Der Morgen danach

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Am nächsten Morgen wache ich wie immer ganz ohne Wecker auf. Da wir keine Vorhänge in der Wohnung haben, strahlte die Sonne jeden Tag in mein kleines Zimmer und tauchte es in ein orangerotes Licht.

Müde streckte ich meine Glieder. Meine Haare hingen noch leicht feucht von der gestrigen Wäsche in einem lockeren Zopf. Tapsig geht es für mich in Richtung Küche um einen kleinen Apfel zu frühstücken. Da ich nicht erwartete Joanna um diese Zeit anzutreffen, genoss ich die Ruhe am Morgen, welche mir so selten vergönnt war. Ich bin ehrlich gesagt kein Fan von zu viel Trubel und Aufmerksamkeit, noch nie konnte ich es leiden im Mittelpunkt zu stehen. Auf Feiern bin ich immer diejenige, die in der Ecke steht und den ganzen Abend über an ihrem einen Pina Colada nippt. Aber für unsere Kollegen von der Uni ist es im Grunde perfekt, denn es gibt immer jemanden zum Fahren. 

"Guten Morgen." , halb gähnend, halb sprechend begrüßt Joanna mich. "Hey, na du, was machst du denn schon hier." , verwundert darüber, dass sie es mal vor um 8 Uhr geschafft hat aufzustehen, schaue ich sie fragend an. "Ich konnte nicht schlafen, gestern gab es noch einige richtig komische Situationen mit Oliver." , eröffnete sie mir, während ihres Weges zur Kaffeemaschine. Mein fragender Blick reichte anscheinend aus, um sie in einen heftigen Redefluss fallen zu lassen. 

"Naja, nachdem ich aus dem Lager kam habe ich ihn lautstark telefonieren gehört, er meinte irgendwas von Mädels, vermutlich wir, die er jetzt mehr unter Kontrolle haben muss. Im Großen und Ganzen klang er sehr wütend. Als er mich gesehen hat, wurde er plötzlich wieder stumm und im nächsten Moment verzerrte sich sein Gesicht erneut vor Wut. Ich glaube dieser Harry muss eine Menge Stoff gekauft haben, nicht nur die Pilze sondern noch mehr, denn sonst hätte er ihn vermutlich eigenhändig, aufgrund seiner Indiskretion, zusammen geschlagen. Aber so wie es klang, war er tatsächlich das erste Mal da. Unser Chef wollte auf Teufel komm raus sein kleines Geheimnis uns gegenüber verheimlichen, er denkt wir würden ihm nur Probleme machen und so sein lukratives Geschäft versauen." , mit einem tiefen Atemzug beendete Joanna ihren Monolog. 

Wow. Ich wusste erst einmal gar nicht, wie ich auf so viele Informationen reagieren sollte. Zumal Harry zuerst einen ganz normalen Eindruck auf mich gemacht hat, nicht so als wäre er irgendwie abhängig oder der Typ Mensch für Drogen. Genau das vertraute ich auch Joanna an. Sie fing daraufhin einfach nur an schamlos zu Grinsen. "Was schaust du denn so?" , frage ich sie verwundert. Irgendwas heckte sie doch wieder in ihrem kleinen Köpfchen aus. 

"Du bist ja mal sowas von in ihn verschossen." , lachte sie leise. Ihr Kaffee schwappte dabei fast über die Tasse, was sie kurz "oh fuck" fluchen ließ. 

"Ich kenne ihn genau 5 Minuten, ja er ist heiß und ja seine Stimme ist perfekt, aber er nimmt DROGEN und ich bin ein gutes Mädchen!" , der letzte Teil endete in einem leichten hysterischen Kreischen. Das bestärkte meine Freundin nur noch mehr in ihrer Theorie: "Allein schon, dass du dich ständig an der Drogengeschichte aufhängst zeigt, dass du ihn krampfhaft schlecht reden willst Außerdem weißt du ja nichtmal ob er sie nimmt, er kauft sie nur." . 

Herablassend verdrehte ich meine Augen, für so ein Gespräch ist es noch zu früh. Joanna weiß nur zu gut, wie viele schlechte Erfahrungen ich mit Männern bis jetzt gemacht hatte, daher war ich doppelt vorsichtig, was Kerle anging, gerade wenn sie offensichtlich in so einer Schiene verkehrten wie dieser Harry. Zum Glück kannten wir beide uns schon seit der Geburt und sie wusste genau, wann es besser war die Klappe zu halten. Sie ließ mich also meinen Tee trinken und den Apfel zu Ende essen, bevor ich mich auf den Weg ins Bad machte um für den Tag fertig zu werden.


Mit meiner Mom-Jeans, einem viel zu großen Shirt und meiner obligatorischen Mütze mache ich mich auf den Weg zur Uni. Heute habe ich wieder meinen Lieblingskurs, ein sehr junger Professor, der uns über Literatur und das Schreiben von Texten aller Art unterrichtete. Heute würde es um Poetry Slams gehen. Ein Thema, auf welches ich mich schon das ganze Semester freue. Da Joanna  in der Hinsicht das komplette Gegenteil von mir ist und angewandte Physik studierte, besuchten wir natürlich keine Kurse gemeinsam. 

