Kapitel 1 // Erster Morgen

126 10 2
                                    

Ein ohrenbetäubendes Schellen weckte den jungen Katsuki. Ohne seine Augen zu öffnen ertastete er rasch den Wecker und warf ihn mit voller Wucht gegen die nächste Wand.
Das Schellen hatte aufgehört. Stattdessen erklang ein genervtes murren unter der Bettdecke.
So hatte er sich seine Sommerferien sicher nicht vorgestellt. Es war viel zu früh und er hatte keine Lust auf das, was ihn erwarten würde.
Der Blondschopf stand langsam auf und ging ins Bad, um sich die Zähne zu putzen.
Er sah in den Spiegel und bemerkte an seinem Gesichtsausdruck, dass er so gar nicht in der Stimmung war jetzt fette Kühe zu melken, stinkende Schweine zu füttern oder was man auf dem Hof dort sonst so zu erledigen hatte.
Er wusste noch gar nichts von seinen Aufgaben, geschweige denn wie lange er jeden Tag dort aufkreuzen sollte. Das konnte ja noch spaßig werden.

Nach dem kurzen und schweigsamen Frühstück mit seiner Mutter machte er sich auf den Weg. Katsuki brauchte dafür nicht lange. Er musste, nachdem er das Haus verließ, nur einem etwa 500 Meter langem Schotterweg folgen, zwischen hohen Apfelbäumen entlang.
Der Hof war von seinem Haus bereits zu sehen, doch je näher er diesem Gebäude kam, umso mehr staute sich die Wut in ihm an.
Vielleicht schickten sie ihn ja nach Hause, wenn er zu anstrengend war.
Nach der kurzen Überlegung und den letzten Schritten erreichte er tatsächlich das Haus, an welches ein weiteres Gebäude stand, was ungefähr genauso groß wirkte wie das Hauptgebäude.
Doch eins fiel dem jungen Mann sofort auf. Er sah keine Hühner, Schweine oder Ähnliches. Nur leere Weiden waren zu sehen.
Eine Tür tat sich auf und eine Dame mit grünen Haaren trat nach draußen und erblickte ihn sofort vor ihrem Treppenaufgang. 
"Guten Morgen, Katsuki Bakugo. Mitsuki hat mich bereits über alles informiert. Dann wollen wir dich mal beschäftigen."
Ihre Aussage verbesserte die Laune des Jungen kein Stück. Er musste sich zusammenreißen sie nicht gleich zu beleidigen.
"Bitte begib dich in den Stall. Mein Sohn wird dir dann alles zeigen."
Plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen, als sie die letzten Worte sprach und um die Hausecke verschwand.
Hof Midoriya. Seine Mutter kannte die Besitzerin schon lange. Klar, sie waren Nachbarn, da lag es nahe, dass sie sich kannten. Und doch wurde ihm schnell klar, dass die nächsten Wochen die Hölle auf Erden sein würde.

