15. Kapitel

10 1 1
                                    

,,Was hast du mit ihr gemacht?", schrie Kiespfote den fremden Kater an und stürzte zu der roten Kätzin, wobei er den Schmerz in seinem Kopf und seiner Flanke ignorierte. 

Zu Kiespfotes Erleichterung hob sich die Flanke der anderen Schülerin gleichmäßig . Sie lebte. 

Dann wandte er sich wieder Schattensprenkel zu, dessen gelbe Augen auf ihm lagen. ,,Es liegt dir viel an ihr, oder?" 

Kiespfote senkte verlegen den Kopf. ,,Ja, sie ist meine einzige Freundin hier im SternenClan", erklärte er. 

Der Kater aus dem dunklen Wald sah plötzlich traurig aus. ,,Ich wünschte, ich hätte jemanden, den ich Freund nenne könnte."

Kiespfote sah verwundert zu dem Kater. Er hatte nicht erwartet, dass eine Katze aus dem Wald der Finsternis so war. Er hätte gedacht, dass alle fies, hinterlistig und brutal waren. 

Aber Schattensprenkel wirkte gar nicht so. 

,,Wieso bist du hier und nicht im SternenClan?", fragte Kiespfote also vorsichtig. 

Schattensprenkel seufzte und setzte sich hin. ,,Ich werde es dir erzählen", beschloss er und Kiespfote setzte sich mit neugierig gespitzten Ohren ihm gegenüber. 

,,Ich habe im SonnenClan gelebt und war ein loyaler Krieger, allerdings bin ich mit einer verkrüppelten Vorderpfote auf die Welt gekommen. Alle haben mich geärgert und mir erzählt, dass ich nichts könne, deshalb wollte ich es allen zeigen. Ich bin ein guter Krieger geworden und habe irgendwann eine Gefährtin gefunden. Als sie Junge bekommen hat, habe ich allerdings erkannt, dass es nicht meine waren. Ich war blind vor Wut und habe meine Gefährtin und zwei meiner Jungen umgebracht, das dritte schwer verletzt. Sie kann nicht richtig hören und ist auf einem Auge blind und das nur meinetwegen. Ich was ich getan habe mit jedem Atemzug und sogar jetzt, wo ich tot bin wünschte ich mir nichts sehnlicher, als dass ich das nicht getan hätte. In dem Moment war aber wahrscheinlich die Enttäuschung darüber, dass ich dachte, dass jemand, von dem ich gedacht hätte, dass sie  ich trotz meiner Behinderung liebt mich hintergangen hat, zu groß und hat mich zu dieser schrecklichen Tat verleitet. Ich wurde verbannt und habe bis zu meinem Tod als Streuner gelebt. Als ich hier wieder aufgewacht bin, war ich zuerst erschrocken, aber ich glaube, ich habe das verdient."

Schattensprenkels Stimme war so voller Selbsthass und Wut, dass es Kiespfote kalt den Rücken hinunter lief. 

,,Was du getan hast war wirklich schlimm, aber du bereust es ja jetzt. Außerdem hast du mich und Funkenpfote gerettet, deshalb denke ich, dass der SternenClan dir vielleicht verziehen hat. Versuch doch, mit uns zu kommen!", schlug er nach einer Zeit des Schweigens vor. 

,,Ich habe schon ein paar mal versucht, über die Grenze zum SternenClan zu gehen, aber ich habe es nie geschafft. Ich denke nicht, dass ich es heute schaffen werde", erklärte der Kater und senkte den Kopf. 

,,Versuch es doch wenigstens", meinte Kiespfote und schaute ihn ermunternd an. 

Schattensprenkel seufzte und nickte dann zögerlich. ,,Na gut, aber nur, damit du Ruhe gibst", brummte er schließlich und Kiespfote schnurrte und drückte seine Schnauze gegen die Schulter des großen Katers. 

,,Du schaffst das, ganz bestimmt", ermutigte er ihn. 

,,Wer schafft was?", meldete sich da plötzlich eine Stimme von hinten und Kiespfote wirbelte herum. 

,,Funkenpfote!", rief Kiespfote fröhlich und rannte auf seine Freundin zu, an die er sich dann schmiegte und schnurrte. 

,,Das ist Schattensprenkel, er hat uns gerettet. Eigentlich ist er im Wald der Finsternis weil er... etwas Böses gemacht hat, aber er bereut es und will mit uns kommen!", erklärte Kiespfote seiner Freundin und sah sie strahlend an. 