Während der Busfahrt konnte ich es nicht verhindern, dass meine Gedanken an den Mann von gestern abschweifen. Die vollen Lippen, die faszinierenden grünen Augen und das lockige Haar. Aber vor allem seine Ausstrahlung hatte es mir angetan. Manchmal gibt es im Leben einfach Menschen, die müssen einfach nur dastehen und sie nehmen die ganze Umgebung um sich ein, mit ihrer perfekten und sicheren Ausstrahlung. Genauso war er. 

Fast hätte ich meine Haltestelle verpasst, gerade noch rechtzeitig sprang ich aus dem Bus, bevor dessen Türen sich schlossen. Unser Seminarraum lag passender Weise am anderen Ende des Campus, also durfte ich erstmal schön mehrere hundert Meter zu unserem Raum laufen.
Drinnen warteten schon 2 Freunde von mir auf mich. Thomas, Holly und ich hatten uns gleich in der ersten Woche unseres Studiums gefunden und sind auch jetzt, zwei Jahre später, noch sehr gut befreundet. "Ach da kommt ja unsere kleine Cassandra." , scherzte Thomas als ich um die Ecke lief. Er wusste genau wie sehr ich es hasse, wenn man mich mit meinem vollen Namen anspricht. 

Als Antwort schnellte nur mein Mittelfinger hoch und Holly bot mir lachend den Platz neben sich an. Dankend ließ ich mich fallen. Bevor unser Professor den Raum betrat, erzählten mir die beiden von ihrem Wochenende. Holly und Thomas waren kein Paar, auch wenn man das manchmal denken könnte, sie sind beide in mehr oder weniger glücklichen Beziehungen. Auch wenn bei ihnen nicht alles glatt läuft, machen sie sich jedes Mal ein Spaß mich über meinen Hauptberuf als Dauersingle aufzuziehen.

Zum Glück rettete mich die Ankunft unseres Professors aus der peinlichen Situation. Er hieß Marc, wir durften ihn alle duzen, es wäre auch mehr als merkwürdig, wenn wir das nicht machen würden. Denn Marc ist gerade erst 27 geworden und damit mehr oder weniger im gleichen Alter wie wir. Ohne viel zu sagen, startete er ein Video von einem sehr interessanten Poetry-Slam. Für jeden der es nicht kannte, erklärte er die Grundsätze. "Im Grunde geht es darum einen selbst ausgedachten Text vor einem Publikum zu performen, hierbei ist es komplett in eurer freien Gestaltung, worüber ihr schreiben möchtet." , erklärte er uns.

"Geile Scheiße gehts auch über Sex, hahahaha?" , brüllte Josh, ein Kerl Mitte 20, vom Geist her aber eher drei von hinten durch den ganzen Raum. Wir waren mittlerweile alle abgehärtet, da jede Stunde dämliche Kommentare von ihm kamen. Unser Dozent zog leicht spöttisch die Augenbrauen hoch und erwiderte ein: "Schreib lieber über etwas, in dem du schon Erfahrung hast, Josh." Und in dem Moment brachen wir alle in Gelächter aus. Josh war es nichtmal peinlich, ich glaube sein IQ ist auch zu niedrig um zu verstehen, dass es ein Witz auf seine Kosten war. Also blieb ihm nichts anderes übrig als auch mitzulachen.

Die letzte Zeit verbrachten wir mit Theoriewissen und Brainstorming, in unserer Abschlussprüfung würde jeder seinen Text vor dem Kurs vortragen müssen. Während Thomas und Holly wie besessen anfingen zu schreiben, starrte ich nur Löcher in die Luft. 

Im Ernst, wie sehr kann man an jemanden  denken, den man doch gerade erst kennengelernt hat. Genervt packte ich meine Sachen zusammen und verließ den Raum ohne mich nochmal nach meinen Freunden umzudrehen. 



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Hallo von meiner Seite!

Dieses Mal melde ich mich am Ende vom Kapitel, ich hoffe es hat euch gefallen. Und ihr bekommt langsam etwas mehr Eindruck von den handelnden Personen. Die ersten Kapitel werden einfach stark davon geprägt sein, dass ich Cassy langsam vorstelle und euch mit ihrem Umfeld (Freunde, Uni, etc. ) bekannt mache! Da müssen wir nunmal alle durch. 

Aber in den nächsten Kapiteln gibt es (vermutlich :D) wieder etwas mehr von Harry! :) Und ich glaube darauf freuen wir uns alle, da er ja bis jetzt noch nicht wirklich viele Anteile hatte.

Vielen Dank fürs Lesen, bis zum nächsten Kapitel!

xxx cantstopmyheart

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