Dragontale - Etappe I

KAPITEL XXI | Geschichten, die das Leben schreibt

König der Banditen? Der Titel ließ Skallis Blut kochen. Er sollte ein Bandit sein, wenn es doch der König war, der ihm alles genommen hatte?

Er war im Bezirk Scorpius geboren. Man könnte meinen, dass die Bewohner dort ein besseres Leben führen würden, da sie immerhin die Drecksarbeit der Königsfamilie erledigen mussten, doch so war es nicht. Sie mussten sich dem König als loyal verschreiben und nach seiner Nase tanzen und dafür bekamen sie nichts.

Nach einer harten Kindheit, die Cees meistens allein mit seiner kleinen Schwester verbracht hatte, da seine Eltern beide arbeiten mussten, folgte eine harte Ausbildung. Er musste im Dreck kriechen. Er hatte gelernt mit Schwert, mit Bogen und sogar mit bloßen Händen zu kämpfen. Doch als Soldat musste man in Zodiac selten kämpfen, zumindest nicht gegen Menschen. Die Bürger fürchteten dich und viele waren zu schwach, um sich richtig zu wehren.

Als Cees 16 war, wurde sein Vater schrecklich krank. Er konnte seine Arbeit nicht mehr ausführen. Seine Schwester blieb daraufhin zu Hause, um sich um ihren Vater zu kümmern. Cees und seine Mutter mussten deshalb umso mehr arbeiten, doch das halbe Einkommen reichte nicht mehr, um ihre viel zu teure Miete, für ihre viel zu kleine Wohnung abzubezahlen.

Sein Leben lang hatte Cees alles für die Königsfamilie getan, um seine Familie durchzubringen und nun wollte der König sie mit keinem einzigen Dimen unterstützen.

Sein Vater starb bald darauf und so mussten sie sich zu dritt durch den Alltag schlagen. Seine Mutter führte ihre Arbeit als Soldatin fort, doch Cees hatte es satt. Er wollte nicht mehr für diesen König arbeiten, der absolut nichts für ihn tat. Er wollte, dass es aufhörte. Er wollte Gerechtigkeit. So viel Elend hatte er sich in seinem Leben ansehen müssen, der König sollte dafür büßen.

Er hörte auf zu seiner Arbeit zu erscheinen, stattdessen beobachtete er aus einem sicheren Abstand den Alltag im Königsanwesen. Bald wusste er, wann Waren angeliefert wurden und zu welchen Zeiten die Wachen wechselten. Er wusste, wo sie sich positionierten und wie das Leben in dem Anwesen ablief – in diesem winzig kleinen Paradis, in welches nur die Königsfamilie und einige Adlige Zutritt hatten.

Er kannte alle Mitglieder der Königsfamilie. Von der Königin Rieka Van Loon, über den Prinzen Jannes Van Loon und seiner Schwester, der Prinzessin Vanessa Van Loon. Ja, sogar die Verlobte des Prinzen Dilara de Koning. Kein Gesicht war ihm mehr unbekannt, nicht einmal das der Bediensteten.

Mit seiner Besessenheit schlug er seine damalige Freundin in die Flucht und es interessierte ihn nicht einmal. 

Auch Cees' Schwester und Mutter bemerkten seine Besessenheit nach Rache.

„Du reißt uns nur ins Verderben", hatte seine Mutter gesagt.

„Hör auf dich so anzustellen. Nehm' es so hin, wie es ist und mach es nicht noch schlimmer", hatte seine Schwester geschimpft. „Erinnerst du dich nicht an die Legende von Icarus?"

Cees hatte nicht gehört, aber er hatte sich auch nicht getraut, etwas gegen den König zu unternehmen.

Dann war seine Schwester gestorben. Ein Räuber hatte sie auf der Straße niedergeschlagen, vergewaltigt und ausgeraubt – nicht, dass sie viel bei sich trug, außer ihrer Kleider, aber nicht einmal die waren ihr nach dem Raub geblieben. Cees war nicht da gewesen, denn er hatte sich wie immer mit der Beobachtung des Adelslebens beschäftigt. Seine Mutter hatte danach jegliche Hoffnung verloren. Sie hatte nichts mehr gegessen oder getrunken, egal was Cees versuchte. Bald starb sie an Organversagen – er war da gerade einmal 20 Jahre alt.

Er hatte sich nicht von seiner Familie verabschieden können, das konnte niemand. Die Soldaten nahmen die Leichen und verbrannten die Überreste dann in den Minen.