Ich stell mich für dich in den Wind

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POV Mark

Durch das Kitzeln der warmen Sonnenstrahlen in meinem Gesicht wurde ich geweckt und wusste sofort, dass dieser Tag ein guter werden würde. Kein gehetztes Aufstehen durch einen Wecker der viel zu zeitig klingelte, und auch kein Postbote der mich zu früh aus dem Schlaf riss.

Ich erinnerte mich an die Nachrichten zwischen Lena und mir letzte Nacht und an ihr ‚Schlaf besser', was mich offenbar wirklich besser schlafen ließ. Welche Kraft in Worten liegen kann, die dem eigenen Gehirn etwas vorgaukeln können, und das dann tatsächlich eintritt ... verrückt.
Ich drehte mich zu meinem Telefon und sah mehrere Benachrichtigungen, die mich jedoch momentan noch wenig kümmerten. Zunächst wollte ich mich entspannt einer Dusche widmen und frühstücken. Ich wollte vor allem Lena schreiben, dass ihre Aufforderung mir wirklich einen besseren Schlaf verpasst hatte, also zückte ich vom Nachtschrank mein Telefon und schrieb ihr genau das.
Aus dem Bett gerollt warf ich es neben mich auf die Matratze und suchte mir aus meinem Schrank etwas zum anziehen. Im Studio würde ich nachher eh eingekleidet werden und ein Cap auszuwählen kurz bevor ich das Haus verlassen würde, war nicht die Hürde.
Ich genoss die warme Dusche, die mich noch besser fühlen ließ und überlegte mir währenddessen, was ich mir zum Frühstück machen sollte. Rühreier hatte ich schon lang nicht mehr, und ich hatte sogar noch Pilze, Tomaten und etwas Käse zum verfeinern da. Also entschied ich mich genau dafür, denn für andere Dinge hätte ich zunächst einkaufen müssen.
Fertig geduscht schlenderte ich in die Küche, bereitete alles vor und holte die French Press aus dem Küchenschrank, denn auch ein Kaffee war bitter nötig.
Auch wenn ich gut geschlafen hatte, Koffein gab mir dann doch immer noch das letzte bisschen Energie, damit ich besser durch den Tag kam.
Auch wenn es draußen noch etwas kühler war, setzte ich mich mit meinem Frühstück auf den Balkon, und genoss das bisschen Wärme, was meine Haut erhitzte. Ich wusste nicht genau wie spät es war, doch ich war vor meinem Wecker wach geworden, also hatte ich noch genug Zeit bevor ich Richtung Studio musste.
Nachdem ich aufgegessen hatte räumte ich den Teller sowie die Tasse in den Geschirrspüler, der jedoch immer noch ewig brauchte, eh ich ihn mit dreckigem Geschirr vollständig füllen konnte. Als ich letzten Sommer nach meiner Trennung hier eingezogen bin, war die Küche bereits eingebaut und da war mir nicht aufgefallen, dass es eine große Spülmaschine war. So eine für Großfamilien, und die war ich nun wirklich nicht. Auch wenn ich häufig Freunde zu Besuch hatte und gerne kochte, so bekam ich diese nie gefüllt. Also war es immer ein Wechsel zwischen mit der Hand abwaschen oder die Maschine nur halbvoll anstellen, was ich jedoch vermeiden wollte.
Dieses Problem kurz angeschnitten und genau so schnell abgehakt, ging ich zurück ins Schlafzimmer, machte mein Bett und schloss die Fenster, die ich zum lüften geöffnet hatte.

Meine Sachen zusammengepackt, ein kurzer Blick auf die Uhr an der Wand, schnappte ich mir nur mein Telefon, einen Pullover sowie meinen Schlüssel und machte mich auf den Weg Richtung Auto.
Ich fuhr nicht gern in der Stadt, denn mir waren zu viele Idioten auf den Straßen Berlins unterwegs, die nicht alle ihren Führerschein verdient hatten, aber heute wollte ich danach noch ins Studio und einkaufen, somit war die Option mit den vier Rädern doch die bessere.

Als ich am Studio ankam, konnte ich Lenas Auto noch nicht sehen, aber auch die anderen waren offenbar noch nicht da. In meiner Garderobe angekommen, legte ich mein Zeug bis auf mein Telefon auf der Ledercouch ab und begab mich auf den Weg zu den anderen, um zu schauen ob vielleicht doch schon jemand da war. Auf dem Weg traf ich nur Thore, der vertieft in seine Karteikarten war, die er sich für die Aufzeichnung vorbereitet hatte. Mehr als ein kurzes Hallo und bis später waren nicht drin, aber das nahm ich ihm nicht übel, denn jeder ging anders mit Nervosität um.
Mich machte The Voice Kids nie, beziehungsweise seltenst nervös, denn ich liebte es mit den Kindern zu interagieren und den Stimmen zu lauschen, ich empfand es nicht als Arbeit oder gar als Performance. Generell verstellte ich mich nicht, wenn ich irgendwo im Fernsehen zu sehen war, denn was sollte mir das schon bringen. Viele taten dies, um besser dazustehen oder um eine größere Zielgruppe anzusprechen, aber so erschlich man sich Fans, die wahrscheinlich gar keine wären, wenn man anders agierte hätte.

Ich lief weiter durch die Gänge und konnte nicht wirklich jemanden finden, bis auf unsere Aufnahmeleiter und ein paar Produktionsassistenten, die alles vorbereiteten.
Also ging ich wieder zurück Richtung Garderobe, suchte mir bereits aus den vorgeschlagenen Outfits eins heraus und wartete, bis ich in die Maske konnte. Ich machte es mir auf der Couch bequem, so weit wie diese es zu ließ, denn Leder hatte die Eigenschaft, nicht unbedingt das angenehmste zu sein.

Ich wartete eine gefühlte Ewigkeit bis die Tür sich ohne Klopfen öffnete, doch war es nicht die Maskenbildnerin vom Vortag, sondern Lena, welche mit müden, glasigen Augen vor mir stand.
Sie sagte zunächst nichts und ich war verwirrt. Letzte Nacht schien sie noch so fröhlich, der Tag lief gut und ich hatte wirklich das Gefühl, dass ich ihr zunächst zu einem guten Tag verholfen hatte, der ihren Weg zur Besserung einfacher machte. Doch offenbar lag ich vollkommen falsch.  
Sie kam näher und ich breitete meine Arme nur aus, sie schmiegte sich an mich und ich hörte nur ein leises Schluchzen, welches sie halbwegs in meinem Oberteil ersticken konnte. Sagen wollte sie nichts. Konnte sie nicht.
Doch das war okay. Ich hatte ihr gesagt dass ich ihr helfen werde, egal was passiert und egal wie es ihr dabei geht. Unterstützung für die guten, aber auch für die schlechten Tage.
Und dieser Tag heute, war ein verdammt schlechter. 

Ein leises, kaum hörbares Stottern kam jedoch aus meinem Shirt hervor. Und als ich ihre Worte verarbeitet hatte, wurde mir bewusst wie sehr sie litt. 
"Ich glaub' ich werde verlassen, Mark. Ich bin es nicht wert."

Noch einmalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt