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Ich sauste durch die Lüfte, meine braunen Haare, die sich sonst immer nur träge lockten, flatterten aufgeregt hin und her. Meine Wangen wurden durch die Geschwindigkeit leicht zurückgezogen, meine Nase war schon ganz kalt vom bitteren Wind, der die Bäume des Verbotenen Waldes rauschen ließ. Aber das Adrenalin und die pure Freude hielten mich warm.

Endlich wieder in der Luft!

Die Schuljahre, in denen ich immer nur heimlich fliegen hatte können, weil allen Schülern, die nicht in die Quidditch-Teams aufgenommen worden waren, das Fliegen strengstens verboten war, waren die Hölle auf Erden gewesen.

Aber wie hätte ich auch ins Team kommen sollen, wenn Mädchen sich gar nicht erst bewerben hatten dürfen?

Nach einigen Jahren von wütenden Gesprächen mit Schulleiter Dippet, so manchen Prügeleien wegen dieses Themas, ein paar Leserbriefen im Tagespropheten, welche ich zu jedem Thema verfasst hatte, welche auch nur im Entferntesten mit Quidditch und Mädchen- beziehungsweise Frauenrechten zu tun gehabt hatten, einer recht erfolglosen Kampagne, einer nicht minder erfolgreichen Demo und einigen Briefen ans Ministerium hatte ich dieses Problem schließlich gelöst bekommen.

Und ich war mehr als zufrieden mit dem Ergebnis: Einerseits wurde ich als Mädchen endlich ernst genommen, wenn ich meine Meinung äußerte und war auch als Schulsprecherin vorgeschlagen worden, obwohl ich erst im sechsten Jahr war. Zum Glück hatte ich mich da rausreden können - so viel Verantwortung hatte ich nicht tragen wollen und auch nicht als bevorzugt oder sonst was gelten, nur hatte ich mir damit mehr oder minder selbst ein Bein gestellt: Tom Riddle war nämlich Schulsprecher und ich hätte an seiner Seite sein können. Andererseits - und das war tatsächlich toller - durfte ich endlich Quidditch spielen!

Aurora jubelte mir von den Tribünen aus zu; sie und einige andere waren gekommen, um dem Training beizuwohnen. Aurora war gekommen, um an meiner Freude teilzuhaben, mich zu unterstützen. Vielleicht gab es auch noch andere unter denen, die in den Tribünen saßen, welche so dachten wie Aurora. Welche das Team oder einzelne Mitglieder ermutigen wollten und sie anfeuern, mit und über sie lachen und vielleicht hie und da den Kopf ob unserer Waghalsigkeit schütteln.

Die anderen wollten wahrscheinlich sehen, wie mies unser Team jetzt war, weil Mädchen mitspielten, aber seien wir ehrlich: Wir waren nie besser gewesen.

Ich hatte unser Team jetzt fünf Jahre lang beobachtet, fünf Jahre lang angefeuert, hatte mitgefiebert, mich geradezu in Rot und Gold tunken lassen, kein Training ausgelassen, obwohl ich den Wind nicht im Haar hatte spüren dürfen, war trotzdem immer da gewesen, hatte mich gegen Sturmböen und Regen gestemmt, mich auf die Tribüne gekauert, geweint und Möbel zertrümmert, weil ich Sieg und Niederlage nicht hautnah miterleben durfte. Ich wusste alles über dieses Team, darüber, wie hart John Johnson gekämpft hatte, um ernstgenommen zu werden, so, wie auch ich gekämpft hatte.

Aber jetzt war er Teamkapitän, obwohl er schwarz war, und ich war im Team, obwohl ich weiblich war.

Und wir waren gut, nein, hervorragend: Unsere Jäger, John Johnson, Argentinius Bell und Ruby Weasley, bildeten eine unüberwindbare Front, die jeden Quaffel eroberte, den wir versuchten, an ihnen vorbeizuschmuggeln; sie waren flink und wendig, führten aufwendige Täuschungsmanöver aus und vergaßen nicht auf das Zusammenspiel, auch, wenn Bell Ruby hierbei meist überging. Aber Ruby ließ sich dieses Verhalten nicht gefallen und fischte sich, wenn es sein musste, den Quaffel auch aus der Luft, wenn die anderen Jäger ihn sich untereinander zupassten.

Unsere Hüterin, meine kleine Schwester Flora, hielt fast alle Bälle, die unsere Jäger zu versenken versuchten; mit vollem Körpereinsatz verteidigte sie ihre Ringe, sie war wie eine Artistin im Zirkus, verrenkte sich und warf sich einmal sogar beinahe vom Besen, um den Quaffel zu halten.

Games of Grief and Glory || MulciberWo Geschichten leben. Entdecke jetzt