab, aber so schlimm waren diese Lieder auch wieder nicht.

"Naja, Musiker kreieren nur das, was die Menschen hören wollen. Sonst würden sie niemals in diesem Buisness überleben."

Apollo seufzte. "Ich weiß. Es ist trotzdem eine Schande." Er blieb abrupt stehen, sodass ich fast gegen ihn gelaufen wäre. Rechtzeitig konnte ich dann aber doch stoppen und trat einen Schritt zurück. Ich folgte seinem Blick und mein Herz setzte einen Schlag aus. Wir waren an genau der Wiese stehengeblieben, an der ich nach dem Brand aufgewacht war. Langsam wurde mir dieser Kerl unheimlich. Diese ganzen Zufälle... das konnten doch unmöglich alles Zufälle sein. Er wusste mehr über mich, als er zugab. Aber woher hatte er diese ganzen Informationen? Ich hatte mit niemandem darüber geredet, wie ich auf dieser Wiese zu mir gekommen war - nicht einmal Jake weiß davon.

"W-wieso bleibst du stehen?", fragte ich verdattert und bemerkte, wie er zu mir hinunter lächelte. Mein Herz setzte einen Schlag aus.

"Komm, wir legen uns auf die Wiese", meinte er und setzte sich auch schon in Bewegung.

"Aber", protestierte ich. "Die ist doch nass!"

"Sicher?" Er lächelte mich vielsagend an und machte eine ausholende Bewegung.

Ich runzelte die Stirn und folgte ihm auf das Gras. Mit meiner Hand testete ich, ob es wirklich trocken war. Und nicht nur das - es war nicht einmal kalt. Die Wiese fühlte sich an, als wäre sie den ganzen Tag von der Sonne gewärmt worden. Das konnte doch nicht sein! Es hatte in der Nacht und heute Morgen geregnet und die Sonne hatte kaum zehn Minuten geschienen und trotzdem... Ich sah verblüfft zu Apollo rüber. "Wie hast du...?"

Er grinste breit und ließ sich dann auf der trockene Wiese nieder. Ich überlegte nicht lange und folgte seinem Beispiel. "Du bist schon irgendwie komisch", entfuhr es mir und ich biss mir daraufhin auf die Zunge. Allerdings war Apollos Reaktion nicht das, was ich erwartet hatte. Statt beleidigt zu sein, begann er herzhaft zu lachen. Und er hatte ein wirklich schönes Lachen. Kein Gackern, kein Kichern, ein klares, perfektes Lachen. Was war an diesem Typ eigentlich nicht perfekt?

Während sich eine Gänsehaut auf meinen Armen bildete, legte ich meine Gitarre sorgfältig neben mich und sah dann hinüber zu Apollo. Meine Augen trafen direkt auf seine blauen und eine Welle einer angenehmen Wärme durchfuhr mich. Ich erwiderte vorsichtig sein Lächeln, konnte dann aber seinem Blick nicht mehr standhalten und sah auf das grüne Gras hinab.

Er legte sich hin, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und schloss die Augen, als würde er die nicht vorhandene Sonne genießen. Ich beobachtete ihn kurz und entschied mich dann, mich neben ihn zu legen.

"Wieso machst du das alles?", fragte ich leise.

"Was genau?" Neugierde lag in seiner Stimme.

"Dich mit mir abgeben."

Er legte den Kopf zur Seite, um mich anzusehen - natürlich immer noch lächelnd. Langsam glaubte ich, er konnte gar nicht anders und irgendwie tat es mir gut, ihn so fröhlich zu sehen. Es färbte auf mich ab.

"Aus demselben Grund, aus dem Menschen Zeit miteinander verbringen. Ich mag dich."

"Du kennst mich kaum", entgegnete ich skeptisch, obwohl mein Herz bei seinen Worten einen Schlag ausgesetzt hatte.

"Aber das, was ich kenne, gefällt mir ziemlich gut." Er grinste mich charmant an und entlockte mir damit ein Schmunzeln. Ich spürte, wie mir die Hitze in die Wangen schoss und wandte schnell meinen Blick ab.

Neben mir rollte Apollo sich auf die Seite und stützt sich auf seinem Ellebogen auf, sodass er nun von oben auf mich herabschaute. Mein Körper füllte sich mit Wärme, als sein Blick über ihn glitt und jeder Zentimeter in mir spannte sich an. Konnte er nicht mit diesen Blicken aufhören? Die machten mich ziemlich nervös.

"Erzähl mir was von dir", forderte er mich auf.

"U-und was?", erwiderte ich mit kratziger Stimme. Schnell räusperte ich mich und setzte mich auf, um seinem forschenden Blick zu entgehen. "Es gibt nicht viel über mich zu erzählen", fuhr ich mit festerer Stimme fort. "Ich lebe auf der Straße. Punkt. Aus. Ende."

"Ach, Layla." Er sah mich schmunzelnd schief an und mein Lächeln verschwand, weil er schon wieder den falschen Namen benutzt hatte.

"Oh, Entschuldige", erwiderte er ehrlich. "Ich vergesse es immer... Melody... es ist nur so..." Er sah gen Himmel und kaute auf seiner Unterlippe herum. Sein Lächeln war verschwunden.

"Was?", hakte ich mit Nachdruck nach, als er eine Weile nicht weiterredete.

Er blickte mich noch einmal mit zusammengezogenen Augenbrauen an und antwortete dann: "Es tut mir leid. Ich darf es dir nicht sagen." Es klang, als täte es ihm wirklich unendlich leid, aber irgendwie kaufte ich es ihm nicht ganz ab. Diese ganze Geheimnistuerei nervte mich gewaltig. Ich wollte wissen, woher er meine Vergangenheit kannte.

"Wieso verbringst du dann Zeit mit mir, wenn du offensichtlich über nichts mit mir reden darfst?!", blaffte ich wütend und griff nach dem Henkel meines Gitarrenkoffers. In einer grazilen Bewegung kam ich auf die Füße und stolzierte davon.

Keine Ahnung, was oder wer dieser Kerl war oder was er von mir wollte, aber, ganz ehrlich, es war mir egal. Sollte er mir doch gestohlen bleiben! Schöne Männer sind echt immer die bescheuertsten.

Apollo - Wärme der MusikWo Geschichten leben. Entdecke jetzt