,,Ähm, Kiespfote, können wir kurz allein reden?", fragte Funkenpfote, doch Kiespfote entging der skeptische Blick, den sie Schattensprenkel zu warf nicht. 

,,Natürlich", erwiderte er etwas verunsichert und folgte Funkenpfote hinter ein Gestrüpp.

,,Wir sollten ihm nicht vertrauen", zischte Funkenpfote leise, sobald sie außer Hörweite des gefleckten Katers waren. 

,,Warum? Er scheint ziemlich nett zu sein!", widersprach Kiespfote entrüstet. Er verstand nicht, warum Funkenpfote Schattensprenkel nicht vertraute. 

,,Ja, er scheint ziemlich nett zu sein. Aber er ist immer noch im Wald der Finsternis und das wahrscheinlich aus gutem Grund. Vielleicht gibt er vor, nett zu sein, aber in echt lügt er dich an, will dass du ihm vertraust und lockt uns dann in eine Falle um Spaß dabei zu haben, uns zu Tode zu quälen!", miaute Funkenpfote verschwörerisch und schaute Kiespfote ernst aus ihren grünen Augen an. 

Der Heilerschüler fühlte einen leichten Zweifel in sich aufsteigen, doch er schüttelte energisch den Kopf, um diesen zu vertreiben. ,,Und was ist, wenn er doch gut ist und wir ihn zu unrecht verurteilen?"

,,Das kann auch sein, auch wenn es unwahrscheinlich ist. Aber wir sollten auf der Hut sein", flüsterte Funkenpfote. 

Kiespfote nickte langsam. ,,Na gut...", stimmte Kiespfote zögerlich zu, dann lief er mit Funkenpfote wieder zurück zu Schattensprenkel. 

,,Und? Laufen wir los?", fragte Schattensprenkel und drehte sich um, doch Kiespfote entging der traurige Ausdruck in seinen Augen nicht. Hatte der Kater aus de dunklen Wald etwa gehört, was Funkenpfote gesagt hatte?

,,Ja, wir kommen", miaute Kiespfote mit einem kleinen Anflug schlechten Gewissens und lief hinter dem gefleckten Kater her. 

Es schienen Monde zu vergehen, in denen sie einfach schweigend hintereinander her durch den gruseligen Wald trotteten, doch irgendwann konnte Kiespfote endlich Licht sehen, das schwach hinter ein paar Farnwedeln hindurch brach. 

Sein Herz machte einen kleinen Sprung vor Freude und er lief los. In schnellen Sprüngen raste er auf die Lichtquelle zu und konnte neben sich anhand des Trappelns von Funkenpfotes Pfoten hören, dass sie es ihm gleich tat. 

Dann lief er endlich durch den Farn hindurch und sogleich umfing ihn Wärme, als würde sie ihn freundlich begrüßen und die helle Sonne blendete ihn, sodass er kurz ein paar mal blinzeln musste, um sich an das helle Licht zu gewöhnen. 

Erst als er ein paar Herzschläge das wunderschöne Gefühl von Freiheit genossen hatte, drehte er sich zu Funkenpfote um und sah sie fragend an. ,,Wo ist Schattensprenkel?"

,,Keine Ahnung, ist mir egal", antwortete sie nur und machte einen übermütigen Luftsprung. ,,Wir leben noch! Das war ein tolles Abenteuer!", quiekte sie. 

,,Ja, natürlich", meinte Kiespfote nur abwesend und sah konzentriert in den Wald der Finsternis, suchte nach der Gestalt des Katers, der ihnen geholfen hatte, diesen Wald wieder lebend zu verlassen. 

Plötzlich entdeckte er die gelben Augen, die ihm aus der Dunkelheit des Waldes entgegen leuchteten und lief auf diese zu. ,,Schattensprenkel?", fragte er vorsichtig. 

,,Ja", entgegnete die Stimme, die zu den gelben Augen gehörte. 

,,Kannst du es? Aus dem Wald heraus laufen?", wollte Kiespfote aufgeregt wissen. 

,,Ich weiß nicht... ich will nicht schon wieder gegen eine unsichtbare Wand laufen und enttäuscht sein."

,,Du kannst ja nicht wissen, ob du es schaffen würdest, wenn du es nicht wenigstens versuchst", widersprach Kiespfote und sah eindringlich zu dem älteren Kater. 

Dieser nickte, dann holte er tief Luft und lief auf die Grenze zu. In dem Moment als er sie überschritt, flammte ein helles Licht auf und einen Herzschlag später stand Schattensprenkel neben Kiespfote auf der hellen Seite, die Seite des SternenClans. 

Die Geschichte des SteinClans || AbgebrochenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt