Kapitel 4

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Eine raue Stimme klingelte unsanft in meinen Ohren. Tief atmete ich ein, ehe ich mich langsam erhob. Ungewohnte Helligkeit blitzte durch das Fenster, welches sich direkt vor mir befand. Mit einem leicht gespielten Lächeln sah ich zu ihm herüber. Seine dunklen Haare umspielten sein in meiner Sicht nahezu perfektes Gesicht, zu den mystischen Augen, welche eine dunkelblaue Farbe erwiesen, die jedoch in den Lichtstrahlen heller wirkte als zuvor. Sein Körper wurde von einem passend schwarzen Anzug bedeckt, weswegen mein Blick an ihm kleben blieb. Die kalte und dominante Aura, welche er sofort ausstrahlte, raubte mir den Atem. Mein Kopf spielte verrückt, als sich sein Blick langsam zu mir richtete. Seine raue Stimme klingelte unsanft in meinen Ohren. "Guten Morgen, Kitten" Sagte er sanft, was ich ihm selbstverständlich erwiderte. Seine Stimme klang merkwürdig ruhig. Unbeholfen versuchte ich, aus diesem Bett, welches mit hohen Gittern ausgestattet wurde, zu klettern, jedoch beobachtete Ayato jede einzelne Bewegung meinerseits und ließ mich nicht aus den Augen, was mir eine Gänsehaut über den Körper jagte. Anscheinend hatte er mich  vorherigen Abend ins Bett gebracht, ohne dass ich viel davon bemerken konnte. Bei dem Gedanken huschte mein Blick sofort an meinen Körper hinunter. Für einen langen Augenblick erstarrte ich. Aufeinmal packte mich eine peinliche Erkenntnis: Alles, was ich trug, war eine rosane Boxershorts, die wohl eher einem Rock gleichen könnte. Ayato folgte fragend meinen Blick; bot keinerlei Anzeichen, eine genügende Antwort darauf zu geben. Das musste doch bedeuten, dass er mich umgezogen hatte, während ich nichts davon mitbekommen konnte! Ich schüttelte meinen Kopf und versuchte, den Gedanken aus meinem Kopf zu bekommen.
Unschuldig sah ich mit leuchtenden Seelenspiegeln zu ihm hinauf, bevor er mich mit einem undefinierbaren Gesichtsausdruck betrachtete. Seine verwuschelten Haare fielen ihm leicht ins Gesicht und betonten so seine eher blasse Haut besonders gut. Ohne etwas zu sagen, bewegte er seine Arme in meine Richtung und berührte mich sanft an der Taille, um mich mühelos hochzuheben. Beschämt schloss ich meine Augen, da ich selbst nicht realisieren konnte, ob dieses Gefühl in mir positiv oder negativ war. Einerseits fühlte ich mich überfordert und gefangen, gleichzeitig aber geborgen und sicher. Sofort stieß mir die Röte ins Gesicht, als er mich fest an sich drückte und seine Hand weiter nach unten zu meiner Hose glitt. Ich versuchte dies zu verstecken, indem ich unauffällig den Kopf senkte. Kurz darauf spürte ich, wie sich sein Blick in meinen Körper bohrte und er mein Kinn in seine Hand nahm, sodass er mich dazu zwang, ihn anzusehen. "Du bist wunderschön" Seine Stimme wandelte sich zu einem verträumten Ton.
"D-Du auch!" Belustigt über meine Worte grinste er und fuhr mit einer Hand über meinen Kopf. "Du dachtest wirklich, ich würde das ernst meinen?" Verwirrt starrte ich ihn an, nun wirklich unfähig, etwas darauf zu erwidern. Auch wenn ich mir bewusst war, dass ich nur zu seinem Vergnügen gekauft wurde, traf es mich wie ein Stich. Ich verstand nicht, wieso ausgerechnet mich das verletzte, aber ich fragte auch nicht weiter. Er setzte mich neben sich ab und hielt meine Hand fest, um mich in die Küche zu begleiten und fing an, mir etwas zu essen zu machen, während ich schüchtern auf einem Stuhl saß und nervös mit meinen Fingern spielte.
