Kapitel 3

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Als sie auf die grüne Wiese vor der Burg kamen, atmete Tyara erstmal genüsslich die frische, kühle Luft ein und ließ sich den Wind durch die Haare wehen. Im Saal war es einfach zu stickig gewesen! Leanne schien es ähnlich zu gehen, denn auch sie blieb mit einem Lächeln auf dem Gesicht stehen.

"Was machen wir jetzt?", fragte Tyara sie. "Willst du zu mir kommen? Heute gibt es bei uns Hühnerfleisch." Tyaras Augen leuchteten auf. Fleisch gab es nur sehr selten. Vor allem dieses Fleisch. Es galt als Delikatesse und kostete viel. Deswegen konnten es sich nur die Wohlhabenderen leisten. "Gerne", antwortete Tyara und die beiden Mädchen machten sich auf den Weg.

"Hättest du gedacht, dass Eny magische Kräfte besitzt?", fragte Leanne nachdenklich, während sie sich zwischen den kleinen Häusern durchschlängelten. "Eigentlich nicht. Die wirkte auch nicht so, als wäre es ihr größter Wunsch", entgegnete Tyara.

"Das stimmt", murmelte ihre Freundin und die beiden gingen schweigend auf staubigem Boden einen Hang hinauf, an dessen Ende sich eine große, braune Holzhütte befand. Das Dach bestand aus zusammengeknotetem Stroh und Stöcken.

Wie fast überall im Dorf, waren auch in den Wänden dieses Hauses, Malereien weißer und schwarzer Drachen zu sehen. Durch die Legenden, die auf einem alten Stück Pergament an jede neue Generation weiter gegeben wurden, wurden die Drachen hier so sehr vereehrt, wie nichts Anderes.

Vor der Tür blieben die beiden Mädchen stehen und Leanne klopfte zwei mal leise gegen die Holztür, die schon einen Spaltbreit offen war, bevor sie hineintraten. Mit einem hektischen, aber freundlichem Ruf, rief Leannes Mutter sie in einen kleinen abgegrenzten Teil des großen Wohnraumes, wo sich eine "Küche" befand.

Als sie dort waren, stand ihnen direkt eine große Frau mit langen blonden Haaren und goldenen Augen gegenüber. Die goldenen Augen waren nichts ungewöhnliches. Manchmal besaßen Menschen mit besonderen Fähigkeiten auch sonderbare Augenfarben. Es hatte aber nichts zu bedeuten, außer, dass es schöner aussah.

"Oh, Hallo Tyara. Möchtest du mitessen?", fragte die Frau freundlich. "Gerne Maurelia", erwiderte Tyara und setzte einen freundlichen Blick auf. Sie mochte Leannes Mutter. Sie war genauso gutmütig wie Leanne und auch sonst waren die beiden sich ziemlich ähnlich!

"Dann setzt euch. Das Essen ist gleich fertig, dann müssten auch Rigon und Hanen zurück sein. Sie wollten ein bisschen Holz fürs Feuer schlagen gehen", erwiderte Maurelia fröhlich und deutete auf einen langen Holztisch. Die Mädchen setzten sich gehorsam hin und warteten.

"Sag mal, hast du eigentlich bei Überlebenskünste alles verstanden?", flüsterte Leanne auf einmal. Erstaunt blickte Tyara hoch. Sie war gerade ganz woanders gewesen. Manchmal versank sie eben in Tagträumereien. "Wie bitte?"

"Kannst du mir erklären, was man tun soll, wenn man einem wilden Drachen begegnet?", wiederholte Leanne ein wenig gereizt. Immer war sie so ungeduldig! "Wenn du mich freundlich fragst, schon", lachte Tyara und wich geschickt schonmal der Kitzelattake aus, die sogleich folgte.

Schnell sprang sie auf und lief ans andere Ende des Raumes, um sich in Sicherheit zu bringen. Doch so schnell gab Leanne nicht auf. Geschickt umkurvte sie die Gegenstände auf dem Boden und raste auf Tyara zu. Diese flüchtete Richtung Tür, als plötzlich etwas Massives ihr den weiteren Weg versperrte, sie nach hinten knallen und mit einem dumpfem "Plong", auf dem Holzboden aufkommen ließ.

Erschrocken schauten vier Gesichter auf sie hinab. "Tyara. Geht's dir gut?", fragte ein großer Mann, der wohl gerade die Tür geöffnet hatte. "Ja, alles gut", stöhnte diese und rappelte sich stöhenend auf die Füße. "Entschuldigung", murmelte ein Junge, der sich nun vor seinen Vater gequetscht hatte. Ah, er war das also!

"Kein Problem", erwiderte sie. "Auf diesen Schock gibt es jetzt erstmal ein gutes Essen!", verkündete Maurelia und stellte zwei dampfende Töpfe auf den Tisch. Den einen voll mit Kartoffeln und den anderen mit Fleisch.

Hanen machte sich sofort gierig über das Fleisch her, während Rigon ihn beschimpfte den Anderen doch auch bitte etwas übrig zu lassen. Leanne sah Tyara augenrollend an und grinste. Sie grinste zurück und stapelte sich dann auch endlich Essen auf den Teller.

Genüsslich ließ sie es sich auf der Zunge zergehen und lauschte gebannt den Familiengesprächen, bis Tyara plötzlich etwas hörte, wo sie ganz aufgeregt wurde. Die Ritterspiele! Sie waren eine alte Tradition in diesem Land und fanden jeden zweiten Monat statt.

Tyara liebte sie einfach! Dabei konnte man so viel lernen und sie waren immer super spannend. "Was meint ihr, wer dieses Jahr gewinnt?", fragte Hanen gerade aufgedreht. "Hmm, keine Ahnung", antwortete Tyara. "Aber ich freue mich am meisten darauf, dass wir dieses Jahr auch unsere Schwertschmiedekünste bei Mercant verbessern dürfen!"

"Du immer mit deiner Lernerei! Ich freue mich auf das leckere Essen und den Maskentanz!", entgegnete Leanne verträumt. In Gedanken schien sie schon bei den Köstlichkeiten zu verweilen.

"Ihr seid komisch! Das Beste ist doch ganz klar die Hauptattrakrion! Das Turnier!", mischte sich Hanen ein. So ging das noch den ganzen Abend lang. Als es dämmerte stand Tyara auf. "Ich muss jetzt leider nach Hause. Sonst macht sich Mutter Sorgen. Soll ich noch beim Abwasch helfen?", fragte sie.

"Nein, geh nur Kind. Sonst musst du noch im Dunkeln durchs Dorf", sagte Maurelia und begleitete sie zur Tür. "Soll ich Morgen, wenn die Glocken läuten zu dir kommen? Dann können wir zusammen zu den Ritterspielen gehen", rief Leanne ihr noch hinterher.

Tyara nickte und machte sich auf den Weg zu ihrer Hütte. Im Dorf war schon die Abendstimmung eingetreten. Die meisten Familien saßen am Tisch beisammen und spielten entweder etwas oder unterhielten sich meist lachend.

Der Schmied nickte ihr freundlich zu und wedelte mit einem ziemlich verkrüppelten Schwert, dass wohl gerade in der Herstellung war. Tyara winkte zurück und machte einen kleinen Bogen um die Schmiede, um nicht von den Funken erwischt zu werden, die durch die Luft stoben, als Mercant anfing es zu schleifen.

Als sie nach kurzem Marsch bei ihrer Hütte ankam, machte Haurena, ihre Mutter, sofort die Tür auf. "Da bist du ja. Ich wollte gerade mal zu Leanne gehen, um dich zu holen", sagte sie und schenkte Tyara ein warmes Lächeln. "Das musst du jetzt wohl nicht", sagte Tyara und umarmte ihre Mutter kurz, bevor sie müde in ihr Bett trottete.

Die Legende der DrachenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt