The School of Elements

~ 11 ~

Ich konnte keineswegs sagen, dass mich dieser Satz beruhigt hätte, aber er hatte recht.
Selbst wenn uns keine Aufständischen mit ihren super krassen Elemente-Skills angreifen sollten, wäre es wahrscheinlich trotzdem nicht schlecht, sich zur Not Wehren zu können.

Und wie heißt es so schön.. 'von nichts kommt auch nichts'.
Was das für mich zu bedeuten hatte? - ganz klar, üben üben und noch mehr üben.
David versprach, dass ich jeder Zeit zu ihm kommen könnte, wenn ich das Bedürfnis hatte, auch noch außerhalb der normalen Trainingszeiten an mir zu arbeiten.

Wir standen auf, da er mir einen Ort innerhalb des Schulgebäudes zeigen wollte, an dem man genug Platz hätte, um zu Trainieren.
Wie ich erfahren hatte, durfte man nämlich ohne eine Lehrkraft nicht das Schulgebäude verlassen. Der riesige Trainingsplatz im Wald war somit keine Option.
Auf die Frage, warum es diese Regel geben würde, bekam ich nur ein Schulterzucken als Antwort und hakte auch nicht weiter nach.

Gerade als wir den Innenhof verlassen wollten, sah ich, wie Davids Gesichtszüge sich verhärteten. Sofort versuchte ich den Grund dafür herauszufinden und bekam auch schon kurz darauf die Antwort.
Von weitem gingen drei Jungs durch den Torbogen ins freie, durch den auch wir zuvor gekommen waren.
Ich blinzelte gegen die Sonne in der Hoffnung, so würde ich etwas besser sehen können.
Doch allein von der Statur her, konnte ich schon erahnen, um wen es sich dabei handelte.

"Komm, wir gehen auf der anderen Seite rein".
David nahm plötzlich mein Handgelenk und wollte gerade mit mir die Richtung wechseln als -

"Na wen haben wir denn daaa?" Eine mir noch unbekannte Stimme rief in unsere Richtung.
David verharrte für eine Sekunde und drehte sich zu der Stimme um.
Die drei Jungs waren inzwischen näher gekommen und blieben vor uns stehen.
Mein Verdacht bestätigte sich, es war Nero und die zwei Jungs, die ständig an seiner Seite waren.

Nero kam als letzter vor uns zum Stehen und sah mir kurz in die Augen, bis sein Blick meinen Arm entlang wanderte bis zu meinem Handgelenk, welches David immer noch gepackt hielt.
In dem Moment fühlte ich, wie er seinen Griff langsam lockerte und mein Handgelenk letztendlich losließ.
Ohne ein Wort zu sagen und ohne mich eines weiten Blickes zu würdigen, drehte sich Nero um und ging einige Meter von uns weg und lehnte sich an einen Baum.
Im Augenwinkel sah ich noch, wie sofort einige Mädchen, die zuvor auf einer Bank saßen, zu ihm gingen und ihn wie hungrige Geier umzingelten.

"Du bist also die neue hier, bisher hatten wir ja noch nicht das Vergnügen".

Es war die Stimme, die uns vorhin schon zugerufen hatte und nun konnte ich sie auch jemandem zuordnen.
Es war einer von Neros Freunden, die immer noch vor uns standen.
Er war in etwa so groß wie David, war breit gebaut und hatte ganz offensichtlich seine Haare leicht blond gefärbt.
Ich merkte, wie er mich mit einem ekelhaften Grinsen im Gesicht von oben bis unten abcheckte.

"Ja, die bin ich wohl", antwortete ich trocken.

"Süß. Liv, hab ich recht?"
Er sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an und man merkte sofort, wie überlegen er sich fühlte.

"Wer will das denn wissen?"

"Soso, schlagfertig. Aber hey Kleine, pass auf mit wem du es dir hier verscherzt".

"Soll das etwa eine Drohung sein?"

"Wer weiß", antwortete er grinsend und musterte mich wieder.

"Ach komm halts Maul Liam" David ging einen Schritt nach vorne.
Ohne den Blick von mir abzuwenden, ergriff Liam das Wort.
"Sonst was? Spielst du hier jetzt den Babysitter?"

Sofort merkte ich wie sich Davids ganzer Körper anspannte.
Ich weiß nicht, ob es mir nur so vorkam, aber ich hatte das Gefühl, dass der Wind, der durch den Innenhof zog, plötzlich stärker wurde.

"Okay, reicht jetzt. Wir wollten eh gerade gehen, nicht war?"
Der andere Junge, der bislang nur schweigsam neben Liam stand, legte eine Hand auf seine Schulter und sah ihn auffordernd an.

"Ja, dass wollten wir" bestätigte Liam mit einer nicht überhörbaren Ironie in der Stimme und drehte sich mit einem Augenzwinkern um und ging zu Nero, der immer noch von vier Mädchen angehimmelt wurde.

"Hey, tut mir leid wegen ihm. Er kann manchmal etwas.. speziell sein" lachte der Junge und streckte mir seine Hand hin.

"Ich bin übrigens Maarten"

Ich zögerte kurz, nahm seine Hand dann aber entgegen und schüttelte sie leicht.
"Liv, hey"

"Ich weiß". Er lächelte zum Abschied freundlich und ging Liam hinterher.

..Okay, interessantes Kennenlernen.

Maarten schien vom ersten Eindruck her echt in Ordnung zu sein.
Naja wobei, wirklich viel hatte ich über den Jungen mit den wild in alle Richtungen stehenden dunklen Locken nicht erfahren, aber er hatte bei mir auf jeden Fall besser gepunktet als Liam.
Unglaublich wie selbstverliebt ein Mensch nur sein kann.

Ich kannte solche Typen wie ihn nur all
zu gut.
An meiner alten Schule gab es auch ein paar Kandidaten, die ähnlich abgehoben waren wie er.

Wie oft musste ich mir damals dumme Anmachsprüche anhören oder mich am Arsch begrapschen lassen..
Vielleicht reagierte ich auch etwas zu sensibel bei diesem Thema, aber ich hatte in der Vergangenheit beschlossen mich nicht mehr wie Dreck behandeln zu lassen.

Von mir selbst würde ich zwar behaupten, dass ich eigentlich eine eher schüchterne Person bin, die viel mit sich selbst aus macht und ihre Zeit braucht, bis sie fremden Personen vertraut.
Aber bei gewissen Themen bzw. Verhaltensweisen legt sich bei mir einfach ein Schalter um.

Plötzlich war ich so in alten Erinnerungen versunken, dass ich erst gar nicht merkt, wie David mich fragen ansah.

"Liv? Alles okay?"
"Ähm, ja. Alles gut".

Ich schloss kurz meine Augen und schüttelte innerlich all die schlechten Erinnerungen aus meiner Vergangenheit von mir ab, sie hatten keinen Platz mehr in meinem Leben. Das redete ich mir in diesem Augenblick zumindest ein.

"Zeigst du mir noch den Raum zum Trainieren? Wir müssen uns nur glaube ich ein bisschen beeilen. Meine nächste Stunde beginnt gleich"
fragte ich ihn schnell und man sah ihm an, dass auch er gerade etwas durch den Wind war.
Ich nahm mir vor, ihn irgendwann Mal darauf anzusprechen, ob etwas zwischen ihm und der 3er Gruppe vorgefallen war, doch dafür war gerade keinesfalls der richtige Moment.

"Natürlich, komm mit" David nickte und war sichtlich erleichtert den Ort wechseln zu können und ging voraus.

Als ich ihm folgte, konnte ich nicht anders und sah ein letztes Mal verstohlen zu dem Menschenauflauf, der sich am Baum gebildet hatte.
Alle unterhielten sich angeregt miteinander, bis auf.. Nero.

Er stand immer noch wie am Anfang angelehnt an dem Baum und ignorierte gekonnt das Mädchen mit den langen blonden Haaren, die mit einer schon fast peinlichen Aufdringlichkeit seine Aufmerksamkeit suchte.

Als ich bemerkte, dass auch er mich ansah, wendete ich abrupt meinen Kopf wieder nach vorne und holte schnell den Abstand auf, der zwischen mir und David entstanden war und ging mit ihm ins Gebäude.