"Sei gehorsam und setz dich auf meinen Schoß." Hauchte er mir zu, sodass ich seinen angenehm warmen Atem um meinen Nacken spürte und mir ein Schauer über den Rücken lief. "Warum sollte ich?" Leider sprach ich meine Gedanken laut aus, weswegen ich mich im nächsten Augenblick dafür hasste. Seine Miene veränderte sich schlagartig, auch wenn seine Stimme noch ruhig und gleichgültig wirkte. "Weil ich das will." Noch immer war ich ein wenig nachtragend, so entschloss ich, genervt die Augen zu verdrehen. Ich war nicht in der Versuchung, zu antworten oder zu gehorchen. "Ich zähle bis 3" Fuhr er fort. Schmollend verschrenkte ich meine Arme an meiner Brust, da ich nun wirklich keine Lust hatte, das zu machen , und zwar gegen meinen Willen. "2"
Ich spürte eine Berührung an meinem Nacken und zuckte überrascht zusammen. "1"
Mit seiner rauen Hand umschloss er erst vorsichtig meinen Hals, drückte mich dann jedoch gegen die nächstliegende Wand und fing an, mich leicht zu würgen. "Du tust was ich sage! Verstanden?" Ängstlich nickte ich und versuchte, seine Hände von meinem Hals wegzunehmen, doch erfolglos. Gegen ihn hatte ich keinen Hauch einer Chance. Je mehr ich mich wehrte, desto stärker und fester wurde sein Griff, der mich immer mehr dazu trieb, meinen Atem nicht mehr kontrollieren zu können. Nur wenige Herzschläge lang ließ er mich los, machte dann jedoch weiter damit. Plötzlich verspürte ich einen umheimlichen Druck, welcher mich zu Boden riss, sodass ich vor ihm kniete.
"Anscheinend verstehst du es nicht." Knurrte Ayato. Mit sorgenvollen Augen sah ich zu ihm hinauf, in der Hoffnung, dass er mir glauben würde.
Unsägliche Schmerzen rasten durch meinen Körper, weswegen ich nur ein verzweifeltes Keuchen heraus brachte. Im nächsten Moment lockerte er seinen zuvor festen Griff, um kalt auf mich herab zu sehen, dann beugte er sich zu mir herüber. Ich verspürte einen unguten Anflug von Angst, dass diese Strafe noch nicht vorbei war. Mir wurde schmerzhaft durch seine Gewalt bewusst, dass ich es mir niemals leisten konnte, seine Befehle zu verweigern oder ihm keinen Respekt zu schenken. Er war für mich zu einem Monster geworden, auch wenn ich ihn zuvor noch als einen gutherzigen Engel angesehen hatte, der mich nur kaufte, um mich besser zu behandeln. Ich konnte kühles Metall an meinem Hals ausmachen, welches sanft an meiner Haut strich. Ein plötzlicher Schmerz schreckte mich auf und ich spürte eine Flüssigkeit an meiner Schulter hinunter fließen. Meine Augen waren vor Schreck geweitet, als mein Blick zu meinem Besitzer glitt, welcher ein Seil um meine Handgelenke gebunden hatte und ein scharfes Messer zurückzog, welches mit Blut bedeckt war. Mein Versuch schlug fehl, dem Schmerz Herr zu werden, welcher wie Hunger an meinem Magen nagte. Einen kaum wahrnehmbaren Moment später erhob er sich wieder und setzte sich an einen Tisch, ohne meiner Wunde, aus der gefühlt endlos Blut tropfte, weitere Aufmerksamkeit zu schenken. "Komm her." Mit tränengefüllten Augen versuchte ich, wieder klaren Gedanken fassen zu können und richtete meinen Blick auf Ayato, welcher fordernd mit den Fingern auf seine Oberschenkel klopfte. Unsicher tappste ich zu ihm. Als ich bemerkte, dass sein Blick an mir die ganze Zeit hängen blieb, starrte ich unbeholfen zu Boden. Ohne dass ich irgendetwas erwarten oder mich wehren konnte, packte er mich an der Hüfte und zog mich auf seinen Schoss. Einen Herzschlag lang wollte ich nicht realisieren, was passierte, da er mich voll unter seiner Kontrolle hatte. Aufeinmal strich er mit einer Hand um meinen Hals, sodass