April 2022
2. Aprilwoche
Nun waren ganze sechs Jahre vergangen... Sechs Jahre, seit ich Felix das letzte Mal sah. Es war ein Monat her, seit ich aus der Therapie entlassen wurde. Ich besuchte nur noch bestimmte Selbsthilfegruppen oder einen Therapeuten, wenn mir danach war, was aber noch nicht vorkam! Ich konnte frei raus und atmen...
Ich ließ die frische Tagesluft in meine Lungen. Mit Kopfhörern im Ohr und in Sportkleidung ging ich mal wieder joggen. Nach allzu langer Zeit... Ich schwitzte endlich im positiven Sinne, nicht aus Angst. Ich schwitzte, weil ich mich körperlich anstrengte und versuchte, meine Psyche zu erholen. Mein Brustkorb kratzte, aber nicht, weil ich zu viel weinte, sondern weil ich aufgrund der Anstrengung nach mehr Luft schnappen musste.
Ich schmunzelte. Ich genoss die Sonne, sowie die Wärme, die sie meiner Haut spendete. Ich empfing das Grün des Rasens, die Aussicht auf den See und den Fröschen. Ich genoss einfach den Moment des Friedens.
Erholt. Das war das Schlagwort. Ich konnte davon sprechen, dass ich mich erholt fühlte. Von all dem Leid...
Woojin sagte mir, ich dürfte bald sogar meine Medikamente absetzen. Ich wäre allmählich soweit, das waren seine Worte! Das freute mich tierisch. Ich wartete sehnsüchtig auf den Tag, an dem ich wieder bewusst ich selbst sein konnte, ohne unter dem Einfluss von starken Medikamenten zu stehen. Auch er konnte es kaum abwarten. Übrigens war Woojin derjenige, der mich hier absetzte. Irgendwie wurde er zu einem guten Freund. Einem Freund, der täglich für mich da war. Er verbrachte gerne seine Zeit mit mir, vor allem, nachdem ich endlich entlassen wurde und nicht mehr in der Anstalt saß. Er sorgte sich um mich... Deshalb sagte er mir Beispielsweise auch, ich sollte meine gewohnte Route nicht joggen, weil der Ort triggernd auf mich wirken könnte. Aber, Fuck, nein. Felix war Geschichte. Ich sollte anfangen über die Dinge zu stehen.
Denn... Ich war Überlebende!
Felix dachte, wenn er mir meine Freunde nahm, würde ich ihm zu Füßen fallen. Er dachte, dann hätte er mich an Harken. Das Problem war jedoch, dass er nicht wusste, das mein Glück aus den Hwang Geschwistern bestand. Sobald er sie mir nahm, starb meine optimistische Seite mit ihnen. Das bedeutete, dass Felix mich mit ihrem Tod verloren hatte, obwohl er das Gegenteil bezwecken wollte.
All die Zeit, da dachte ich... Mist. Er hatte mich gebrochen. Wegen ihm war ich am Boden zerstört.
Doch die Wahrheit war... Nicht er formte mich zu dem, der ich heute war. Nicht die Vergewaltigung zerstörte mich. Es war nicht das Stalking und das Festhalten.
Es war ihr Tod...
Der Tod meiner Geschwister, der mich veränderte. Ein Mord, über den ich hinweg kommen musste und der sich durch die gegeben Umstände nur schlimmer anfühlte.
Nicht Felix formte mich. Nein... Der fürchterliche Verlust, dieser formte mich.
Felix hatte nicht gewonnen und ich nicht verloren, denn hier war ich wieder. Zurück im Alltag. Den Tod meiner besten Freunde hatte ich verarbeitet. Ich gehörte zu den gesunden Menschen. Mein Ex-Psychopath konnte mir gar nichts...
Er hatte in mir nichts völlig zerstören können, weil ich hier stehen konnte. Ich konnte in der großen freien Welt stehen, ohne mich zu fürchten. Ohne nichts zu fühlen.
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You made me - FF, Lee Felix (Yongbok)
Fanfiction~Short Story~ *Kann sensible Themen darstellen, inklusive gewalttätiger und nicht jugendfreier Inhalte* *** „I'm so tired of slitting the throats of people calling me a violent psychopath..." - unknown *** „Du warst immer so nett zu mir gewesen, wie...