Kapitel 2

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- Kapitel 2 -

Severus fand den Grund für das Fortbestehen seiner Existenz in der Großen Halle. Der Unterricht lief und so hatte Hermine den Haustisch beinahe komplett für sich. Severus ging zielstrebig zu ihr, doch sie war so sehr in ihr Buch vertieft, dass sie seine Schritte erst bemerkte, als er bereits direkt hinter ihr stand.

Das erlaubte es ihm, einen Blick auf ihre Gefühle zu werfen. Nicht dass er besonders erpicht darauf wäre. Oder besonders viel damit anfangen konnte. Gefühle waren etwas, das er sich vor langer Zeit abgewöhnt hatte. Zu oft hatte er deswegen schlechte Entscheidungen getroffen. In den letzten Tagen hatte er sie deswegen mit Okklumentik aus seinem Geist ausgeschlossen. Er konnte sich nicht konzentrieren mit ... ihr in seinem Kopf. Aber jetzt ließ er es doch für einen Moment zu. 

 Da war etwas, das er kannte ... Eifer. Klar, sie hing über einem Buch. Er verdrehte die Augen. Und ... etwas Unruhiges. Und ... etwas Quälendes? Es fühlte sich jedenfalls an wie ein schweres Gewicht auf seiner Brust. Schön war das nicht. Und darunter ... Er runzelte die Stirn, als er versuchte, es zu greifen. Aber in diesem Moment drehte Hermine sich zu ihm um und als sie ihn sah, war plötzlich alles weg. 

 „Severus", sagte sie kühl und klappte das Buch zu, allerdings nicht, ohne vorher einen kleinen Pergamentschnipsel zwischen die Seiten zu legen. 

Er zog seine Augenbrauen hoch. Okklumentik. Auch sie versuchte, ihn nichts von ihren Gefühlen spüren zu lassen. Vergeblich. Aber er sagte nichts dazu. „Albus hat mich für zwei Wochen vom Unterricht beurlaubt, die wir dafür nutzen sollten, an dem Projekt weiter zu arbeiten. Er wird auch mit Moody Kontakt aufnehmen, um dich vom Kampftraining zu entbinden." 

Hermine schien einen Moment lang nicht zu wissen, was sie sagen sollte. Dann nickte sie. „Okay." 

 „Komm morgen nach dem Frühstück in mein Büro." Er zog bereits seine Robe aus dem Weg, als Hermine noch einmal Luft holte. Mit hochgezogenen Augenbrauen sah er sie an. 

 „Ich bin froh, dass die Zusammenarbeit nicht ... daran scheitert." Nun schlüpfte etwas, ein Gefühl in seinen Geist, das sein Herz schneller schlagen ließ und sogar ein Lächeln auf seine Lippen zerren wollte. Schrecklicher Zustand. 

 Mit verkniffener Miene sagte er: „Ich werde einen Weg finden, diese ... Verbindung zu lösen. Sie wird bald kein Problem mehr sein." Mit einem letzten Nicken wandte er sich ab und verließ die Große Halle. 

 Als er draußen in der Vorhalle war, ließ Hermine los und ihre Okklumentik fiel in sich zusammen. Entweder vergaß sie, dass diese Verbindung immer bestand, oder sie tat es absichtlich. Jedenfalls stockte Severus über dieses plötzliche Empfinden so vieler Emotionen, ehe er seinen eigenen Geist davor verschloss und die Stufen zu den Kerkern hinabstieg.

- - -

 An diesem Nachmittag saß Severus also wieder in der Bibliothek. Die Schüler sahen ihn an, als wäre ihm ein zweiter Kopf gewachsen, was vermutlich daran lag, dass er offiziell als unterrichtsunfähig galt. Albus hatte einen Vertreter für ihn organisiert, einen halbwüchsigen Medimagier, der nicht mal in Hogwarts zur Schule gegangen war. Severus hatte nach einem Blick beschlossen, dass er ihn nicht leiden konnte. 

 Aber die Schüler schienen ihn zu mögen. Und sie schienen zu befürchten, dass bald Severus sie wieder im Unterricht erwarten würde, da es ihm ja offensichtlich gut genug ging, um sich mit einem verboten hohen Bücherstapel auf einem der Tische in der Bibliothek auszubreiten. Was er nur tat, weil Madam Pince es ihm verboten hatte, das halbe Regal mit in seine Räume zu nehmen. Also warf er jedem, der es wagte, ihn zu lange anzustarren, einen finsteren Blick zu und bald umgab ihn eine Zone von etwa zwei Metern, die niemand zu betreten wagte. 

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