Kapitel 12

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- Kapitel 12 - 

 Nachdem Severus die Tür zu seinen Räumen hinter sich geschlossen hatte, ließ Hermine ihm den Vortritt und er steuerte direkt auf die Treppe zur Eingangshalle zu. Mit zügigen Schritten lief er sie hinauf und hörte Hermines Schritte hinter sich. 

 Kurz darauf traten sie hinaus in den hellen Sonnenschein und die Hitze, die sich Severus wie ein Kissen auf die Lunge presste. Er kniff die Augen zusammen, bis er sich an das Licht gewöhnt hatte, atmete mehrmals tief durch. Hermine trat neben ihn, als er über die Ländereien ging, ohne auf die Wege zu achten. Sie blickte stur geradeaus, sah regelrecht verbissen aus, wie er bei einem kurzen Seitenblick bemerkte. War das wirklich nur die Wut auf Lucius? Oder steckte mehr hinter diesem Gefühl? 

 Sie kamen an Hagrids Hütte vorbei und der Wildhüter machte Anstalten, Hermine anzusprechen. „Nicht jetzt, Hagrid", sagte Severus. Er sah ihnen sprachlos hinterher. 

 „Ist das unser Ziel?", fragte Hermine knapp, als sie die ersten Bäume des Verbotenen Waldes erreicht hatten. Die Luft war kühler hier, das Licht angenehmer. Der Boden war mit Moos bewachsen. 

 „Nein", antwortete Severus. Er schlug einen Haken um einen umgefallenen Baum, verfolgte dann aber die ursprüngliche Richtung weiter. 

 Nach etwa fünf Minuten kamen sie auf eine Lichtung. Nach oben hin war nur ein sehr kleiner Kreis des blauen Himmels zu sehen, da die Baumkronen sich ausbreiteten wie die Fächer einer brasilianischen Edeldame. Die Blätter rauschten im Wind und hin und wieder flog ein Vogel über sie hinweg. 

 Severus wandte sich zu Hermine um und beobachtete, wie sie sich einmal um sich selbst drehte. Am Rand der Lichtung standen Säulen, viele in sich zusammengefallen und verrottet. Nur einige ließen noch erahnen, dass hier früher einmal eine Art Arena gestanden hatte. Der Boden zu ihren Füßen war hart, selbst starke Regenfälle konnten ihm nichts mehr anhaben. Dennoch war es kein Stein, sondern nur fest getretener Sand. 

 „Was ist das?" 

 Severus verschränkte die Arme hinter dem Rücken und verfiel in seinen Lehrertonfall, ohne dass er es verhindern konnte: „Zur Gründerzeit der Schule fand hier der Kampfunterricht statt. Schwertkampf, Fechten, Duelle – die Gründer legten viel Wert auf eine angemessene Ausbildung in diesen Künsten." Er ging er paar Schritte auf dem Platz umher, ohne auf Hermines Position zu achten. Sie würde ihn von jedem Punkt der Arena aus hören können, die Zauber, die auf diesem Ort lagen, waren so mächtig, dass sie die Jahrhunderte überdauert hatten. Eine Akustik wie hier würde man nicht einmal in den alten Bauten der Griechen finden. 

 „Warum wurde es abgeschafft?" 

 Severus zuckte mit den Schultern. „Zu viele Verletze für den geringen Nutzen. Nachdem die Kriege, die zur Zeit der Gründer geherrscht hatten, ausgestanden waren, hielt niemand es für nötig, diesen Unterricht weiter zu führen. Es konnte schließlich niemand wissen, dass sogar die Zauberergesellschaft zu dumm ist, um aus ihren Fehlern zu lernen." 

 „Ich denke, das ist ein Problem der Menschheit an sich", murmelte Hermine. 

 „Vermutlich", sagte Severus. Er stand jetzt gut zwanzig Meter von ihr entfernt. 

 „Was wollen wir hier?", fragte sie und drehte sich zu einer der Säulen um. Ihre Fingerspitzen strichen über die raue Oberfläche. 

 „Kämpfen. Was, glaubst du, würde ich sonst hier mit dir wollen?" 

 Sie drehte sich zu ihm um. „Ich weiß nicht. Ich habe es aufgegeben, irgendwelche Vermutungen aufzustellen." 

 Severus feixte. „Soll das ein Kompliment sein?" 

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