diese ebenso rot bedeckt war. Erschrocken versuchte ich, zurück zu weichen, da mich diese Situation verstörte. Anscheinend merkte er meine Unsicherheit, doch sein Blick verriet nichts. Er war ausdruckslos und monoton. Ich fühlte Angst aufsteigen. Ayato umschloss meine Taille mit seinen Händen und deutete mir, dass ich meine Arme um seine Schultern legen sollte. Ich tat das, was er sagte und krallte mich noch mehr an ihn, als er mit mir aufstand und ins Badezimmer lief. Ängstlich verdeckte ich mein Gesicht an seiner Brust , was ihn schmunzeln ließ. Mein Körper zitterte, jedoch nicht vor Kälte, sondern vor der Ahnungslosigkeit, was als nächstes mit mir geschehen würde und warum sich die Atmosphäre auf einen Schlag veränderte. Meine Angst veränderte die Situation aber selbstverständlich nicht, stattdessen setzte er mich unsanft in die Badewanne ab und wusch mich. In diesem Moment regte sich kein Muskel von mir, da ich beinah erstarrt war. Das kalte Wasser berührte schmerzhaft meinen Körper, der durch die unsanfte Gewalt von meinem Besitzer bereits wehtat. Ich erhob meinen Blick und bemerkte, dass Ayato ein Handtuch um mich legte und abtrocknete. Zunächst stand er auf und lief aus dem Raum, was mich erneut verwirren ließ. Ich fürchtete, dass Ayato nichts gutes mit mir vorhatte, doch ich konnte sein Wille niemals missachten. Es könnte mich mein Leben kosten. Als mein Besitzer nach einigen Herzschläge den Raum betrat, starrte ich mit vor Kummer trüben Augen ins Nichts. Er hatte sich neben mich hingehockt, wobei ich zu verängstigt war, um ihn anzusehen. Er zog mir einen hellgrauen Pullover und eine enge, kurze Hose an. Einen Moment lang erwiederte ich seinen Blick in seine nahezu perfekten, markanten Gesichtszüge, die ihm jedoch eine dominante Aura gaben. Er sah aus wie ein Engel. Mit einer Hand strich er vorsichtig über meine Wange und umarmte mich dann so weich, als wäre ich ein kleines, zerbrechliches Wesen, welches jeden Augenblick zerstört werden könnte. Sein warmer Atem strich an meinem Nacken und ließ mir einen eisigen Schauer über den Rücken laufen. Aufeinmal bohrte sich ein fast schon wohliges Gefühl in meinem Körper auf, was mich völlig verwirren ließ. Das eins positive Gefühl wurde jedoch sofort in eine Art Warnung umgewandelt. Ayato und die Umgebung um mich herum vermittelte sich als verschleiert und unecht. Panisch fing mein Herz an, schneller zu klopfen, sodass mein Brustkorb nahezu weh zu tuen drohte. Mein Kopf spielte mir eindeutig einen Streich; Die Arbeiter der Firma, in der ich an meinen Besitzer verkauft wurde, kamen mir näher. Tatsächlich kamen sie mir immer näher. Verzweifelt versuchte ich, mich zu wehren, als ich ihre zynische Miene erblickte. Panisch suchte ich nach irgendeinem Ausweg, um dem Wahnsinn zu entkommen, doch es war zwecklos. Alles, was ich tat, war zwecklos. Es hatte absolut keinen Sinn. Die Fesseln an meinem Körper rissen meine Wunden erneut auf. "Niemand will den haben, er ist so wertlos!" Das erbarmungslose Lachen der Leute um mich herum brachte mich zum Schweigen. Voller Entsetzen erstarrte ich einfach nur, als ich mal wieder Schläge auf meinem Körper spürte. Diesmal waren sie gewalttätiger. Etwas hartes stieß gegen mich, riss mich beinah zu Boden, wenn die Fesseln mich nicht halten würden. Weiterhin wurde auf mich eingeschlagen, obwohl ich keinen Fehler gemacht hatte. Anscheinend war ich der Fehler für dieses Geschehen. Mir war es egal, was mit mir noch passieren würde. Mein Blick war monoton und mein Lächeln bedeutungslos. Egal was ich tat, es hatte keinen Grund.
Scharfe Stiche gruben sich in meine Haut und rissen weitere Wunden, was aber selbstverständlich niemanden störte. Ich zwang mich dazu, den Schmerz auszuhalten, da ich dies gewöhnt war. Ich spürte die rötliche Substanz an meinem Körper herunterlaufen, ohne auch nur eine Träne zu vergießen. Langsam verschwommen die einzelnen Szenen und Bilder um mich herum, bis die vertraute Stimme meines Besitzers in meinen Ohren dröhnte. Ich wimmerte ängstlich und drückte meinen Oberkörper gegen seine Brust. "Shh, es ist alles okay, Daddy ist hier." Nun flossen Tränen in Strömen über mein verängstigtes Gesicht, rannten über meine Wange und verstärkten das Gefühl nurnoch, hilflos zu sein. "Was ist denn passiert?" Fragte Ayato mich mit einer leicht besorgten Stimme. Ich musste mich konzentrieren, um vor Panik überhaupt richtige Worte heraus zu bringen. Wie von Sinnen schluchzte ich und krallte mich so fest wie möglich an ihn, da er mir nun ein Gefühl von Sicherheit vergab. "D-Die Leute von früher haben mich geschlagen und mir meine Familie genommen.." Meine Stimme klang zittrig und hoffnungslos. Jedoch beruhigten sich meine Atemzüge, mit der Gewissheit, dass dies Vergangenheit war, zumindest erhoffte ich dies. Erstaunlicherweise bemerkte ich, dass Ayato mir liebevoll zuhörte und wirklich sich bemühte, mir zu helfen und mich zu beruhigen. "Ich weiß, wie sich das anfühlt." Die Worte überraschten mich umso mehr. Hatte er das gleiche Schicksal erlebt, oder wollte er nur versuchen, mich zu verstehen? "Du bist jetzt sicher. Du wirst einmal glücklich sein, versprochen. Niemals wieder wirst du so behandelt werden." Vorsichtig gab er mir einen Kuss auf die Stirn, weswegen mir die Röte mal wieder ins Gesicht stieß. "Wir schauen gleich einen Film und kochen dann dein Lieblingsessen, ja?" Je mehr Zeit ich mit ihm verbrachte, desto verwirrter wurde ich. Ich fragte mich ständig, ob ich seine richtige Persönlichkeit kennenlernte, oder doch nur eine Fassade. Es gab einige Momente, in denen mein Herz die Tatsache, dass er mich gegen meinen Willen gekauft und in seinen Besitz eingenommen hatte, verdrängen wollte. Mir war nicht bewusst, was ich damit eigentlich tat. Wer weiß, vielleicht war dies auch eine Art, mit meiner Situation umzugehen, ohne gleich vor Hoffnungslosigkeit zusammen zu brechen. Ehrlichgesagt war ich froh darüber, dass mein "Meister" anscheinend auch eine Seite zeigte, die nicht nur von Kälte ausging.
"Das klingt toll, Daddy.. Aber, das habe ich doch gar nicht verdient." Antwortete ich mit einem etwas leeren Gesichtsausdruck. "Kitten, du bist perfekt in meinen Augen. Ich muss mich darum kümmern, dass es dir gut geht." Sanft strich er mir eine Strähne aus meinem Gesicht und streichte mir dann zärtlich über die Wange, weswegen ich eine leichte Verlegenheit meinerseits verspürte. Schon seit unzähligen Monaten hatte ich solche lieben Worte nicht mehr gehört, was aber klar war, da ich schließlich auf der Flucht gewesen war. Als ich daran dachte, kam plötzlich ein seltsames Gefühl in mir hoch und Tränen stiegen mir in die Augen. Ohne Ayato anzusehen, umarmte ich ihn einfach. Er schien überrascht, dass ich so leicht Vertrauen fasste, erwiederte die Geste jedoch sanft und strich mir aufmunternd über den Rücken, ehe er mich einige Herzschläge später einfach an der Hüfte hochhob, weswegen ich erschrocken aufquikte. Ich hörte ein belustiges Lachen von meinem Gegenüber und schnaubte empört, was er natürlich als vorlaut wahrnahm und mich aufeinmal kitzelte. Ich konnte nicht anders, als laut zu kichern. "H-Hör auf! Lass mich los!" Lachend versuchte ich, aus seinem Griff zu entkommen, bis er mich einfach auf das Sofa fallen ließ. "Uuuff" Keuchte ich belustigt und sah Ayato gespielt wütend an. "Du wolltest doch, dass ich dich loslasse" Lachte er und setzte sich neben mich. "Du bist gemein!" Beleidigt verschrenkte ich meine Arme an meiner Brust, weswegen er mich herausfordernd ansah. "Wer ist mein kleiner, braver Junge?" Seine Frage brachte mich nicht lange zum nachdenken, doch immernoch spielte ich vor, ihm nicht zu verzeihen und versteckte mein Gesicht mit meinen Händen. "Er ist gar nicht daaa" Kicherte ich albern. Ohne dass ich irgendetwas erwarten konnte, nahm er meine Hände in seine und drückte mich vorsichtig unter sich, sodass er auf mir lag. "Gefunden!" Lachte Ayato. Auf meinem Gesicht zierte sich nun auch ein belustigtes Lächeln und meine Wangen wurden hellrot. Aufregung pulsierte in meinem bebenden Leib. Waren dies eventuell die ersten Zeichen, dass nach all dem Schmerz, den ich verspüren musste, endlich Frieden in mein Leben einkehrt? Abgesehen davon, dass ich brav sein und ihm gehorchen musste, aber das werde ich schon schaffen. Mein Herz pochte rasend schnell gegen mein Brustkorb, während ich zum wiederholten Mal in die leuchtenden Augen von Ayato sah und mich in die Tiefe der Seelenspiegel verirrte. Mir war bewusst, dass ich keine Hoffnungen auf Liebe haben durfte, doch trotzdem fühlte ich mich bei ihm geborgen. "Was für einen Film möchtest du schauen, mein Kleiner?" Nur langsam sickerten seine Worte in meinen Verstand, da ich viel zu verträumt war. "Ist mir egal. Entscheide du, bitte." Trotzallem hatte ich das Gefühl, dass ich jegliche andere Gefühle wie Freude oder ehrliche Liebe aus meinem Herz gestrichen waren, auch wenn mir dieser Mann mir Geborgenheit gab. Dieses Gefühl verwirrt mich mehr, als das ich es annehmen könnte. Vor kurzem war nichts außer Schmerz und Hass geblieben, nichts weiter als den Wunsch, nicht gefunden zu werden. Aber war es nicht normal, dass Jugendliche in meinem Alter entführt wurden? Ein unglücklicher Schlag, und schon war alles vorbei? Vielleicht sollte ich mich einfach mit meinem Schicksal abfinden, auch wenn meine Stimmung schwankt. Ayato schaltete einen Dinofilm an, der wahrscheinlich mehr für kleinere Kinder gedacht war, aber das war mir egal. Eine Weile lang saßen wir schweigend nebeneinander, bis ich eine plötzliche Berührung an meinem Oberschenkel verspürte und den Mann neben mir erschrocken ansah. "Ist dir langweilig? Möchtest du etwa etwas anderes ansehen?" Sein undefinierbares Grinsen jagte mir eine bemerkbare Röte ins Gesicht steigen, weswegen ich unsicher zur Seite sah. "Aww, du bist ganz rot. Geht es dir gut?" Diese Frage überraschte mich auf ein Mal und wie auf ein Schlag rasten sämtliche Gedankengänge durch meinen Kopf. Seit Monaten wurde ich nicht mehr gefragt, wie es mir ging. Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte, also zuckte ich einfach mit den Schultern. "Ich will, dass du lächelst." Wie auf ein stilles Kommando zierte sich auf meine Lippen ein leichtes Lächeln, als würde er mich beinah dazu zwingen. "Brav. Gehorch mir, und dir wird es gut gehen. Verdammt, du siehst so unschuldig und niedlich aus!" Seine Stimme erklang in meinen Ohren ruhig, aber die Dominanz war kaum zu überhören. Ich warf meinen Kopf herum und blickte in die schelmisch glühenden Augen von ihm, die mich eindringlich musterten. Irgendetwas flammte in meinem meinem Besitzer aus, jedoch hatte ich keine Ahnung, was. Sie waren nur leicht angehaucht mit Dunkelheit. Er hatte mich bereits am vorherigen Tag vorgewarnt, dass ich ihm immer mit ganzen Worten antworten sollte, aber das war doch nichtmal eine Frage. Ich musste innehalten und überlegen, ob ich nun einfach schweigen oder ihn fragen sollte, was los war. Ich wollte gerade meinen Mund aufmachen, um etwas zu erwidern, doch genau in dem Moment wanderten seine Hände von meinem Oberschenkel weiter nach oben, was mir bloß ein leises Keuchen entlockte. Ich bemerkte seine Zeichen und rückte etwas weiter weg von ihm, da ich dazu ganz bestimmt noch nicht bereit war und mein erstes Mal nicht gegen mein Willen stattfinden wird. Zwar hatte ich mir schon vorgestellt, wie es wäre, mit ihm zu schlafen, aber jetzt war einfach noch nicht