Katsuki betrat nach kurzem Gedankengang die Stallungen und sah sich um. Lautes Schnauben war zu hören sowie auch leises Rascheln. Langsam ging er den Gang zwischen den Boxen entlang und sah sich um, als eine Stimme aus der Nähe meldete und seine Wut steigerte.
"Komm bitte hier rüber."
Er war es tatsächlich. Seine Stimme brachte ihn bereits zur Weißglut. Und mit ihm sollte er nun die nächsten Wochen zusammen arbeiten?
Der Blondschopf atmete tief durch und begab sich dann zu der Box, wo er die Stimme vernommen hatte.
Er sah durch die Gitterstäbe in die Box hinein und sein Magen zog sich zusammen.
Da saß der grünhaarige Junge, der in seinem Alter war. Der Kleinere hatte einen Eimer in der Hand und schüttete etwas zu Fressen in einen Trog.
Als er damit fertig war, drehte er sich zu dem Aschblonden und erschrak ein wenig.
"K-kacchan? Du?"
"Deku...", knurrte der Größere von beiden und trat einen Schritt zurück, als der andere Junge die Box verließ.
"Du bist also derjenige, der-"
"Halt einfach die Klappe und sag mir, was ich tun soll."
Schluckend nickte Deku nur und sah sich um.
"Dort vorne stehen noch einige volle Eimer. Du könntest anfangen die anderen Pferde auf der linken Seite zu füttern. Dann würde ich rechts weiter machen."
Katsuki nickte nur und nahm sich gleich vier Eimer mit und stellte jeweils eine vor jede kommende Box. Dann ging er in jede hinein und streute den Tieren das Fressen in ihren Trog.
Als er nach einiger Zeit fertig war, ging er zu dem so eben fertig gewordenen Deku. Der Grünhaarige schien nun weniger nervös zu sein als vorher. Anscheinend war der erste Schock rum.
"Ich hatte nicht erwartet dich über die Ferien zu sehen."
Murrend nickte sein Gegenüber und blickte ihn mit rot schimmernden Augen an.
Deku war nicht nur ein für ihn Bekannter aus Kindheitstagen, sondern auch noch sein Klassenkamerad. Damals hatte er ihn Deku als abwertenden Spitznamen gegeben, denn eigentlich war sein richtiger Name Izuku.
"Nun gut. Du wirst nun eine Weile bei uns sein. Dann zeige ich dir mal den Hof, die Tiere und was deine Aufgaben über die Zeit sein werden."
Genervt machte Bakugo eine Handbewegung, dass er sich bewegen solle. Er hatte kein Bock auf den ganzen Scheiß und war froh, wenn die Wochen schnell rum gingen.
Nickend ging Deku nun voran führte ihn hinaus.
"Nun, dort drüben ist unser Haus, was für dich nur in der Pause relevant sein wird. Wir essen immer zusammen-"
"Wann und wie lange ist die Pause?"
Der kleine Midoriya seufzte.
"Nun, meistens so um 12 Uhr herum. Dann nehmen wir uns eine Stunde, bevor es weiter an die Arbeit geht."
"Ich will in der Zeit lieber nach Hause."
Seine Worte schnitten ein wie ein geschärftes Messer. Irgendwie hatte Deku ähnliches erwartet.
"Okay... Verständlich. Also, hier nebenan hast du ja bereits die Stallungen gesehen. Hier hinten haben wir selbst angepflanztes Obst und Gemüse, um das sich meine Mutter kümmert. Und der umzäunte Platz dort ist unser Reitplatz."
Während er ihm alles erzählte, führte er ihn hinterm Haus herum.
"Und dort hinten sind die umzäunten Weiden."
In der Ferne bot sich so viel Land, was Katsuki bisher noch nie hinter seinem Haus aufgefallen war. Das Grün der Weiden war viel schöner als das in der Stadt. Hier blühten die verschiedensten Blumen kräftiger als zwischen Häusern und Straßen.
Und das alles wurde mit der steigenden Sonne noch bekräftigt, denn das Leuchten ließ den Tau auf den Pflanzen glänzen. 
"Ich möchte dich auch nicht angreifen, aber du solltest dir ab morgen andere Kleidung anziehen. Welche auch dreckig werden darf."
"Darf sie, das ist alt", meinte der Blonde kühl.
"In Ordnung. Nun gut, bevor ich dir die Tiere zeige, würde ich gerne deine Aufgaben erklären. Der Ablauf kommt dann ganz von allein. Meistens arbeiten wir eh zusammen."
Der Größere musste sich zurückhalten nicht gleich einen Würgereiz zu bekommen durch die Worte des anderen. Mit dem kleinen Zwerg zusammen arbeiten zu müssen war die schlimmste Strafe, die ihm einfallen würde.

Deku hatte ihm einen Platz auf einem Baumstumpf angeboten, während er sich auf einem waagerecht liegenden Baumstamm setzte. Von dort aus hatte man den besten Ausblick zu dem Anbau und einer kleinen Plantage mit Apfelbäumen.
"Meine Mutter hat mir erzählt, dass du hier bist, um Sozialstunden abzuarbeiten. Ich werde nicht fragen, was passiert ist und es geht mich auch nichts an. Die Verwaltung übernimmt sie. Du arbeitest hier bis 17 Uhr. Deine Tagessatz beläuft sich pro Tag auf genau 8 Arbeitsstunden. Morgens begibst du dich immer zuerst in den Stall, um die Pferde zu füttern. Danach kommt das, was wir gleich machen werden. Wir bringen gleich die Pferde nach draußen. Wenn sie draußen sind, werden die Boxen ausgemistet. Meistens reicht es genau zum Mittagessen. Und nach der Pause Werden die ausgemisteten Boxen wieder mit frischem Streu ausgelegt, es wird schon mal das neue Futter aufgefüllt sowie die Tränke. Dann werden die Pferde rein geholt und der Stall gefegt. Solltest du zwischendurch Luft haben, frag meine Mutter nach Arbeit. Sie wird sicher auch Hilfe brauchen."
Bakugo konnte sich nicht daran erinnern, wann er ihm das letzte mal so lange zugehört hatte, falls dies jemals vorgekommen war.
"Sind das die einzigen Viecher die ihr habt?", fragte der Größere und Deku verengte böse die Augen.
"Ja, wir haben nur Pferde. Das sind deine einzigen Aufgaben für den Tag. Es kann auch mal vorkommen, dass wir eine Futterlieferung bekommen, Pferde gebracht oder abgeholt werden oder andere Fälle eintreten wie Besuche vom Hufschmied oder auch dem Tierarzt. Das gehört natürlich auch zu deinen Aufgaben."
Seufzend stemmte Katsuki seine Hände auf die Oberschenkel und richtete sich auf.
"Ich hoffe, du bist fertig, damit ich das hinter mich bringen kann."
Auch Deku richtete sich auf und nickte vorsichtig.
"Ich bin fertig. Lass uns die Pferde raus bringen."

Community Service - Hof MidoriyaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt