Skalli hockte sich schnell hinter einen der niedrigen Büsche, die sich in dem Vulkankrater befanden. Von seiner Position aus konnte er Rahemaker nicht sehen, aber er wusste, dass er irgendwo hinter den anderen Gestrüppen sitzen musste.
Von seinem Platz aus konnte er Mares gut beobachten. Er zögerte nicht lange damit, das Wasser aus dem Mondscheinsee zu trinken. Das war gut. Es war immer gut, wenn die Neuen es schnell und schmerzlos hinter sich brachten und man nicht ewig mit ihnen diskutieren musste.
Nachdem Mares aus dem See getrunken hatte, ging alles ganz schnell. Die erste Verwandlung sah aus, wie jede andere auch. Der Körper verformte sich abnormal, bis von seiner ursprünglichen Erscheinungsform nichts mehr übrig war. Skalli wusste aus eigener Erfahrung, dass sich Niek an seine erste Verwandlung im Nachhinein kaum noch erinnern könnte. Auch die erste Zeit danach, könnte es durchaus dazu kommen, dass man sich spontan und unbewusst verwandelte. So etwas war insbesondere bei großen Drachen ein Problem. Sie mussten, bis sie ihre Drachenform unter Kontrolle hatten, in einem Bau außerhalb des Lagers schlafen. Das war einfach die beste Lösung. Die Verwandlungen danach würden von Mal zu Mal leichter fallen und irgendwann war man außer Gefahr und hatte sich wieder völlig unter Kontrolle.
Skalli hatte schon viele Verwandlungen mit eigenen Augen beobachtet, nicht alle waren immer gut ausgegangen und nicht immer kamen Drachen zum Vorschein, die für die Truppe später von großem Nutzen sein würden. Westerbeck zum Beispiel hatte sich in einen Gallimimus verwandelt. Mehr als schnell zu Laufen, konnten diese Dinger nicht, aber zum Glück hatte die Erfinderin viele andere Talente, die ihnen täglich zugutekamen.
Mares hingegen verwandelte sich in einen kleinen, karnivoren Drachen. Raptoren, nannten sie Drachen dieser Rasse. Einer von der Sorte, die Mares laut Femkes Bericht angegriffen hatte, aber ein deutlich kleinerer Vertreter. Der gefiederte Drache reichte Skalli gerade einmal knapp bis zum Knie. Trotzdem würde er diese kleinen Biester niemals unterschätzen. Einer ihrer Zehen war eine gefährliche Sichelklaue und an ihrem langen, schmalen Kiefer befand sich eine ordentliche Reihe nadelspitzer Zähne.
Der Drache nickte wie ein Vogel mit seinem Kopf, als er sich in seiner Umgebung umschaute. Skalli wusste, dass sie sich beeilen mussten. Raptoren waren schnell, wenn sie ihn nicht bald fangen würden, dann wäre er schnell über alle Berge.
Skalli nahm also das zuvor vorbereitete Seil in seine Hand. An dem einen Ende war ein kleiner Stein befestigt. Auf leisen Füßen trat er aus seiner Deckung und fing an das Seilende im Kreis zu schwingen. Durch das Gewicht nahm es schnell an Geschwindigkeit zu.
Der Drache hatte ihn bereits entdeckt. Sein helles Federkleid stand ihm zu Berge, als er ihn mit rasselndem Ton anfauchte und sein langer Schwanz hinter ihm von links nach rechts schlug.
Dann stürmte er auf ihn los. Mit den langen Federn an seinen Armen balancierte der Drache sich bei seinem raschen Tempo aus. Innerhalb von Sekunden hatte die Kreatur ihn erreicht und setzte zum Sprung an, doch ehe sie dazu kam, ließ Skalli die Bola los. Der Stein flog in Mares Richtung und schlug gegen die vogelähnlichen Beine des kleinen Drachen, der daraufhin zu Boden fiel. Im gleichen Augenblick warf auch Rahemaker von der anderen Seite seine Wurfwaffe, welche sich durch das Gewicht um die Schultern des Drachen windete. Auch um die Beine hatte sich die Bola mehrfach geschlungen, sodass diese fest zusammengehalten wurden und der Drache wehrlos und fauchend am Boden lag.
Er schlug wild mit seinem Schwanz und Kopf, doch es half alles nichts. Der Landdrache sah aus wie ein hilfloser Vogel, der nicht fliegen konnte und seine Federn hoben sich auf dem grünen Gras deutlich hervor. Es bestand aus einer ganzen Farbpalette von weiß bis hellbraun.
„Denkst du, er schafft es sich zurück zu verwandeln?", fragte ihn Rahemaker, wobei er das Seil fest in seinen Händen hielt.
Auch Skalli hielt sein Ende fest, sodass der Raptor an Ort und Stelle fixiert wurde. Er war froh, dass Mares sich in einen kleinen Drachen verwandelt hatte. Große Drachen waren immer viel zu viel Aufwand. Von Flugdrachen wollte er gar nicht erst anfangen zu sprechen: Wenn man sie nicht früh genug einfing, war es anstrengend sie im Auge zu behalten.
DU LIEST GERADE
Dragontale - Etappe I
FantasyNiek wird zum Tode verurteilt. Für ihn bedeutet dies, dass er aus der unterirdischen, sicheren Stadt an die von Drachenwesen beherrschte Oberwelt geschickt wird, um dort gefressen zu werden. Womit er nicht gerechnet hat, ist, dass sich an der Oberw...