der richtige Zeitpunkt. Es ist erst der zweite Tag, an dem ich hier bin. An dem er mich für sein Vergnügen gekauft hatte. Ayatos Augen verwandelten sich in puren Hass. Hass, den ich von ihm nicht mehr gewöhnt war. Mir schnürte es die Kehle zu, als er mich am Arm packte und zu sich zog. Er drängte mich zu etwas, was ich nicht wollte. Panisch spannte ich meine Muskeln am; war ihm sowieso schutzlos ausgeliefert. "Komm her, kleines" Seine Stimme klang liebevoll, doch seine Gewalt und Berührungen verrieten ihn selbst. Ich spürte eine weitere Welle von Hilflosigkeit in mir aufsteigen, versuchte jedoch, mich zu wehren. Mein Blick huschte suchend durch die Wohnung, in der Hoffnung, möglichst schnell eine Fluchtmöglichkeit zu erkennen. Mein Ziel blieb an der Haustür. Ich musste ihm nur kurz entkommen und schneller sein als er, dann könnte ich fliehen. Ich wartete auf den richtigen Augenblick und stieß meinen Kopf mit all meiner Kraft gegen sein Kinn, entkam seinen Berührungen und rannte so schnell wie ich konnte in Richtung meiner Rettung. Erst stand ich in panischer Angst auf, musste mich jedoch kontrollieren, um mir eine Taktik zu überlegen, dass niemand mich finden würde. Das Haus, in dem ich mich befand, war gewaltig groß. Natürlich machte mir dies meinen ganzen Plan schwieriger als er sein sollte, trotzdem gab ich nicht auf. Mir verlangte es danach, zurück zu schauen und in die überraschten Augen meines Besitzers zu schauen, doch dies ersparte ich mir lieber. Es dauerte nicht mehr lange, bis ich an der Türklinke angekommen war. Fahles Sonnenlicht sickerte in meine Augen, wobei es glücklicherweise nicht ausreichte, um mein Blickfeld kapput zu machen. In der schwachen Beleuchtung sah ich meinen Weg nun um einiges deutlicher. Beim rennen kamen mir weitere Erinnerungen in den Verstand zurückgeflutet, ohne dass ich etwas dagegen tuen konnte: Bilder von meiner Vergangenheit, in der ich vor den Mördern meiner Familie flüchtete, der Boden scharlachrot vor Blut. Einen Herzschlag lang sah ich mich selbst in dem tiefen Wahnsinn verschlungen, und ohne zu verstehen wieso, zitterten meine Beine bei jedem einzelnen Schritt. Ich hatte Angst, wegen meinen traumatischen Erlebnissen vor Flashbacks einfach stehen zu bleiben, doch ich zwang mich dazu, weiter zu rennen. Es gab keinen anderen Ausweg. Ich musste entkommen. Von draußen dröhnten fremde Stimmen in mein Gedächtnis, was mir eine Weile lang den Atem raubte. Wenn es seine Wachen sein sollten, hatte ich eindeutig verloren. Niemand hatte mir den nötigen Trost gesandt, um die verzweifelte Angst zu lindern, die mein Herz gepackt hatte. Ich hörte die Schritte hinter mir diesmal energischer und war mir sicher, dass Ayato nicht weit von mir entfernt war. Ich versuchte, die Türklinke hinter zu ziehen und meinen Weg zu befreien, doch es gelang mir nicht. Panisch schob ich die Klinke hoch und runter, jedoch ohne Erfolg. Voller Kraft stemmte ich mich dagegen, schrie um Hilfe, auch wenn dies wahrscheinlich nichts bringen würde, drückte meinen Körper gegen die Tür, spannte meine Schultern und spürte nicht mehr, als einen leichten Druck. Mein Herz blieb für diesen Augenblick stehen. Verdammt, das konnte nicht sein! Dieser Spinner hatte sogar die Haustür abgeschlossen, damit ich nicht fliehen konnte. Ich versuchte die Angst, die mir jegliche Kraft geraubt hatte, beiseite zu schieben und mich umzudrehen, um in eine andere Richtung zu laufen, doch meine verkrampften Muskeln wehrten sich heftig dagegen. Eine tiefe Stimme zischte mir ins Ohr und riss mich aus meinen unruhigen Gedanken der Hoffnungslosigkeit. Sofort wandte ich den Kopf um. Mir verlangte es danach, den Himmel zu sehen und die tröstliche Gegenwart meiner Familie einzuatmen und zu wissen, dass sie alle über mich wachten, doch als ich nach hinten sah, sah ich nichts als den feurigen Blick meines Besitzers.

 

ᵈᵃᵈᵈʸˢ ˡᶤᵗᵗˡᵉ ᵏᶤᵗᵗᵉᶰWo Geschichten leben. Entdecke jetzt